„Böse Überraschungen“ per Post
Viele empörte Autofahrer: Vermeintliche „Parkplatz-Abzocken“ sorgen in der Region für Ärger
Immer mehr Autofahrer erleben derzeit „böse Überraschungen“: Wegen vermeintlicher Parkverstöße müssen sie tief in die Tasche greifen. Worüber sich die Betroffenen ärgern und was bei videoüberwachten Parkflächen zu beachten ist.
Mangfalltal/Rosenheim – Die Fälle häufen sich, die Beschwerden ebenso. Immer mehr Parkplätze in der Region werden videoüberwacht und sorgen damit bei Autofahren nicht selten für böse Überraschungen. So werden immer mehr Fahrzeugführer, die ihren Wagen guten Gewissens abgestellt haben, im Nachgang zu ihrem Entsetzen zur Kasse gebeten. Jüngstes Beispiel: der Traunsteiner Karl Stieglbauer, der sein Auto an einem Feiertag auf einem Rosenheimer Supermarktparkplatz abstellte. Zwei Wochen später erhielt er Post: Vertragsstrafe, 50 Euro, er habe unrechtmäßig auf dem Parkplatz geparkt. Er spricht von „Abzocke“ – und so wie ihm geht es derzeit zahlreichen Autofahrern.
Zuletzt beschwerte sich ein Bad Aiblinger über eine Vertragsstrafe, nachdem er in einem Parkhaus ohne zu zahlen geparkt hatte, da ihm zufolge keine oder keine gut sichtbare Beschilderung mit einer Zahlungsaufforderung zu sehen war. Erst im Sommer hatte eine Autofahrerin aus Bruckmühl dem OVB von einem „Vorfall“ berichtet, nachdem sie in einem Bad Aiblinger Parkhaus geparkt hatte. „Wir waren vor dem Parkautomaten gestanden und haben gerätselt, wie man das Ding benutzen muss“, erinnerte sie sich an besagten Nachmittag. Zwar habe die Zahlung irgendwann doch geklappt, sie erhielt eine Quittung und fuhr aus der Garage. Aber: „Vier Wochen darauf erhalte ich eine ungerechtfertigte Mahnung per Post.“ Das Schreiben sei „extrem aggressiv formuliert“, sagte die Bruckmühlerin. Sie erhielt aufgrund eines Parkverstoßes eine Vertragsstrafe in Höhe von 53 Euro, da sie das fällige Parkentgelt „nicht in voller Höhe entrichtet“ hätte, hieß es.
107 Euro für fünf Minuten Parken?
Möglicher Knackpunkt in ihrem Fall: Ab dem Zeitpunkt der Bezahlung hatte sie in dem besagten Parkhaus 15 Minuten Zeit, die Parkfläche mit dem Fahrzeug wieder zu verlassen. „Erfolgt die Ausfahrt nicht innerhalb dieses Zeitfensters, registriert das System entsprechend eine ungenügende Zahlung“, teilte das Unternehmen für Parkplatzüberwachung damals auf OVB-Anfrage mit.
Wie die Bruckmühlerin, ärgerten sich zuletzt zahlreiche Autofahrer, etwa aus dem Mangfalltal, die sich mit ihren Erfahrungen an das OVB wendeten. Dabei ging es nicht nur um Supermarktparkplätze und Parkhäuser. Ein Leser aus Bad Aibling berichtete beispielsweise von fünf Minuten unberechtigten Parkens, ohne Behinderung anderer, auf einem Privatparkplatz eines Zahnarztes. Ein notwendiger Apotheken-Einkauf hätte ihn sodann sage und schreibe 107 Euro gekostet, auch hier sei eine private Parkplatzüberwachung im Einsatz gewesen.
Was die Vorfälle gemeinsam haben
Die Vorfälle haben eines gemeinsam: Den Verursachern ist meist gar nicht bewusst, dass sie unrecht handeln. Klar ist: Auf immer mehr Parkflächen bundesweit haben sich die Nutzung und die Zahlungsabwicklung inzwischen deutlich verändert. So muss man in einigen Parkanlagen beim Einfahren gar keinen Zettel mehr aus dem Automaten ziehen, sogar auf Schranken wird komplett verzichtet. Mithilfe eines Scanners wird beim Ein- und Ausfahren das Kennzeichen des Fahrzeugs gelesen und so automatisch die Parkdauer ermittelt. Hat der Nutzer am Ende bezahlt, kann die Fläche mit dem Fahrzeug nahtlos und ohne Anhalten wieder verlassen werden.
Allerdings müssen sich wohl einige Autofahrer erst noch an das moderne System gewöhnen. Und manch einer vermutet dahinter gar ein Abzocke-System. Denn wichtige Anweisungen seien oftmals auf Schildern nur im Kleingedruckten und damit nicht auf den ersten Blick sichtbar. Einer der Anbieter, die auch in der Region Parküberwachungen übernehmen, ist der „Mobility Hub Parkservice“, ein Unternehmen aus dem Raum München für digitale Abwicklung von Parktickets. „Das System berechnet automatisch die Parkdauer, ab dem Zeitpunkt, zu dem das Kennzeichen an der Einfahrt gescannt worden ist, und weist die entsprechende Parkgebühr bei Bezahlung am Automaten kurz vor der Ausfahrt aus“, erklärt kürzlich eine Sprecherin der „Mobility Hub Parkservice GmbH“ auf OVB-Nachfrage.
Anbieter: „Technik wird sehr gut angenommen“
Bezahlt der Parkende die Gebühr, könne er sich eine Quittung über den für die Parkdauer am Automaten bezahlten Betrag ausstellen lassen. Was in der Theorie logisch klingt, stellt dennoch zahlreiche Autofahrer vor Probleme. Und so führen vermeintliche Unklarheiten, etwa ob, wann und wie man zahlen muss, immer wieder zu besagten Vertragsstrafen. Allerdings hätten Parkende, die eine solche Post erhalten haben, laut der Unternehmens-Sprecherin generell die Möglichkeit, ihr Anliegen über ein Online-Portal zu erläutern. Zudem stehe grundsätzlich auch eine Kundenservice-Hotline zur Verfügung.
Während viele Autofahrer damit nicht zufrieden sind, kommt die Entwicklung beim Betreiber ganz anders an. „Erfahrungsgemäß wird die Technik sehr gut angenommen“, teilte die Sprecherin von Mobility Hub Parkservice ganz allgemein mit. Die Automaten verfügten über helle, Touchscreen-gesteuerte Bildschirme mit einfacher Menüführung und seien daher „für alle Nutzergruppen anwenderfreundlich“. Digitale, schrankenlose „Parkraummanagementsysteme“ seien vor allem in den skandinavischen Ländern bereits weit verbreitet. Auch in Deutschland kämen sie mehr und mehr zum Einsatz.
Wozu die Verbraucherzentrale rät
Doch klar ist auch, dass die jeweiligen Parkregeln durch Schilder deutlich sichtbar sein müssen und nicht alle Kosten zulässig sind, betont die Verbraucherzentrale Bayern. Wenngleich private Unternehmen etwa Supermarkt-Parkplätze überwachen und Falschparkende zur Kasse bitten dürften. Simone Bueb, Referentin für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Bayern, erklärte auf Anfrage, dass grundsätzlich Gebühren verlangt werden dürften, gleiches gelte auch für Vertragsstrafen bei Verstößen. „Diese Vertragsstrafen sind mit Strafzetteln im öffentlichen Raum zu vergleichen, können jedoch auch etwas teurer werden“, so Bueb.
„Auf privaten Parkplätzen kann teilweise auch eine höhere Strafe als angemessen zählen“, erklärte die Expertin. Ein erhöhtes Entgelt von 30 Euro als Untergrenze werde ihr zufolge vom Bundesgerichtshof als zulässig angesehen. Bei Fällen, in denen Autofahrer nach dem Bezahlen etwa zu lange brauchen, um die Parkfläche wieder zu verlassen, verweist sie auf Parkhäuser mit Schranken, in denen ebenfalls meist in den AGBs festgehalten ist, dass diese innerhalb von zehn bis 14 Minuten nach der Zahlung des Parkscheins verlassen werden müssen, da man ansonsten nicht mehr herausfahren kann. „Das ist auch grundsätzlich in Ordnung.“ Bueb rät Betroffenen jedoch, die Kostenzusammensetzung etwaiger Vertragsstrafen genau zu überprüfen. „Sollten hier bereits Mahngebühren oder Inkassokosten beinhaltet sein, so dürfen diese bei der ersten Rechnung noch nicht auftauchen.“