Eklat um Markus Stigloher in Bad Aibling
Willinger CSU-Chef entschuldigt sich für Anti-Queer-Post – Rücktritt von Ämtern gefordert
Der Willinger CSU-Vorsitzende Markus Stigloher hat sich für seinen Anti-Queer-Post zum CSD in Rosenheim entschuldigt. Grünen-Stadträtin Martina Thalmayr fordert dennoch den Rücktritt Stiglohers als Dritter Bürgermeister von Bad Aibling.
Bad Aibling – Per Post auf der Facebook-Seite der CSU Willing hat sich deren Vorsitzender Markus Stigloher (56) am Samstag (22. Juli) für seinen Kommentar zum CSD in Rosenheim – ebenfalls auf der Seite der Willinger CSU veröffentlicht – entschuldigt. Eine Entschuldigung, die Stigloher, legt man die Kommentare unter dem Post zugrunde, aber nur wenige Menschen abnehmen. Auch einige Stadtratskollegen gehen zum 56-Jährigen auf Distanz. So fordert Grünen-Stadträtin Martina Thalmayr den Rücktritt Stiglohers als Dritter Bürgermeister der Kurstadt sowie als Vorsitzender der Willinger CSU.
„Als Ortsvorsitzender der CSU-Willing übernehme ich die Verantwortung für meinen Post vom 4. Juni 2023“, hatte Stigloher am 22. Juli auf der Facebook-Seite der Willinger Christsozialen geschrieben. „Ich entschuldige mich aufrichtig. Der Post war unangemessen. Es tut mir leid, sollte ich jemand verletzt oder beleidigt haben.“ Der Entschuldigung vorausgegangen war am 4. Juni ein Statement Stiglohers, bei dem er zu einem Foto vom „Christopher Street Day“ in Rosenheim folgenden Text gepostet hatte: „Was soll daran PROUD sein wenn wer QUEER ist? Die Natur hat für die Queeren keine Fortpflanzung vorgesehen. Das ist der ultimative BIG FAIL im Leben der QUEEREN. CSU Willing meint: kein Adoptionsrecht für Homos.“
Worte, die – beispielsweise seitens der Grünen Jugend Rosenheim – massive Kritik hervorgerufen hatten. Diese bezeichneten die Worte des Willinger CSU-Vorsitzenden unter anderem als „hasserfüllte Aussagen“. Eine Einschätzung, mit der Martina Thalmayr, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bad Aiblinger Stadtrat, konform geht. „Wenn ich Sprecher einer Partei bin, steht das in einem anderen Fokus, als wenn ich das privat poste“, findet Thalmayr, die die Worte des Willinger CSU-Vorsitzenden als „menschenverachtend“ bezeichnet.
Ihre klare Forderung: Stigloher müsse als Dritter Bürgermeister der Stadt Bad Aibling und als Vorsitzender der CSU Willing zurücktreten, denn: „Da ist einfach eine rote Linie überschritten worden.“ Auch mit Bürgermeister Stephan Schlier (CSU), der eine Stellungnahme gegenüber dem OVB abgelehnt hatte, da das Thema seiner Meinung nach „weder die Stadt, noch Herrn Stiglohers geschätzte Arbeit als Dritter Bürgermeister Bad Aiblings oder Fraktionsvorsitzender, noch mich selbst als Mitglied der CSU Bad Aibling“ betreffe, geht die Grünen-Fraktionsvorsitzende hart ins Gericht: „Die Reaktion von Stephan Schlier ist einfach billig“, findet Thalmayr. „Da erwarte ich eine klare Haltung zum Parteiprogramm der CSU.“
Unterstützung zu ihrer Rücktrittsforderung erhält Thalmayr von Anna Maria Kirsch, Vertreterin der ÖDP im Stadtrat. „Ich schließe mich dieser Forderung an“, sagt Kirsch gegenüber dem OVB. „Ich finde es unmöglich, so etwas zu posten, dann kommentarlos zu löschen und sich anschließend so lauwarm zu entschuldigen.“ Auch die Reaktionen verschiedener Parteifreunde Stiglohers findet sie „zu wenig“. Kirsch: „Von diesen Worten müsste man viel mehr Abstand nehmen.“
Zweite Bürgermeisterin hat mit Stigloher Kontakt aufgenommen
Kirsten Hieble-Fritz (ÜWG), Zweite Bürgermeisterin der Stadt, die nach eigenen Angaben bereits persönlich mit Stigloher gesprochen hat, nimmt dem CSU-Vorsitzenden hingegen „die Entschuldigung ab“, da „er sehr stark darüber reflektiert hat“. Daher stelle sie in diesem Zusammenhang auch keine Forderung, zumal „alle Menschen mal Fehler machen können und ich nicht wüsste, dass so etwas bei Markus Stigloher schon mal vorgekommen ist“. Allerdings fände sie es „gut und wichtig, wenn wir darüber im Gremium eine Diskussion führen“.
Was sie extrem störe ist, dass die Diskussion jetzt öffentlich ausgetragen werde. „Es wäre sinnvoller gewesen, sich erst einmal persönlich mit ihm auszutauschen“, findet die Zweite Bürgermeisterin, die es grundsätzlich schon als „vertretbare Meinung hält, auch wenn man sich gegen die aktuelle Rechtslage stellt“. „Was mich zur Distanzierung bewegt ist, wenn es in Richtung Beleidigung geht“, sagt die Juristin, die allerdings einzelne Passagen und Wörter wie „Homo“ noch nicht für ausreichend hält, „um ein Fass aufzumachen“. In Stiglohers Post seien es eher „mehrere Varianten“ gewesen, die dazu führen, dass sie den Post verurteile.
Auch Andreas Winhart, der für die AfD im Stadtrat sitzt, findet, dass Markus Stigloher „natürlich das Recht“ habe, „seine Meinung kundzutun“. Wobei Winhart aber betont, „dass das nicht meine Meinung ist, die Herr Stigloher da vertritt“. Zum Wortlaut möchte sich der AfD-Stadtrat hingegen nicht äußern („Das ist seine Angelegenheit“), findet aber, dass „ein Rücktritt nicht notwendig und die Forderung völlig überzogen ist“. Er nehme dem CSU-Vertreter seine Entschuldigung „schon ab“. Winhart: „Dann ist doch jetzt eigentlich alles gut.“
Florian Weber: „Das ist politisch so blödsinnig.“
Florian Weber, Stadtrat der Bayernpartei, findet ebenfalls, dass „ein Rücktritt nicht notwendig ist, nachdem er sich entschuldigt hat“. Letztlich sei es aber Stiglohers eigene Entscheidung, ob und welche Konsequenzen er daraus ziehe. Was Weber im Falle des Anti-Queer-Post viel mehr beschäftigt, ist die Frage, wie sich Stigloher zu einem derartigen Post hinreißen hat lassen: „Dass ist politisch so blödsinnig“, findet der Vertreter der Bayernpartei. „Ich weiß gar nicht, wie man so etwas fertigbringen kann.“ Ob Stiglohers Entschuldigung ernst gemeint sei, dazu könne er sich keine Meinung bilden: „Ich weiß ja letztlich nicht, was er wirklich denkt.“
Richard Lechner, Fraktionssprecher der SPD im Bad Aiblinger Stadtrat, findet die auf Facebook veröffentlichte Entschuldigung des Willinger CSU-Vorsitzenden jedenfalls „für angebracht und angemessen“, weshalb er die Forderung nach einem Rücktritt vom Amt des Dritten Bürgermeisters auch „für überzogen“ hält. Das Thema an sich bewerte er persönlich aus der Sicht eines pensionierten Amtsrichters, „der viel mit Adoptionen zu tun hatte“. „Adoption ist eine schwere Aufgabe und bedeutet viel Verantwortung“, so Lechner. „Daher sollte man Adoptiveltern, gleich welcher Zusammensetzung, unterstützen und nicht diskriminieren.“
Markus Stigloher selbst war für eine Stellungnahme zu seiner Entschuldigung sowie den Rücktrittsforderungen bislang nicht zu erreichen.
