Frau wundert sich über „Vertragsstrafe“
Mahnung trotz Parkhaus-Zahlung? Was eine Brückmühlerin aufregt und wie die Reaktion ist
Kein Ticket ziehen und ohne Schranke ein und aus fahren. In immer mehr Parkhäusern werden solche modernen Systeme angewendet. Das Beispiel einer Bruckmühler Autofahrerin zeigt jedoch, worauf man unbedingt achten sollte.
Bad Aibling/Bruckmühl – Ticket ziehen war gestern. In immer mehr Parkhäusern haben sich die Nutzung und die Zahlungsabwicklung inzwischen deutlich verändert. So muss man in einigen Parkanlagen beim Einfahren gar keinen Zettel mehr aus dem Automaten ziehen, sogar auf Schranken wird komplett verzichtet. Mithilfe eines Scanners wird beim Ein- und Ausfahren das Kennzeichen des Fahrzeugs gelesen und so automatisch die Parkdauer ermittelt. Hat der Nutzer am Ende bezahlt, kann die Fläche mit dem Fahrzeug nahtlos und ohne Anhalten wieder verlassen werden.
Einige Autofahrer müssen sich jedoch erst noch an das moderne System gewöhnen. So berichtete etwa eine Autofahrerin aus Bruckmühl dem OVB von einem „Vorfall“, nachdem sie in einem Bad Aiblinger Parkhaus geparkt hatte. „Wir waren vor dem Parkautomaten gestanden und haben gerätselt, wie man das Ding benutzen muss“, erinnert sie sich an besagten Nachmittag. Zwar habe die Zahlung irgendwann doch geklappt, sie erhielt eine Quittung und fuhr aus der Garage. Aber: „Jetzt, vier Wochen darauf, erhalte ich eine ungerechtfertigte Mahnung per Post.“ Das Schreiben sei „extrem aggressiv formuliert“, sagt die Bruckmühlerin. Und das Schlimmste aus ihrer Sicht: „Es stimmt nicht.“
Quittung trotz unzureichender Bezahlung?
Denn laut eigenen Aussagen habe sie gezahlt und dafür auch eine Quittung erhalten. „Natürlich habe ich die Quittung aber nicht aufgehoben, wer tut das denn? Wie soll ich nun beweisen, dass ich bezahlt habe?“, fragt sich die verärgerte Autofahrerin. In dem Schreiben des Anbieters „Mobility Hub Parkservice“, einem Unternehmen für digitale Abwicklung von Parktickets, wird die Frau zur Zahlung einer „Vertragsstrafe“ von 53 Euro aufgefordert. Begründung: Die Parkkosten seien nicht in voller Höhe entrichtet worden.
Doch kann es wirklich sein, dass Parknutzer eine Quittung erhalten, obwohl sie nicht den vollen Betrag bezahlt haben? „Das System berechnet automatisch die Parkdauer, ab dem Zeitpunkt, zu dem das Kennzeichen an der Einfahrt gescannt worden ist, und weist die entsprechende Parkgebühr bei Bezahlung am Automaten kurz vor der Ausfahrt aus“, erklärt eine Sprecherin der „Mobility Hub Parkservice GmbH“ auf OVB-Nachfrage. Bezahlt der Parkende die Gebühr, könne er sich eine Quittung über den für diese Parkdauer am Automaten bezahlten Betrag ausstellen lassen. Der mögliche Knackpunkt: Ab dem Zeitpunkt der Bezahlung hat der Parkende in dem betroffenen Parkhaus 15 Minuten Zeit, die Parkfläche mit dem Fahrzeug wieder zu verlassen, erklärt die Sprecherin. Dies funktioniere analog zu einem klassischen Schrankensystem. „Erfolgt die Ausfahrt nicht innerhalb dieses Zeitfensters, registriert das System entsprechend eine ungenügende Zahlung.“
„Technik wird sehr gut angenommen“
Der Betroffenen selbst kommt diese Zeit zwar lange vor. Allerdings könne sie es nicht ausschließen, dass sie die 15 Minuten überschritten hat, da sie noch einem Ehepaar am Automaten geholfen habe. Laut der Unternehmens-Sprecherin hätten Parkende, die eine Vertragsstrafe erhalten haben, generell die Möglichkeit, ihr Anliegen über ein Online-Portal schnell und unkompliziert zu erläutern. Zudem stehe grundsätzlich auch eine Kundenservice-Hotline zur Verfügung. Die Bruckmühlerin hat den Vorfall jedenfalls auf der Firmen-Homepage aufgerufen und dort erfahren, dass sie einen Euro zu wenig bezahlt habe, erzählt sie.
Für die verärgerte Frau, die für ihre etwas mehr als eine Stunde andauernde Parkzeit nun im Nachgang tief in die Tasche greifen muss, bleibt der Ärger. Und ihrer Meinung nach sei sie nicht die einzige, die Schwierigkeiten mit dem modernen System habe. Anders kommt dies beim Betreiber an. „Erfahrungsgemäß wird die Technik sehr gut angenommen“, sagt die Sprecherin von Mobility Hub Parkservice ganz allgemein. Die Automaten verfügten über helle, Touchscreen-gesteuerte Bildschirme mit einfacher Menüführung und seien daher „für alle Nutzergruppen anwenderfreundlich“.
„Gute Erfahrungen“ in Aiblinger Parkgarage
Digitale, schrankenlose „Parkraummanagementsysteme“ seien vor allem in den skandinavischen Ländern bereits weit verbreitet. Auch in Deutschland kämen sie mehr und mehr zum Einsatz. „Viele Parkende sind mit der Funktionsweise bereits vertraut und haben den Paradigmenwechsel – heraus aus der physischen Welt mit Schranken und Tickets, hinein in die digitale Welt mit Kennzeichenerkennung und ohne umweltschädliche Papiertickets beziehungsweise Magnetstreifenkarten – verinnerlicht.“
Ein Eindruck, der sich auch bei den Verantwortlichen aus Bad Aibling breit macht. Seit April wird das moderne System etwa auch in der Parkgarage am Kellerberg eingesetzt und man habe bislang „sehr gute Erfahrungen gemacht.“ Das System funktioniere reibungslos gut und sollte doch mal ein Problem auftreten, verhielten sich die Systemanbieter äußert kulant und kundenfreundlich.
Was, wenn ich das Kennzeichen falsch eintippe?
Bleibt zu klären, was eigentlich passiert, wenn einem beim Eintippen des eigenen Pkw-Kennzeichens am Automaten etwa ein Zahlendreher unterläuft? Kein Problem, betont der Systemanbieter. „Um den Prozess noch stabiler und nutzerfreundlicher zu gestalten, schlägt der Automat nach Eingabe der ersten Ziffern bereits automatisiert das vollständige auf der Parkfläche eingeparkte Nummernschild vor, sodass dieses nur noch bestätigt werden muss“, erklärt die Sprecherin. Dadurch sei eine Fehleingabe nahezu ausgeschlossen.
Bei allem technischen Fortschritt ist das Erlebnis der Bruckmühler Autofahrerin, wenngleich es sich dabei nicht um den Regelfall handelt, freilich ärgerlich. Und ist eine solche Zahlungsaufforderung überhaupt verhältnismäßig? „Grundsätzlich darf hier natürlich eine Gebühr verlangt werden“, sagt Simone Bueb, Referentin für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Bayern. Gleiches gelte für eine Vertragsstrafe, sofern die Parkzeit wirklich um mindestens 15 Minuten überschritten wurde. „Diese Vertragsstrafen sind mit Strafzetteln im öffentlichen Raum zu vergleichen, können jedoch auch etwas teurer werden“, so Bueb. Für einfache Parkverstöße fielen hier Bußgelder von 25 Euro an. Auf privaten Parkplätzen könne teilweise auch eine höhere Strafe als angemessen zählen, erklärt die Expertin.
Überdies werde ein erhöhtes Entgelt von 30 Euro als Untergrenze vom Bundesgerichtshof nach einem Urteil von 2019 als zulässig angesehen. Laut Bueb stünde auch bei Parkhäusern mit Schranke meist in den AGB, dass diese innerhalb von zehn bis 14 Minuten nach Zahlung des Parkscheins verlassen werden müssen, da man ansonsten nicht mehr herausfahren kann. „Das ist auch grundsätzlich in Ordnung.“ Und die Referentin stellt klar: Vergleichbare Beschwerden, wie die im Falle der Bruckmühlerin, seien bislang nicht beim Verbraucherschutz eingegangen.