Nach dem Paukenschlag in Bad Feilnbach
Von „Trümmerhaufen“ bis „Neustart“: So reagieren Feilnbacher Räte auf die Bürgermeister-Wahl
Steht der Bad Feilnbacher Gemeinderat nach der Wahl-Niederlage von Anton Wallner vor einem Trümmerhaufen, wie es der Zweite Bürgermeister formuliert? Oder nimmt die Arbeit mit dem Sieg des Herausforderers nun richtig Fahrt auf, wie Max Singers Unterstützer hoffen?
Bad Feilnbach – „Sprachlos“: Das war auch am Montag (15. Januar) das Wort, das bei der Nachbesprechung der Bürgermeisterwahl von Bad Feilnbach am häufigsten genannt wurde. So setzte sich fort, was schon während der Stimmauszählung am frühen Sonntagabend immer deutlicher wurde: Die große Verwunderung, dass der Kandidat der Überparteilichen Wähler (ÜW) Max Singer, seit Mai 2020 im Gemeinderat, den seit 2018 amtierenden Bürgermeister Anton Wallner (CSU) mit der deutlichen Mehrheit von 56, 6 Prozent der Stimmen aus dem Amt kickte.
Denn die 8500 Einwohner zählenden Gemeinde wirkt, wie von fast allen Seiten bestätigt wurde, sehr gut aufgestellt. Auch das große Engagement Wallners für die Kommune will ihm öffentlich niemand absprechen. Und doch sahen 2186 der insgesamt 3860 Bürger, die eine gültige Stimme abgegeben haben, die Zeit für den von Singer propagierten Neustart gekommen.
Für den CSU-Fraktionsvorsitzenden Martin Kolb auch am Tag nach der Wahl absolut unverständlich: „Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass es keinen Neustart braucht.“ Die reine Sacharbeit, die Wallner als Bürgermeister in den vergangenen sechs Jahren geleistet habe, sei hervorragend gewesen, und „natürlich hätten wir an den laufenden und anstehenden Projekten lieber mit ihm anstatt unter neuer Führung weitergearbeitet“.
Doch auch wenn man sich nun erst einmal sortieren müsse, werde die CSU-Fraktion im Gemeinderat weiter wie bisher zum Wohl der Gemeinde Bad Feilnbach mitarbeiten, betont Kolb. Nicht nur er spricht von „Dingen“, die im „Wahlbewerbungsverfahren“ vorgefallen seien, die „nicht gerade der ideale Ausgangspunkt“ für die Zusammenarbeit nach der Wahl seien. Doch er betont: „Wir dürfen nicht einzelne Köpfe im Blickpunkt haben, sondern wollen miteinander die Gemeinde weiter voranbringen. Das ist auch mit die Aufgabe des neuen Bürgermeisters mit seinem ,Neustart‘. Ich bin gespannt, wie er das macht.“ Eins sei sicher: „Es bleibt interessant.“
So geht es in Bad Feilnbach weiter
Der neue Bürgermeister Max Singer tritt sein Amt offiziell am 15. März 2024 an. Dazu wird die Gemeinderatssitzung, die für den 21. März vorgesehen war, voraussichtlich auf den 15. März vorverlegt, wie Helge Dethof, Geschäftsleiter der Gemeinde, auf Anfrage erklärte. Die Sitzungen bis dahin verlaufen wie bisher unter Leitung des noch amtierenden Bürgermeisters Anton Wallner. Der nächste Termin für den Gemeinderat ist am Donnerstag, 25. Januar. Mit Wallners Ausscheiden als Bürgermeister und Singers Amtsantritt wird im Gemeinderat ein Sitz der Überparteilichen Wähler frei. Wer aus deren Reihen diesen besetzen wird, wird aktuell noch mit der Person, die bei der Kommunalwahl 2020 von der Stimmenzahl her als erster Nachrücker feststand, geklärt, so Dethof. Sollte diese das Mandat nicht annehmen, werde mit dem nächsten Nachrücker gesprochen. Singer selbst klärt nach eigenen Angaben mit seinem Arbeitgeber, der Berufsfeuerwehr München, bis wann er die Tätigkeit dort beenden kann, um sich bereits in sein neues Metier einarbeiten zu können.
„Noch gar nicht sortiert“ hatte der Zweite Bürgermeister Josef Rauscher (CSU) am „Tag danach“ den Wahlausgang für sich: „Ich weiß selber noch gar nicht, wie ich das nehmen soll. Da wird eine Toparbeit geleistet, und dann kommt so eine Niederlage wie aus dem Nichts. Das treibt mich wirklich sehr um.“ Wie sehr, zeigt auch seine Aussage: „Ganz ehrlich: Ich weiß überhaupt nicht, wie es jetzt weitergeht. Wir stehen eigentlich vor einem Trümmerhaufen.“
Wallner sei nach Josef Kirner (CSU), Christoph Rastinger (ÜW) und Hans Hofer (ÜW) der vierte Bürgermeister, den er als Gemeinderat erlebt habe. Er habe immer sehr sachlich und korrekt gearbeitet. Von daher könne er sich das Ergebnis einfach nicht erklären. „Ein Stück weit narrisch“ sei er durchaus, weil der „Wahlkampf“ – ein Begriff, den Herausforderer Max Singer nicht verwenden wollte – aus seiner Sicht unfair gelaufen sei. Man habe von vielen Halbwahrheiten und Unterstellungen gehört, die nie geradegerückt worden seien.
Dass Rauscher „als zweiter Bürgermeister weitermacht“, hofft Dritter Bürgermeister Christian Bergener (ÜW). „Wir alle stehen miteinander für das Gemeinwohl, dafür sind wir vom Bürger in den Gemeinderat gewählt worden.“ Auch er selbst sei „absolut überrascht“ vom Wahlsieg Singers, freue sich aber natürlich, dass seine Fraktion nun den Bürgermeister stellt.
Allerdings: „Wir haben momentan gar nicht richtig jubeln und feiern können, als das Ergebnis feststand“, beschreibt er die Situation am Abend im Sitzungssaal. „Aber gerade das stellt vielleicht auch ein Stück weit unsere Wertschätzung für Anton Wallner und seine Arbeit dar. Er hat nicht alles schlecht gemacht und sich wirklich aufgeopfert für die Gemeinde“, bescheinigt ihm Bergener. In manchen Fällen sei er den Räten allerdings zu wenig kompromissbereit und zu rigoros erschienen, man habe sich oft mehr Diskussion und Klarheit gewünscht.
„Das ist wie bei einem Fußballspiel, man gibt sich die Hand und dann ist es gut.“
Pragmatisch sieht ÜW-Fraktionssprecher Peter Menhofer den Wahlausgang: „Ich bin weder überrascht noch enttäuscht noch euphorisch. Nachdem es bei den beiden letzten Bürgermeisterwahlen keinen Gegenkandidaten gab, war es schön, dass der Bürger wieder eine Wahl hatte. Und so ist das in der Demokratie: derjenige, der gewählt wird, hat den Auftrag des Wählers, der andere eben nicht. In meinen Augen gibt es keine Gewinner oder Verlierer, das habe ich auch bei den Gemeinderatswahlen schon immer gesagt.“
Auch glaubt der langjährige Gemeinderat, dass sich die Lage schnell beruhigen wird. „Das ist wie bei einem Fußballspiel, man gibt sich die Hand und dann ist es gut. Wir alle haben den Auftrag, für die Gemeinde zu arbeiten. Außer Sachthemen hat da nichts Platz. Max Singer kann das, er kann Menschen begeistern, führen und zusammenhalten. Das hat er schon in anderen Bereichen bewiesen.“
Zehn Gemeinderäte hatten Singer unterstützt
Alle Gemeinderäte der Fraktionen von ÜW, SPD/FW sowie drei der vier Grünen-Fraktionsmitglieder hatten auf einem Flyer zur Wahl im Vorfeld ihre Unterstützung Singers bekundet. Nicht unter ihnen: Grünen-Rat Thomas Forster. Er hatte eine klare Wahlempfehlung für Anton Wallner ausgesprochen und dies mit den in seinen Augen „herausragenden Qualifikationen, seiner langjährigen Erfahrung im Gemeinderat und seiner nachgewiesenen Fähigkeit, innovative Lösungen für die Herausforderungen unserer Gemeinschaft zu finden“ begründet. Auch hatte er Wallners Integrität, Transparenz und Engagement gewürdigt.
Forster erklärte gestern: „Der Ausgang der Wahl hat mich sehr überrascht. Ich hätte nie gedacht, dass Max Singer so klar gewinnt. Ich akzeptiere natürlich den Wählerwillen und möchte mich zu weiteren Spekulationen nicht äußern.“
„Was für ein spannender Wahlabend gestern im Rathaus“, meinte Grünen-Fraktionssprecherin Sieglinde Angermaier am Montag gegenüber dem OVB. Sie betonte: „Wir gratulieren Max Singer recht herzlich zu seiner Wahl zum ersten Bürgermeister. Auf eine konstruktive und gute Zusammenarbeit freuen wir uns sehr. Es ist für uns selbstverständlich, dass Max bei der Umsetzung kommender Aufgaben, mit unserer vollsten Unterstützung rechnen kann.“
Auch SPD/PF-Sprecherin Inge Gasteiger gratuliert Max Singer als künftigem Bürgermeister: „Er hat das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger durch die Wahl bestätigt bekommen. Es liegt nun in seiner Hand, die nächsten sechs Jahre die Geschicke der Kommune verantwortungsbewusst zu lenken. Die Liste SPD/Parteifreie werden Max Singer bei den anstehenden Herausforderungen, Projekten und Aufgaben gerne im Sinne der Gemeinde Bad Feilnbach unterstützen.“







