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Eine Ära geht in Bad Feilnbach zu Ende

Einer der letzten seiner Art: Wast Gasteiger verschließt nach über 30 Jahren das letzte Grab

Wast Gasteiger (links) beim letzten Grab seiner über 30-jährigen Tätigkeit als Grabmacher auf den Feilnbacher Friedhöfen.
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Wast Gasteiger (links) beim letzten Grab seiner über 30-jährigen Tätigkeit als Grabmacher auf den Feilnbacher Friedhöfen.

Tod und Sterben gehörten täglich zu seinem Berufsleben. Nach über 30 Jahren legt Wast Gasteiger jetzt nicht die Schaufel aus der Hand, sondern den Schlüssel des Minibaggers, mit dem er tagein, tagaus die Gräber in den gemeindlichen Friedhöfen ausgehoben und wieder geschlossen hat.

Bad Feilnbach – Über den Tod und das Sterben, Gräber und Friedhöfe redet man eigentlich nicht gerne. Besonders nicht an einem schönen Sommertag im Juni. Doch für Wast Gasteiger gehörte genau das seit über 30 Jahren zu seinem Berufsleben. Er war der Bestattungsdienstleister für die Friedhöfe in Bad Feilnbach und auch in umliegenden Gemeinden. Seit Herbst 1992 öffnete und schloss er Sarg- und Urnengräber und leitete die Bestattungen. Ende Juni ging er nun in den wohlverdienten Ruhestand. Mit den OVB-Heimatzeitungen hat er über seine Arbeit gesprochen. Ein Besuch auf dem Friedhof.

Am Baggerhebel ist Zentimeterarbeit gefragt

Ein orangefarbener Minibagger steht auf vier Stützen inmitten von Gräbern. Gasteiger, in blauer Latzhose, kariertem Hemd und Hut sitzt in der kleinen Kabine und bedient routiniert die Hebel vor ihm. Zentimetergenau senkt sich die Baggerschaufel in das halbfertige Grab und hebt Fuhre um Fuhre Erdreich heraus in eine Kiste, die neben dem Grab aufgebaut ist. Dazwischen muss er immer wieder absteigen und zusammen mit Sebastian Kern das Grab mit dicken Holzbohlen verbauen, dass es nicht einstürzt.

Mit Bedacht und Fingerspitzengefühl bediente Wast Gasteiger in all den Jahren den Minibagger, mit dem er die Gräber aushob.

An seine Anfänge als Grabmacher kann sich Gasteiger gut erinnern. „Bisher hatten immer die Gemeindearbeiter vom Bauhof die Gräber ausgehoben, das ging aber irgendwann nicht mehr. Pfarrer Brenninger hat damals nach dem Gottesdienst verkündet, dass jemand gesucht werde, der diese Aufgabe übernimmt“, erinnert sich der 65-Jährige. Er selbst sei damals auf der Suche nach einer Nebentätigkeit zu seiner Landwirtschaft gewesen. Grabmachen sei aber nie in Frage gekommen. Die Sache hat ihn aber irgendwie dann doch nicht losgelassen. Nach langem Überlegen hat er sich die benötigte Ausstattung zugelegt und angefangen.

Von Hand wird kein Grab geschaufelt

Dass er die Gräber so wie bisher mit der Hand ausschaufle, war für Gasteiger keine Option. Im Gespräch merkt man schnell, dass der gelernte Maurer viel technisches Verständnis und Leidenschaft für seinen Beruf mitbringt. Er erzählt gerne von den technischen Details, die er sich ausgedacht, ausprobiert und im Laufe der Jahre verbessert hat. „Ich glaub, ich hab‘ keine fünf Gräber tatsächlich mit der Hand geschaufelt“, erinnert er sich. Einmal ist ein Hydraulikschlauch am Bagger geplatzt – da gings nicht anders.

Trotzdem waren manche Grabarbeiten sehr anstrengend. „Einmal war‘s ziemlich tief gefroren, da mussten wir mit einem schweren Presslufthammer arbeiten“, erzählt Gasteiger. Auch das Schließen des Grabes hat er sich technisch perfekt eingerichtet. Anstatt die ausgehobene Erde wie bisher neben dem Grab zu lagern und im Anschluss an die Bestattung wieder zuzuschaufeln, legte er sich Kisten zu, die dann hydraulisch gekippt werden und die Erde direkt ins Grab rutscht. „Damit brauchen wir keinen zweiten Bagger zum Grabzumachen“, so die einfache Begründung. An viele Details erinnert er sich – etwa an die Jahreszahlen besonderer Bestattungen oder größerer Anschaffungen, auch die Preise der einzelnen Geräte und Maschinen. Überhaupt geht’s im Gespräch mehr um das Technische, das Organisatorische – Themen, die es in jedem anderem Handwerksberuf auch gibt.

Neben dem technischen Verständnis und einer guten Organisation braucht es ein besonderes Fingerspitzengefühl, wenn es um den Umgang mit den Angehörigen geht. „Die Leute vertrauen mir ja eine nahestehende Person an – da muss schon alles passen.“ Geprägt hat ihn der überraschende Tod seines Vaters in seiner Jugendzeit. „Wenn dann der Sarg ins Grab hinabgelassen wird, dann weiß man, jetzt muss man ihn für immer hergeben. Das versetzt einem schon nochmal einen Stich in die Magengrube“, erzählt er. Und dieses einprägende Erlebnis hat er auch zum Maßstab für alle Bestattungen angewendet, die er geleitet hat.

Emotionale Belastung bleibt nicht aus

„Wenn es technisch nicht sauber möglich war, den Sarg ins Grab hinunterzulassen, dann haben wir ihn während der Bestattung nicht versenkt – manchmal auch gegen den Willen des Pfarrers.“ Es wäre erstens kein schöner Anblick für die Angehörigen und auch für die Sargträger – oft Nachbarn oder Freunde – nicht sehr angenehm, wenn’s beim Versenken des Sarges zwickt und alle zuschauen würden. Nahegegangen sind ihm besonders die Sterbefälle, bei denen junge Menschen plötzlich aus dem Leben gerissen wurden. Da kam zu der emotionalen Belastung auch noch die Verantwortung für einen reibungslosen Ablauf der meist großen Bestattungsfeier dazu. „Bei manchen Sterbefällen konnte ich erst wieder ruhig schlafen, als der letzte Kranz auf das fertige Grab gelegt worden war“, erzählt Gasteiger.

Doch vor dem ernsten Hintergrund gab es auch lustige Begebenheiten, so wie die Geschichte einer seiner ersten Bestattungen im Auer Friedhof. „In Au ist es üblich, dass der Verstorbene von der Aussegnungshalle auf dem Sargwagen einmal um die Kirche zum Grab gefahren wird. Das hat mir aber keiner gesagt“. Bei besagter Beerdigung war das Grab in unmittelbarer Nähe der Halle. Also habe er seine Träger angewiesen, den Sarg gleich vor dem Leichenhaus vom Sargwagen zu heben. „Auf einmal fing die Musikkapelle zum Marschieren an und wir mussten den Sarg um die komplette Kirche tragen. Man meint gar nicht, wie groß die Auer Kirche ist“, schmunzelt Wast Gasteiger. Kurz nachdem der Sarg abgestellt wurde, verschwand einer seiner Träger. Ihm war nach der Plackerei die schwarze Hose aufgerissen, wie sich später herausgestellt hat.

Das gute Gefühl, dem Menschen zu helfen

Mehrere tausend Sarggräber und unzählige Urnenbestattungen hat Wast Gasteiger mit seinen Gehilfen durchgeführt und war oft auch erster Ansprechpartner, wenn es in einer Familie einen Todesfall gab. „Eigentlich habe ich gedacht, das mache ich nicht lange, vielleicht zehn Jahre, bis die Gerätschaften abbezahlt sind“, sagt Gasteiger. Doch das gute Gefühl, Menschen in einer Ausnahmesituation helfen zu können, habe ihn immer weitermachen lassen. Eine Abneigung oder eine negative Einstellung zu Tod und Sterben habe er nicht. „Der Tod gehört halt auch zum Leben dazu“.

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