Das rät die Bergwacht
Todesopfer und mehrere Verletzte: Welche Gefahren Wanderern im Frühling drohen
Mehrere Rettungen, Verletzte und ein Todesopfer. Das Wandern in den Bergen ist auch im Frühling nicht ungefährlich, wie jüngste Vorfälle zeigen. Wo derzeit Gefahren drohen und wie sich Wanderer verhalten sollen, erklärt David Pichler von der Bergwacht Chiemgau.
Prien/Chiemgau/Berchtesgadener Land – Das schöne Frühlingswetter lockt in die Berge, um die Sonne auf der Haut zu spüren und um das Panorama zu genießen. Doch ganz ungefährlich ist der Freizeitspaß in der Natur nicht. Am Osterwochenende haben wieder viele Einsätze die Bergwachten in der Region auf den Plan gerufen, wenige Tage später (3. April) gerieten drei Männer am Watzmann über einem Schneefeld ins Rutschen und stürzten mehrere hundert Meter über eine Felswand ab. Einer von ihnen kam ums Leben. David Pichler, Geschäftsführer der Bergwacht Chiemgau und staatlich geprüfter Berg- und Skiführer, berichtet im Interview über aktuelle Gefahren und was Wanderer beachten müssen.
Wenn ich momentan in den Bergen wandern will: Wie muss ich mich auf die Touren vorbereiten?
David Pichler: Jeder sollte vor Antritt der Wanderung einen Blick auf die Wettervorhersage für die nächsten Tage, sowie in einen Tourenführer werfen. Besonders jetzt gehört warme Kleidung in den Rucksack, denn in der Früh und am Abend ist es noch kalt und auf den Bergen liegt immer noch Schnee. Aktuell ab etwa 1500 Metern. Und dann kommt es natürlich auch auf die Tour selbst an. Neben der normalen Ausrüstung sollen Wanderer, die weiter rauf wollen, auch Stöcke mitnehmen, und Grödeln oder Steigeisen, um einen sicheren Tritt zu haben.
Schnee ab etwa 1500 Metern haben Sie gesagt, besteht also auch noch Lawinengefahr?
Pichler: Aktuell gibt der bayerische Lawinenwarndienst eine geringe Lawinengefahr aus. Gleitschnee ist das Hauptproblem. Also Schnee, der durch Erwärmung auf steilen Hängen mit glattem Untergrund abgleitet. Außerdem kommt es in Hochlagen teilweise noch zu Triebschneeproblemen, also Schneepakete, die durch Windeinfluss verfrachtet wurden. Neben der Lawinengefahr sind besonders alte Lawinenkegel, und gefrorene Altschneefelder, die einem den Weg versperren als Gefahr zu nennen. Hier kann man ohne geeignete Ausrüstung leicht ausrutschen und sich in der Folge verletzen oder gar abstürzen.
Gleitschnee:
Unter Gleitschnee versteht man „hangparallele Bewegungen der gesamten Schneedecke“. Diese gleitet dabei auf glattem Untergrund (z.B. Grashänge oder glatte Felsenzonen) ab. Verursacht werden solche Gleitschneelawinen durch den Verlust der Reibung an der Grenzfläche zwischen Schnee und Boden, wenn sich dort flüssiges Wasser befindet (Definition des WSL-Instituts für Schnee-und Lawinenforschung SLF).
Gibt es Berge, wo ich aktuell besonders aufpassen muss?
Pichler: Hier möchte ich mich nicht auf einzelne Berge beschränken. Aber überall, wo die Wege mit steil abfallendem Gelände verbunden sind, ist besondere Vorsicht geboten. Daher ist es auch so wichtig, die Tour richtig zu planen und sich einen Überblick über das zu erwartende Gelände zu machen.
Gibt es noch weitere Gefahren, auf die ich mich derzeit in den Bergen einstellen muss?
Pichler: Was Wanderer oft unterschätzen: unten im Tal hat es schon frühlingshafte Temperaturen. Aber oben ist eben noch Winter und wie schon gesagt, es liegt Schnee. Wer da auf der Nordseite unterwegs ist, wird merken, da ist der Schnee noch eher gefroren, wie auf der Südseite. Dort wiederum kann der Schnee durch die Sonne tauen und beim Gehen sinkt man mehr ein. Dadurch ist man auch schneller erschöpft, weil es anstrengender zum Gehen ist. Das erleben wir immer wieder, dass sich die Leute überschätzen und so lange weiter wandern, bis sie wirklich an ihre Grenzen kommen. Dann ist es aber schon zu spät.
Jetzt sprechen Sie schon das nächste Thema an: Wie verhalte ich mich in Notsituationen?
Pichler: Wenn ich zum Beispiel im Schnee die Orientierung verliere, sollte ich, soweit es geht, meinen eigenen Spuren zurückfolgen. Komme ich in eine ernste Notlage, dann muss ich auch rechtzeitig den Notruf 112 alarmieren, denn wenn es Nacht wird oder dämmert, wird eine Suche nach der Person aufwändiger und dauert länger. Rettungsaktionen haben auch gewisse Voraussetzungen. Wir haben zwar Hubschrauber zur Verfügung, die für Einsätze in der Nacht geeignet sind, diese haben allerdings einen wesentlich längeren Vorlauf. Auch Wetterverhältnisse wie zum Beispiel Föhnsturm oder Nebel erschweren die Rettungsaktionen. Und wenn wir zu Fuß ausrücken, nimmt das auch Zeit in Anspruch und wir müssen schauen, dass unsere eigenen Leute nicht gefährdet werden. Deshalb ist es wichtiger dafür zu sorgen, dass es gar nicht zu Notsituationen kommt. Wanderer sollten daher Verhältnisse, ihr Material und auch die eigenen Fähigkeiten richtig einschätzen.


