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Kritik wird laut

Hitzelsberg: Rücktrittsforderungen nach dem Bürgerentscheid - aber wie geht‘s jetzt weiter?


Luftbild vom Hitzelsberg bei Bernau
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Die Zukunft dieses Areals am Hitzelsberg ist völlig offen. Ruhe ist nach dem Bürgerentscheid gegen das Chaletdorf nicht eingekehrt, das Gegenteil ist der Fall.

Der Bürgerentscheid zum Chaletdorf am Hitzelsberg ist fast drei Wochen her, aber Ruhe ist in der Gemeinde bisher nicht eingekehrt. Nicht nur zwischen Investor und Bürgerinitiativen knirscht es, in der Kommunalpolitik ist auch nicht alles im Lot und die Bürger melden sich zu Wort.

Bernau – Gemeinderat und -verwaltung sollten nicht das Ergebnis beklagen, sondern das Landratsamt um eine Überprüfung des Verfahrens bitten, regt ein Leser an. Gründe gäbe es seiner Ansicht nach genug, angefangen bei einem Bürgerbegehren, das auf einer nicht mehr zutreffenden Hotelplanung fußte und Unterschriften sammelte – die teilweise nicht gültig waren. Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber sagt dazu auf Nachfrage der Chiemgau-Zeitung, dass der Gemeinderat die veraltete Begründung des Bürgerbegehrens bewusst akzeptiert habe, „weil wir uns für das demokratische Mittel der Bürgerbeteiligung entschieden haben und die Leute nicht vor den Kopf stoßen wollten“. Die Bürgerinitiativen hatten 702 Unterschriften abgegeben, davon waren laut Bürgermeisterin 146 ungültig, weil: 15 verstorben, ein Kind, sechs keine EU-Bürger, 19 nicht in Bernau gemeldet, zehn nur mit Nebenwohnsitz gemeldet, 44 wieder verzogen, 42 Unterschriften waren doppelt, neun gar dreifach. „553 Unterschriften wurden benötigt, 556 gültige wurden abgeliefert“.

56 Prozent der 5525 Wahlberechtigten hatten am 24. November ihre Stimme abgegeben, 52,8 Prozent von ihnen hatten das Chaletdorf abgelehnt. Das ist ein Drittel aller Bernauer über 18 Jahre.

Die Interessenskollision einzelner Gemeinderäte, die auch in den Bürgerinitiativen aktiv waren, gäben Anlass für eine Überprüfung des Bürgerentscheids, ist zu hören. Gemeint ist vor allem Matthias Vieweger von der CSU, an dessen Wohnhaus der Baustellenverkehr über Jahre hinweg vorbeigefahren wäre. Die bayerische Gemeindeordnung sagt dazu in Artikel 49 unter anderem: Ein Mitglied des Gemeinderates kann an der Beratung und Abstimmung bestimmter Tagesordnungspunkte nicht teilnehmen, wenn der Beschluss ihm selbst oder einem Angehörigen einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen kann. Ob diese Voraussetzung vorliegt, entscheidet der Gemeinderat ohne Mitwirkung des/der möglicherweise persönlich Beteiligten. Was auch geschah: Vieweger ist nach Ansicht seiner Gemeinderatskollegen nicht persönlich beteiligt, was die Rechtsaufsicht bestätigte.

Vorwürfe, die Bürgerinitiativen hätten mit Lügen, Verleumdungen und Halbwahrheiten operiert, hatte schon Heiner Englert, Geschäftsführer des Investors Herecon, erhoben. Nun melden sich aber auch Gemeinderäte sowie Bürger mit diesen Vorwürfen zu Wort. Damit seien die Bernauer verunsichert worden, schreibt einer von ihnen. So sei ein Wahlergebnis erwirkt worden, das der Gemeinde einen nicht zu beziffernden Schaden bescherte. Seine Forderung: „Das Mindeste, was die getäuschten Bernauer Bürger erwarten können, ist ein sofortiger Rücktritt von Vieweger und Genghammer aus dem Gemeinderat.“

Hotel okay, Chaletdorf nicht?

Vieweger äußerte gegenüber der Chiemgau-Zeitung Verständnis dafür, dass sich Englert über das Ergebnis der Abstimmung ärgere. „Kein Verständnis habe ich allerdings für persönliche Vorwürfe und Unterstellungen.“ Englert hatte ihm vorgeworfen, dass ausschließlich persönliche Interessen eine Rolle spielten. Vieweger habe allen Planungsschritten für den deutlich größeren Hotelkomplex inklusive neuer Zufahrtsstraße zugestimmt, „da hat der Umweltschutz überhaupt keine Rolle gespielt“. Seitdem die Zufahrtsstraße aus den Planungen fiel, „stellte plötzlich alles ein Problem dar“. Die vielen Falschaussagen, die aus seiner Ecke – unter anderem bei der Bürgerinitiative „Rettet den Hitzelsberg“ – gekommen seien, „übersteigen das Vertretbare und entbehren jeder Grundlage“, so Englert. Vieweger sagt dazu, er sei bekannt dafür, dass er seine Tätigkeit als Gemeinderat sehr ernst nehme, seine Aussagen beruhten deshalb auf den Ausführungen des Bauwerbers im Rahmen der Bauleitplanung. Weiter nachtarocken wolle er nicht. Der ebenfalls von Englert genannte Gemeinderat Josef Genghammer von den Grünen meint zu den Vorwürfen, „zu den meisten Argumenten, die dann im Zuge des ‚Entscheid-Kampfes‘ von beiden Seiten gefallen sind, kann man geteilter Meinung sein, weil niemand in die Glaskugel schauen kann, so zum Beispiel zu den Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt.“

So hätte das Chaletdorf am Hitzelsberg aussehen sollen.

Dass er als Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Gemeinderat dem Verkauf des Areals am Hitzelsberg an Herecon und damit dem ursprünglich geplanten Hotel zustimmte, erklärt Genghammer damit, dass nach vielen „abscheulichen Bauabsichten von Investoren, die den ganzen Hitzelsberg zubauen wollten“, das weniger massive Projekt von Herecon das vermeintlich kleinere Übel gewesen sei, „da eine Bebauung insgesamt nicht verhinderbar erschien“. Dass er davon abrückte, sich gegen die Bebauung des Hitzelsbergs wandte, liege daran, dass ihm im Zuge der Planungen und der Natur-Gutachten immer klarer geworden sei, „welchen Schatz wir da zu vernichten drohten.“

Bürgerinitiative bietet runden Tisch an

Petra Kaufmann von der Bürgerinitiative „Bürgerentscheid Hitzelsberg“ hält fest, dass sich die BI „Bürgerentscheid Hitzelsberg“ von Anfang an für den Natur- und Landschaftsschutz eingesetzt und dafür Fakten geliefert habe. „Wir bieten eine offene und transparente Aufarbeitung an. Gerne am runden Tisch.“ Ein Angebot, das Herecon vermutlich ausschlagen wird. Mit dem Anliegen der BI gebe es „leider 0,0 Konsens“, so Englert.

„Wie es am Hitzelsberg weitergeht, wissen wir noch nicht“, erklärte der Herecon-Geschäftsführer. Das Chalet-Dorf sei Geschichte und sie müssten nun in Ruhe überlegen, welche dauerhafte Nutzung für diesen besonderen Ort die richtige wäre. „Wir hatten in der Vergangenheit zahlreiche Anfragen für Vermietung, Verkauf, Events. Wir sind keiner Anfrage nachgegangen, weil wir selbst sehr gerne hier sind und immer überzeugt gewesen sind, dass es ‚im nächsten Jahr losgeht‘. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Wir werden in Ruhe alle Optionen prüfen und dann entscheiden, was für den Hitzelsberg gut und machbar ist.“       

Laut Genghammer geht es nun vor allem um die Umsetzung der Forderung des Bürgerentscheids: Eine weitere Bebauung des Hitzelsberges wirklich dauerhaft zu verhindern. „Hier erwarte ich von der Verwaltung schon zeitnah entsprechende rechtliche Vorschläge und Initiativen.“

Die Gemeinde wird das Grundstück nicht zurückkaufen.

Irene Biebl-Daiber, Bürgermeisterin von Bernau

Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber (CSU) weiß eine Initiative, die die Verwaltung sicher nicht ergreifen wird: „Die Gemeinde wird das Grundstück nicht zurückkaufen.“ Auch einen Bebauungsplan über den Bestand an Gebäuden und asphaltierten Flächen am Hitzelsberg zu legen, steht nicht sonderlich weit oben auf der Agenda der Gemeinde, die dafür 30.000 bis 50.000 Euro ausgeben müsste, wie die Bürgermeisterin schätzt. Zur Zeit gebe es keinen gültigen Bebauungsplan für den Hitzelsberg, also könne Herecon derzeit auf dem Gelände auch nicht viel machen.

Mit dem Gelände schon, denn es gehört Herecon. Deswegen könne die Firma verkaufen, egal an wen, so Biebl-Daiber. Und das Unternehmen könne die Zugänglichkeit für die Bernauer verbauen. Diese öffentliche Zugänglichkeit sei Gemeinderat und -verwaltung aber immer wichtig gewesen. Eines wisse sie sicher, so Irene Biebl-Daiber: „Herecon ist ein bedeutender Gewerbesteuerzahler. Wenn die Firma ginge, täte das der Gemeinde weh.“

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