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Bruckmühler Nachfolger von Adelheid Rupp aus Tuntenhausen

Gegen „Ungerechtigkeit“: Bayerns Linken-Sprecher Martin Bauhof will „Mega-Reichen“ ans Geld

Würde den „Mega-Reichen“ über eine Steuer gerne ans Vermögen (Symbolfoto): der neue Sprecher der Linken in Bayern, Martin Bauhof aus Bruckmühl.
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Würde den „Mega-Reichen“ über eine Steuer gerne ans Vermögen (Symbolfoto): der neue Sprecher der Linken in Bayern, Martin Bauhof aus Bruckmühl.

Martin Bauhof (41) aus Bruckmühl ist neuer Sprecher der Linken in Bayern und Nachfolger von Adelheid Rupp aus Tuntenhausen. Wieso der 41-Jährige die „Mega-Reichen“ in die Pflicht nehmen will, was er gegen Mietexplosionen tun will und welche Lösungen er beim Thema Migration sieht.

Bruckmühl – Dass Martin Bauhof (41) aus Bruckmühl, neuer Landessprecher der Linken in Bayern, ein bestelltes Feld übernimmt, kann wahrlich niemand behaupten. Durch den Bruch mit dem früheren Linken-Aushängeschild Sahra Wagenknecht, die mittlerweile das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) als eigene Partei gegründet hat, haben die Linken in den zurückliegenden Monaten zahlreiche Mitglieder verloren, bei der Landtagswahl 2023 in Bayern hatten sie das Ziel „Einzug ins Gremium“ mit einem Zuspruch von gerade einmal 1,5 Prozent weit verfehlt. Auch einem neuen Bundestag würden sie nach aktuellen Umfragen nicht mehr angehören.

Und dennoch tritt Bauhof die Nachfolge von Adelheid Rupp aus Tuntenhausen, die zur Wahl im Rahmen des Landesparteitags im Juni im fränkischen Veitshöchheim nicht mehr angetreten war, mit großem Enthusiasmus an. Wieso die Gesellschaft seiner Meinung nach mehr linke Politik braucht, ob sich seine Sichtweise zum Thema Migration in den vergangenen Monaten geändert hat und welchen politischen Einfluss er gerne in der Region nehmen würde, hat der zweifache Familienvater und studierte Sozialökonom im Interview mit dem OVB verraten.

Sie haben im Juni Adelheid Rupp aus Tuntenhausen als Landessprecher des Linken-Landesverbands Bayern abgelöst, bilden jetzt gemeinsam mit Kathrin Flach Gomez das Landessprecher-Duo. Was hat Sie dazu bewogen, sich für das Amt zur Verfügung zu stellen?

Martin Bauhof: Ich war in den letzten beiden Jahren in verschiedenen Funktionen für den Landesverband tätig und bin dabei so vielen tollen Menschen begegnet, das hat für mich den Ausschlag gegeben. Im Münchner Norden zum Beispiel gibt es eine Wohnsiedlung, in der haben die Bewohnerinnen und Bewohner Heizkostennachzahlungen in Höhe von teils mehreren tausend Euro bekommen. Unsere Leute dort haben davon gehört, haben mit den Leuten gesprochen, eine Mieterversammlung organisiert und gemeinsam haben sie es geschafft, dass diese Nachzahlungen massiv reduziert wurden, insgesamt eine halbe Million Euro. Diesen Ansatz möchte ich nach ganz Bayern tragen, denn das ist für mich das Herzstück linker Politik: Wo Unrecht geschieht, schließen wir uns zusammen und gehen gemeinsam dagegen vor.

Ihre Vorgängerin Adelheid Rupp sowie ihre Co-Landessprecherin Kathrin Flach Gomez sahen sich nach der Landtagswahl aus eigenen Reihen mit Bereicherungsvorwürfen aufgrund von Aufwandsentschädigungen konfrontiert. Waren die Vorwürfe aus Ihrer Sicht gerechtfertigt?

Bauhof: Nein. Wie Sie ganz richtig sagen, es ging um Aufwandsentschädigungen. Unsere Landessprecherinnen haben im Wahlkampf Unglaubliches geleistet, insbesondere Adelheid Rupp war als Spitzenkandidatin ohne Unterlass in ganz Bayern unterwegs. Als kleine Partei haben wir nur sehr wenige Menschen, die hauptamtlich für die Linke arbeiten und der allergrößte Teil der Arbeit wird ehrenamtlich getragen. Mit den Aufwandsentschädigungen wurde gerade mal ein kleiner Beitrag geleistet, damit die beiden nicht auf sämtlichen Kosten und Verdienstausfällen sitzen geblieben sind.

Reisende soll man nicht aufhalten.

Martin Bauhof über ehemalige Linken-Mitglieder, die zum BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) abgewandert sind.

Laut aktuellen Umfragen würde die Linke bei der Bundestagswahl deutlich an der 5-Prozent-Hürde scheitern. Bei der Landtagswahl 2023 konnte die Linke gerade einmal 1,5 Prozent der Stimmen verbuchen. Wie wollen Sie wieder mehr Zuspruch in der Wählerschaft erreichen?

Bauhof: Indem wir den Menschen konkret helfen. In Rosenheim machen wir beispielsweise seit Dezember vergangenen Jahres Sprechstunden. Jeden Mittwoch von 18 bis 20 Uhr und nach Terminvereinbarung helfen wir beim Ausfüllen von Wohngeld-Anträgen, rufen gemeinsam mit den Leuten beim Jobcenter an und vermitteln Anwältinnen und Anwälte, wenn es juristischen Beistand braucht. Diese Angebote unter dem Titel „Die Linke hilft“ gibt es in immer mehr Orten und damit machen wir den Leuten klar, wir sind für euch da.

Mit der Gründung des BSW haben zahlreiche Linken-Mitglieder der Partei den Rücken gekehrt und sich der neuen politischen Organisation angeschlossen. Was wiegt schwerer: Die Trauer über den Verlust der Mitstreiter oder die Freude darüber, wieder mehr Ruhe in die eigenen Reihen zu bekommen?

Bauhof: Tatsächlich haben wir in Bayern überhaupt nicht so viele Mitglieder ans BSW verloren. Um manche ist es schade, bei anderen weniger, aber Reisende soll man nicht aufhalten.

Noch einmal zurück auf die derzeit recht überschaubaren Umfragewerte: Wieso ist die Politik der Linken aus Ihrer Sicht für die Bürger des Freistaats und der Bundesrepublik dennoch so wichtig?

Bauhof: Weil wir die wirklichen Probleme wieder politisieren. Die Leute müssen beispielsweise immer mehr Geld für die Miete aufbringen und wehe du musst umziehen. Bekannte von mir sind aus dem Landkreis hier weggezogen, weil ihnen gekündigt wurde und sie nichts Bezahlbares gefunden haben. Dabei sind steigende Mieten kein Naturgesetz. Sie werden erhöht, vor allem von den großen Wohnungskonzernen, die damit riesige Gewinne machen. Dass es auch anders geht, hat der Mietendeckel in Berlin gezeigt, mit dem haben wir durchgesetzt, dass die Mieten dort über mehre Jahre nicht gestiegen sind. Von solch einem Mietendeckel für ganz Deutschland würden die allermeisten Wählerinnen und Wähler profitieren – mit der Linken können sie diesen wählen.

Die Linke tritt seit Jahren für „eine solidarische Einwanderungsgesellschaft“ ein. Werben Sie - trotz Anschlägen wie in Solingen oder Mannheim - weiterhin für „offene Grenzen“?

Bauhof: Fast jeden zweiten Tag wird in Deutschland eine Frau ermordet – fast ausschließlich von Männern, oft dem Partner oder Ex-Partner. Da kommt doch auch niemand auf die Idee, Männer im Allgemeinen dürften keinen Umgang oder Partnerschaften mehr mit Frauen haben. Egal ob es um Gewalt gegen Frauen oder Islamismus geht, wir müssen gemeinsam als Gesellschaft aufmerksam sein und wenn Probleme entstehen, frühzeitig reagieren. Das klappt nur, wenn wir im Kontakt sind, wir alle integrieren und die Menschen, die hier Schutz suchen, auch ein Zuhause finden. Eine solche solidarische Einwanderungsgesellschaft ist, davon bin ich überzeugt, der beste Schutz vor Anschlägen.

Als Bruckmühler verfolgen Sie sicherlich auch das politische Geschehen auf kommunaler und auf Landkreis-Ebene. Wo würden Sie sich in der Region mehr Einflüsse linker Politik wünschen?

Bauhof: Überall! (lacht) Aber ganz konkret: in den Kommunen und im Kreis eigene Grundstücke exklusiv für den wiedereingeführten, gemeinnützigen Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Damit würde das Angebot an günstigen Wohnungen hier bei uns auf alle Fälle zunehmen. Und ein zweiter Punkt: das Deutschlandticket zum Sozialtarif für 19 Euro, wie beispielsweise in Nürnberg. Damit auch die unteren Teile der Gesellschaft von A nach B kommen, denn auch auf dem Land kann sich fast die Hälfte der Ärmsten kein Auto leisten.

Mein Fokus liegt auf der Ungerechtigkeit unserer Gesellschaft.

Martin Bauhof, neuer Sprecher des Linken-Landesverbandes

Ihre Vorgängerin hatte vor der Landtagswahl als Ziel den Einzug in den Landtag ausgegeben. Ist das auch ein Ziel für die Landtagswahl 2028? Oder richten Sie ihren Fokus eher auf die 2026 anstehenden Kommunalwahlen in Bayern?

Bauhof: Mein Fokus liegt eindeutig auf der Ungerechtigkeit unserer Gesellschaft. Dagegen möchte ich vorgehen. Leider ist es im Moment wieder sehr in Mode auf die Schwächsten zu treten, Geflüchtete, Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger. Dabei geht es keinem von uns auch nur im geringsten besser, wenn diese Menschen noch weniger Geld haben. Was sehr wohl helfen würde ist eine Vermögenssteuer. Wenn die erst ab 100 Millionen Euro greift, dann aber richtig zulangt, wäre jedes Haushaltsloch gestopft – und im Alltag merken würden diese Mega-Reichen es eh nicht.

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