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Zum Tag des Friedhofs am 16. und 17. September

Ohne Schild und ohne Blumen: Warum sich Menschen für anonyme Bestattungen entscheiden

Auf dem Friedhof Derndorf gibt es neben Urnenbestattungen am Rosenstock auch anonyme Bestattungen.
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Auf dem Friedhof Derndorf gibt es neben Urnenbestattungen am Rosenstock auch anonyme Bestattungen auf der Grünfläche.

Ein Grab im Verborgenen, ohne Namensschild und ohne Blumen. Das gibt es auf dem Friedhof Derndorf in Bad Feilnbach. Zwei Bestatter verraten zum Tag des Friedhofs am 16. und 17. September, warum sich Menschen für ein anonymes Grab entscheiden.

Bad Feilnbach – Ein kleiner Friedhof, umgeben von Wiesen, im Hintergrund die Berge: Wer sich im Bad Feilnbacher Ortsteil Dernbach bestatten lässt, den erwartet die ewige Idylle. Und manchmal die Anonymität. Denn dort gibt es Rasengräber ohne Namensschilder.

Blumen werden wieder entfernt

„Es gibt keine Lichter oder Pflanzen“, sagt Lothar Wayrauther, Inhaber und Geschäftsführer von Bestattungen Schmid. Nur an Geburtstagen oder an Gedenktagen dürften Angehörige Blumen ablegen. Und am Tag der Bestattung. Später werden diese jedoch wieder entfernt.

Wayrauther bezeichnet die Art der Beisetzung als „halb-anonym“. Denn sie gehe nicht still und heimlich vorüber. Auf Wunsch könnten ein Pfarrer, Trauerredner, die Familie und Freunde vor Ort sein und sich verabschieden. Die biologisch abbaubare Aschekapsel aus dem Krematorium werde dabei in einem Netz in die Erde abgesenkt.

„Leute, die sich dafür entscheiden, wollen ein pflegeleichtes Grab“, sagt Wayrauther. Rasenbestattungen seien beliebt bei Menschen, die keine Familie haben, sich aber dennoch eine Beisetzung wünschen, damit sich ihre Freunde verabschieden können.

In Großstädten zehn bis 15 Prozent anonym

„Das macht jeder Friedhof unterschiedlich“, sagt Jörg Freudensprung, stellvertretender Vorsitzender und Geschäftsstellenleiter des Bestatterverbands Bayern. Eine klassische anonyme Beisetzung geschehe aber ohne die Angehörigen. In manchen Großstädten gebe es zehn bis 15 Prozent solcher Bestattungen. Wie viele es in Bayern gibt, weiß der Experte nicht. Freudenbergs Verwaltung ist in Bamberg, dort liege die Anzahl bei weniger als einem Prozent. „Das ist regional sehr unterschiedlich“, sagt er.

Freudensprung zufolge gibt es drei Gründe für einen solchen Abschied von der Welt. Stirbt jemand und es können keine Angehörigen ermittelt werden, kümmere sich das Ordnungsamt um die „Bestattung von Amts wegen“. Diese ende oft aus Kostengründen anonym. Das Geld spielt auch eine Rolle bei dem zweiten Grund. Etwa für Menschen mit geringem Einkommen oder Angehörige, die ihren Großonkel beisetzen müssen, obwohl sie ihn nicht gekannt haben. Laut Freudensprung soll die Bestattung dann billig sein.

Als dritten Grund nennt der Experte denselben Punkt wie Wayrauther: „Das sind oft Leute, die für sich entscheiden: Ich will meinen Kindern keine Arbeit machen.“ Das Grab soll also pflegeleicht sein. Manchmal ist das ein Schock für die Nachkommen. „Die Angehörigen fallen teilweise aus allen Wolken, dass sie nicht dabei sein dürfen“, sagt Freudensprung.

Auch der Vorsitzende ist kein Fan von anonymen Bestattungen. „Mir stellt es da die Nackenhaare auf“, berichtet er. „Der Mensch ist einfach weg. Das finde ich traurig.“ Es gebe schließlich auch andere Möglichkeiten für ein pflegeleichtes Grab: Eine Urnennische in der Wand oder ein Urnengrab mit einer Platte.

Die Bestattungswelt hat sich verändert

„Die Grabpflege ist eine Last für viele Nachkommen“, sagt auch Wayrauhter. Wer pflegt das Grab? Wer repariert es, falls etwas kaputt geht? Wer gießt die Blumen während des Sommerurlaubs? Es gebe keine Großfamilien mehr mit vier bis sechs Kindern. Früher seien die Menschen an einem Ort geblieben, für Schule, Arbeit und die Familie. Heute sei das anders. Viele Menschen zögen aus der Heimat weg und könnten sich deshalb nicht mehr um die klassische Grabpflege – pflanzen, gießen und Unkraut jäten – kümmern.

Doch manchmal gibt es auch Ausreißer. Obwohl es nicht erlaubt ist, etwas auf dem Rasenfriedhof zu pflanzen, tun das manche Angehörige dennoch. Dabei müssten sie sogar unterschreiben, nichts auf der Fläche zu hinterlassen. „Sie hätten sich für ein klassisches Grab entscheiden sollen“, sagt Wayrauhter.

In Dörfern funktioniert es laut Freundensprung meist, dass der Friedhofsgärtner unerwünschte Blumen entsorgt. „Wenn in einer Stadt 500 Leute liegen und zehn Prozent der Angehörigen etwas hinlegen, ist das viel“, sagt der Verbandsvorsitzende. Die Gärtner müssten dann immer wieder Kränze, Teddys oder Blumen wegräumen. Und die Angehörigen beschweren sich dann, weshalb die Dinge entfernt wurden. „Das führt oft zu Ärger“, sagt Freudensprung. „Ich habe Felder gesehen, die waren eine Müllhalde.“

Der Friedhof Derndorf ist das Gegenteil einer Müllhalde. Der Rasen ist getrimmt, es liegen weder Teddys noch Blumen auf der Grünfläche. Nur einige Kerzen stehen vor den Rosenstöcken, die sich um die Wiesen reihen. Auch vor den Rosen können sich Menschen in einer Urne bestatten lassen – ohne und mit Namensschild.

Auf der Wiese liegen weder Teddys noch Blumen. Doch vor den Rosenstöcken stehen einige Kerzen.

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