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Ärger um neue gesetzliche Vorgabe

Bonpflicht am Milchautomaten: Darüber schütteln die Bauern nur den Kopf

Wer auf dem Hof von Christian und Elisabeth Egger in Langenpfunzen Milch aus dem Automaten kauft, erhält auf Wunsch einen Kassenbon.
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Sie haben bereits umgerüstet: Wer auf dem Hof von Christian und Elisabeth Egger in Langenpfunzen Milch aus dem Automaten kauft, erhält auf Wunsch einen Kassenbon.

Bauern, die auf ihrem Hof einen Milchautomaten betreiben, müssen diesen womöglich bald umrüsten. Grund dafür ist eine bundesweite Bonpflicht. Die Verärgerung darüber ist groß. Werden deshalb bald viele Milchautomaten abgebaut?

Rosenheim - Um die Zukunft ihrer Familienbetriebe zu sichern, sind viele Landwirte bemüht, ihre Existenzgrundlage auf mehrere Standbeine zu stellen. Eines davon ist die Direktvermarktung, deshalb gibt es unter anderem auf einigen Höfen in der Region auch Milch aus dem Automaten.

Wenn diese Regelung kommt, werden etliche Milchautomaten wieder abgebaut

BBV-Kreisobmann Josef Andres

„Wenn diese Regelung kommt, werden etliche Milchautomaten wieder abgebaut.“ Davon ist Kreisobmann Josef Andres vom Bayerischen Bauerverband (BBV) überzeugt. Er spielt auf die Tatsache an, dass diese seit Anfang des Jahres den bundesweit gültigen Regelungen des Mess- und Eichrechts unterliegen. Das heißt unter anderem, sie müssten eigentlich schon jetzt mit einem Belegdrucker ausgestattet sein, der dem Kunden als Nachweis für den Betrag dient, den er für seinen Einkauf berappen musste.

Wirtschaftsministerium gewährt Fristverlängerung

Das Landesamt für Maß und Gewicht (LMG), das die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben kontrolliert, hat den Betroffenen nach Auskunft des bayerischen Wirtschaftsministeriums zunächst eine Fristverlängerung zur Umsetzung der neuen Vorgaben bis Ende des Jahres gewährt. Auf OVB-Anfrage bestätigte das Ministerium, dass es sich „parallel nachdrücklich auf Bundesebene für eine Aussetzung der Eichpflicht und damit der Bonpflicht für Milchabgabeautomaten für die Direktvermarktung“ einsetzt. Die geltende Übergangsregelung für Bestandsautomaten ohne Belegdrucker hat das Ministerium mittlerweile „bis auf Weiteres über den 31. Dezember 2023 hinaus“ verlängert.

Der BBV-Kreisobmann weiß nicht, wie viele seiner Berufskollegen in Stadt und Landkreis Rosenheim einen Milchautomaten betreiben, aufgrund der niedrigen Gewinnspanne beim Milchverkauf auf diesem Vertriebsweg versteht er die neue Gesetzesvorgabe allerdings nicht. Sie sei auf jeden Fall mit zusätzlicher Bürokratie und zusätzlichen Kosten verbunden. „Das Geschäft läuft jetzt schon meist an der Grenze zur Rentabilität ab“, sagt Andres, der auch stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der Milcherzeuger in Bayern e. V. (VMB) ist.

Was bringt das außer Bürokratie, Kosten und Ärger?

Dr. Hand-Jürgen Seufferlein, Geschäftsführer beim Verband der Milcherzeuger in Bayern

Dessen Geschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Seufferlein weiß, dass die Diskussion um die Nachrüstung von der Bundesregierung vor etwa zwei Jahren vor allem auch unter dem Aspekt der Steuergerechtigkeit losgetreten wurde. Einen Nutzen kann er in dem Vorstoß nicht erkennen. „Was bringt das außer Bürokratie, Kosten und Ärger?“, fragt er sich. Wie es genau weitergehe, könne er derzeit nicht sagen. Eine Statistik, die die Zahl der Höfe mit Milchautomaten in Bayern auflistet, hat der Verband nicht.

Aufgrund der verlängerten Übergangsregelung müssen Bauern, deren Bestandsautomaten keinen Kassenbeleg ausdrucken, laut Wirtschaftsministerium derzeit nicht mit Bußgeldern rechnen. Bei einer Neuinvestition rät der VMB Landwirten allerdings, nur Geräte anzuschaffen, die einen Kassenbon ausdrucken können.

Ortsbäuerin versteht Sinn der Bonpflicht nicht

Michaela Grimm, Ortsbäuerin für den Bereich Bad Aibling, Kolbermoor, Ellmosen und Mietraching des Bauernverbandes, schüttelt ebenfalls nur den Kopf über die Neuregelung, auch wenn sie in Moment „kein Thema“ im Ortsverband sei. Dennoch sagt sie: „Ich glaube nicht, dass das den Bauern viel Freude bereitet, wenn der Kassenbon zur Pflicht wird.“ Den Sinn eines „Zettels, den eh jeder wegschmeißt“, verstehe sie nicht. Grimm hat in der Aiblinger Au mit ihrem Mann einen Milchviehbetrieb mit 80 Kühen, dem ein Hofladen mit Kartoffelverkauf angegliedert ist.

„Es wäre uns schon lieber gewesen, wenn wir kein Geld in die Hand nehmen hätten müssen“, sagt Elisabeth Egger, die mir ihrem Mann Christian und den Schwiegereltern einen Bauernhof in Langenpfunzen bei Rosenheim betreibt. 60 Milchkühe und 60 Stück Jungvieh stehen im Stall, ein Milchautomat ist seit rund 17 Jahren auf dem Hof in Betrieb.

10.000 Euro für Neuanschaffung

Die Familie hat sich aufgrund der neuen Gesetzesvorgabe erst kürzlich einen neuen Automaten trotz bestehender Übergangsfrist gekauft. „Irgendwann kommt die Bonpflicht sowieso. Den Direktverkauf deswegen einzustellen, war für uns keine Option“, nennt die Bäuerin die Gründe für die Investition.

Die Umrüstung des alten Automaten wäre mit Kosten von etwa 2500 bis 3000 Euro verbunden gewesen, berichtet Egger. Um die 10.000 Euro mussten die Eheleute für das neue Modell bezahlen, das mit zwei Kannen frischer Milch bestückt werden kann, die jeweils 50 Liter fassen. Die Neuanschaffung sei die wirtschaftlichste Lösung für den Betrieb gewesen. Wenn die Familie auch umgerüstet hat, die Sinnhaftigkeit der gesetzlichen Neuregelung versteht sie nicht.

Obwohl der Ausdruck eines Kassenbons jetzt möglich wäre, fordere fast kein Kunde einen solchen an, so die Erfahrung der Bäuerin. Sie ist über dieses Verhalten der Abnehmer sogar sehr froh. „Das spart uns Papierkosten, und es fällt weniger unnötiger Papiermüll an“, sagt Elisabeth Egger.

Wir wollen auf diese Weise erreichen, dass die Familien zu uns kommen und ihr Bewusstsein für die Landwirtschaft etwas schärfen

Bäuerin Elisabeth Egger über den Sinn des Direktverkaufs auf ihrem Hof

Der Milchautomat am Hof ist für sie und ihren Mann mehr als eine zusätzliche Einnahmequelle. Sie misst ihm auch einen pädagogischen Wert bei. „Wir wollen auf diese Weise erreichen, dass die Familien zu uns kommen und ihr Bewusstsein für die Landwirtschaft etwas schärfen.“ Auch das war ein wesentlicher Grund, warum sie das Geld für de Neukauf in die Hand genommen haben.

Verbraucherzentrale sieht „nur wenig Vorteile“

Bei der Verbraucherzentrale in Bayern sieht man man „nur wenig Vorteile“, die die neue gesetzliche Regelung für die Kunden mit sich bringt. Bis zu einem Gesamtbetrag von 250 Euro könne ein Kassenbon zugleich als Kleinstbetragsrechnung gelten, klärt sie auf. Außerdem sei er ein wichtiges Beweismittel, wenn jemand mangelhafte Lebensmittel reklamieren möchte.

Fazit von Daniela Krehl, der stellvertretenden Referatsleiterin für den Bereich Lebensmittel und Ernährung, in ihrer Antwort auf eine OVB-Anfrage. „Verbraucher betrifft das Gesetz kaum, denn in erster Linie sollen Steuerhinterziehung und Betrug mit elektronischen Kassensystemen verhindert werden.“

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