Bad Aiblinger Stadtbibliothek
Chefin geht nach 40 Jahren: Warum sie „Bücher-Millionärin“ ist und ein Sparschwein geklaut wurde
Nach über 40 Jahren geht die Leiterin der Stadtbücherei, Hiltrud Braun, in den Ruhestand. Was sie alles in dieser Zeit erlebt hat, warum es am Anfang nicht immer leicht war und ob sie sich das Leben ohne Bücher vorstellen kann.
Bad Aibling – In der Stadtbücherei geht eine Ära zu Ende: Hiltrud Braun wechselt nach 41-jähriger Tätigkeit als Leiterin in die passive Altersteilzeit - und damit auf den Weg in den offiziellen Ruhestand.
Geboren und aufgewachsen ist sie in Aßling im Landkreis Ebersberg. Nach dem Schulbesuch von 1976 bis 1978 absolvierte sie eine Ausbildung zur Bibliotheksassistentin, überwiegend an der Bayerischen Staatsbibliothek München. „Das war damals ein ganz neuer Beruf“, erzählt sie den OVB-Heimatzeitungen.
Von Neuperlach nach Bad Aibling
Ihre erste Arbeitsstelle nach ihrer Ausbildung war die Stadtbibliothek Neuperlach, wo sie von 1979 bis 1982 arbeitete. Im Frühjahr 1982 bewarb sie sich auf die neu ausgeschriebene Stelle der hauptamtlichen Leiterin der Stadtbücherei Bad Aibling. „An meinem Geburtstag, dem 2. April bekam ich den Anruf, dass ich die Stelle bekomme, ich war damals 22 Jahre alt“, erinnert sie sich noch heute. Zusammen mit einer neu eingestellten Halbtagskraft trat sie am 1. Juli 1982 die Führungsposition an. Dazu fällt ihre eine Bemerkung einer Leserin aus dem Jahr 1982 ein: „Das trauen Sie sich zu - so jung und schon die Leitung“.
Der Start war nicht immer einfach
Ihr erster Eindruck in Bad Aibling war: „Die Kollegen und Leser sind viel freundlicher als in München“. In jungen Jahren sei es nicht immer einfach gewesen, zum Beispiel den Buchgeschmack älterer Damen zu erraten. „Damals waren Romane von Marie Louise Fischer und Utta Danella die Bestseller, auch Simmel und Co. waren sehr gefragt“, blickt sie zurück. „Bei meinem Amtsantritt war der damalige Stadtkämmerer Fritz Schramm „nebenbei“ für die Bücherei zuständig. Ich habe in den ersten Jahren erst einmal kräftig alte Bücher aussortiert, Herr Schramm war entsetzt“, erzählt sie schmunzelnd.
Mit der Aussortierungsaktion entstanden dann die ersten Bücherflohmärkte in der Bibliothek. Damals gab es viele Kurbetriebe in der Innenstadt und dementsprechend viele Kurgäste als Leser. Auch habe es noch keine Bücherei-Jahresgebühr gegeben, die wurde erst später eingeführt. „Für Versäumnisgebühren stand ein Sparschwein auf dem Schreibtisch, das sogar einmal gestohlen wurde - der Täter entkam unerkannt“. 1982 gab es noch keine Computer, sondern ein Klappkartensystem, das nach Lesernamen geordnet war und Katalogzettel für die Recherche, so kannte man jeden Leser persönlich, so die Bücherei-Chefin.
Am Anfang gab es nur Bücher und Zeitschriften
Damals gab es aber auch weniger Büchereikunden als heute. „In besonderer Erinnerung ist mir Ludwig Stadler vom Mangfallboten geblieben, der viel für die Bücherei fotografiert und Berichte für uns geschrieben hat - er kam mindestens einmal in der Woche zum Ausleihen vorbei.“ Große Unterstützung erhielt sie von den ehemaligen Bürgermeistern Dr. Werner Keitz und Felix Schwaller, die immer ein offenes Ohr für die Bibliothek hatten und maßgeblich an der Entwicklung der Stadtbücherei beteiligt waren.
Das Medienangebot hat sich im Laufe der Jahre stark erweitert: Zu Beginn bestand das Angebot nur aus Büchern und Zeitschriften. Die Einführung moderner Verbuchungstechnik und Online-Angebote seien ein großer Sprung nach vorne gewesen.
Die Ausleihzahlen stiegen von Jahr zu Jahr, der Medienbestand wuchs - der Wunsch nach einer größeren Stadtbücherei entstand. Apropos Ausleihzahlen: „Zwischen 1982 und 2022 verzeichnete die Bücherei eine Gesamtausleihe von 4,2 Millionen Medien“, sagt Hildtrud Braun, die übrigens mit Josef Riedl, Dr. Werner Keitz, Felix Schwaller und Stephan Schlier vier Oberbürgermeister als oberste Dienstherren „erlebt“ hat.
2012 Umzug indas neue Rathaus
„Die Bibliothek konnte 2012 in das neue Rathaus einziehen und präsentiert sich heute modern und ansprechend im ersten Stock, ebenso ist das große Lesecafé ein beliebter Treffpunkt für viele Aiblinger Bürger und Gäste“, betont Hiltrud Braun und ergänzt: „Ich danke den Aiblinger Kommunalpolitikern und der Stadtverwaltung für diese Entscheidung, dass die Bücherei mitten im Herzen von Bad Aibling einen so schönen Platz gefunden hat“. Hervorheben möchte sie auch die 10-jährige Zusammenarbeit mit dem Förderverein der Stadtbücherei. Seit der Gründung im Jahr 2013 habe man viele gemeinsame Veranstaltungen und Bücherflohmärkte durchgeführt und auch die beliebte „Bücher-Box“ in der Bahnhofsstraße gäbe es ohne den Förderverein nicht.
Langeweile kennt sie nicht
„Ich werde der Bücherei und dem Förderverein auch im Ruhestand verbunden bleiben und weiterhin zum Ausleihen und zu Veranstaltungen nach Bad Aibling kommen“, versichert die angehende Rentnerin, die keine Langeweile fürchten muss. „In meinem Wohnort Aßling bin ich seit meiner Jugend immer wieder ehrenamtlich aktiv, derzeit im Arbeitskreis Kultur der Aßlinger Agenda. Dort werden regelmäßig Lesungen, Musikveranstaltungen und Ausstellungen organisiert“ und fügt hinzu: „Selbst kreativ zu sein, ob beim Singen, Malen oder Garteln, war mir schon immer sehr wichtig. An erster Stelle steht aber das Buch! Lesen ist viel mehr, als für ein paar Stunden in fremde Welten abtauchen, es ist ein ganz wichtiges „Lebensmittel“, so wichtig wie Essen und Trinken“.
Gabriele Huberfolgt nach
Ihrer Nachfolgerin und langjährigen Stellvertreterin, Gabriele Huber, wünscht sie alles Gute und viele kreative Ideen, damit die Leserzahlen weiter steigen und auch weiterhin genügend finanzielle Mittel, damit die Bücherei attraktiv bleibt“.bjn