Veränderte Mediennutzung in Bad Aibling?
Wer liest noch Bücher? – Warum die Bibliothek auch mit Heim-Planetarien und Nebelmaschinen punktet
Wechsel an der Spitze, großes Jubiläum, neue Trends: Die Stadtbücherei Bad Aibling blickt auf bewegte Monate zurück. Wie Leiterin Gabriele Huber die täglichen Herausforderungen meistert und was in der Bibliothek am häufigsten ausgeliehen wird.
Bad Aibling – Werden in Zeiten, in denen oft nur sekundenlange Videos die kurze Aufmerksamkeitsspanne vieler Mediennutzer erreichen, überhaupt noch Bücher gelesen? Beurteilen kann eine solche Frage wohl am besten eine Bibliothek wie die Stadtbücherei Bad Aibling. Dort blickt Leiterin Gabriele Huber auf ein „so tolles 2023“ zurück und hat somit offenbar keine Sorge, dass das Buch als gefragtes Medium auszusterben droht.
Die Zahlen sprechen dabei für sich. Im vergangenen Jahr wurden 202.603 Medien (inklusive heruntergeladener Medien über die digitale Plattform Biblioload) in der Aiblinger Stadtbücherei ausgeliehen. Ein Wert, der laut Huber relativ konstant geblieben sei. Insgesamt führt die Bücherei 3750 aktive Leser, darunter 1114 unter zehn Jahren, sechs Leser sind über 91 Jahre alt. Die Statistik verrät zudem, dass 2023 insgesamt 693 Neuanmeldungen hinzugekommen sind.
Vom Laminiergerät bis zur Sofortbildkamera
Dass das Ausleihen von Lesestoff also weiterhin so gefragt ist, hängt nicht zuletzt auch mit der „Vorzeigebibliothek“ zusammen, wie sie Huber stolz bezeichnet. Demnach bekomme man immer wieder Besuch von Verantwortlichen anderer Büchereien, zuletzt sogar vom Bayerischen Bibliotheksverband.
Dabei gehen die Mitarbeiter neue Wege und beschränken sich längst nicht mehr auf das Angebot klassischer Medien. Bestes Beispiel hierfür ist die eigene „Bibliothek der Dinge“, durch die man seit anderthalb Jahren auch völlig andere Gebrauchsgegenstände an Interessierte verleiht. Laut Huber werden dabei besonders gerne das Heim-Planetarium, ein Laminiergerät oder eine Sofortbildkamera ausgeliehen. „Wir verleihen beispielsweise auch eine Nebelmaschine, wir gehen bei den Gegenständen also nicht in eine bestimmte Richtung“, so Huber. Spitzenreiter unter den beliebtesten Ausleihen sind jedoch laut der Bücherei-Leiterin die sogenannten „Tonieboxen“, mit der Kinder Musik oder Geschichten anhören können.
Trend geht in Richtung Begegnungsstätte
Leiterin Huber betont zudem, dass in der Bücherei ein Trend weg vom reinen Ort der Ausleihe hin zur Begegnungsstätte erkennbar sei. „Die Leute halten sich immer länger bei uns auf, etwa zum Lesen oder Lernen, auch ohne etwas zu konsumieren.“ Auch deshalb habe man das 5000-Euro-Preisgeld, das die Bücherei durch die Auszeichnung mit dem Bayerischen Bibliothekspreis (Sonderpreis) erhalten hatte, in Möbel und nicht in neue Medien investiert.
Den Preis hatte die Bad Aiblinger Institution als Würdigung des Einsatzes gegen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit erhalten, wofür die Bücherei etwa Lesungen und Veranstaltungen ausrichtete. „Das war schon etwas Besonderes und wird es so wohl auch nicht nochmal geben“, sagt Huber über die Auszeichnung. Überhaupt blickt sie auf eine sehr ereignisreiche Zeit zurück. Sie selbst hatte die Leitung vergangenes Jahr von Hiltrud Braun übernommen, die dieser Aufgabe jahrzehntelang erfolgreich nachging und in den Ruhestand verabschiedet wurde. Hinzu kam im vergangenen Jahr die Feier zum 70-jährigen Bestehen.
„Will nicht verschweigen, dass es auch Probleme gibt“
„Jeder Tag ist eine Herausforderung“, bilanziert Huber die erste Zeit als Leiterin. Die Erfolge der Bücherei, die sie vor allem auch ihrer Vorgängerin zuschreibt, führten auch zu dem Eindruck, dass sich vieles rund um die Bibliothek „locker anhört“. Aber: „Ich will nicht verschweigen, dass es auch Probleme gibt“, sagt Huber und nennt etwa Diskussionen mit Lesern, technische Schwierigkeiten oder Herausforderungen bei Bestellungen.
Was die Bad Aiblinger am liebsten lesen, schauen und nutzen
Laut der Jahresstatistik der Stadtbücherei Bad Aibling gehörten zu den am meisten entliehenen Sachbüchern „Meze vegetarisch“ von Ali Güngörmüs, „Der Tag, der mein Leben veränderte“ von Tim Pröse und „Selenskyj“ von Steven Derix.
Die nachgefragtesten DVDs waren 2023 „Encanto“, „Ticket ins Paradies“ und „Top Gun – Maverick“.
Meist gefragt bei der Bibliothek der Dinge: Tonieboxen, das Heim-Planetarium und Pocket-Book (eBook-Reader) .
Alles in allem aber sei sie mit ihrem Team bemüht, jeden Tag das Beste für die Bücherei zu geben. Davon überzeugte sie nun auch den Bad Aiblinger Stadtrat, dem sie während einer Sitzung im Rathaus die Arbeit des vergangenen Jahres vorstellte. Bürgermeister Stephan Schlier (CSU) bezeichnete das Bücherei-Personal – neun Mitarbeiterinnen, darunter zwei Vollzeitkräfte – als „super Mannschaft“ und bedankte sich für das große Engagement. Dem schlossen sich viele Stadträte, darunter Kulturreferentin Elisabeth Geßner (CSU), Richard Lechner (SPD), Anita Fuchs (Grüne) Andreas Winhart (AfD), Florian Weber (Bayernpartei) und Rudi Gebhart (ÜWG) an.
Nicht nur Letzterer hob dabei noch einmal die Arbeit von Hubers Vorgängerin Hiltrud Braun hervor, die „über viele Jahre klasse und souveräne Arbeit geleistet“ habe. Lobend erwähnte er auch in Richtung Gabriele Huber, dass man einen „nahtlosen Übergang“ hinbekommen habe, so Gebhart. Michael Krimplstötter (CSU) lobte zudem die Leseförderung in der Bücherei. „Ganz super, dass man das als Hauptaufgabe herausgepickt hat.“
12-Jährige steht für den Lese-Nachwuchs
Huber jedenfalls blickt angesichts des erfolgreichen Vorjahres positiv in die Zukunft der Stadtbücherei. Und dass man sich stets mit neuen Ideen weiterentwickeln will, zeigen auch die kürzlich eingeführten regelmäßigen Brettspielabende, die man zusammen mit der „Aiblinger Zockerbande“ veranstalte.
Bei aller Innovation gibt die beste Antwort auf die anfängliche Frage, ob überhaupt noch Bücher gelesen werden, am Ende dann der Nachwuchs. So gewann kürzlich die 12-jährige Bad Aiblingerin Louisa Ribbe in der Bad Aiblinger Bücherei den landkreisweiten Vorlesewettbewerb. Sie selbst ist Stammkundin im 1. Stock des Rathauses und kommt mindestens einmal in der Woche vorbei, um neuen Lesestoff auszuleihen.