Rote Karte vom Landratsamt
Bad Aibling muss vier Millionen Euro einsparen: Was heuer geschoben und gekürzt wird
86,5 Millionen Euro Gesamtvolumen umfasst der Haushalt 2024 der Stadt Bad Aibling. Diese Summe lässt Kommunalpolitiker und Bürger gleichermaßen schlucken, stellt aber schon die abgespeckte Variante dar. Denn ohne Kürzungen hätte das Landratsamt das Zahlenwerk gar nicht genehmigt.
Bad Aibling – Mitten im zweiten Quartal: Die Stadt Bad Aibling ist spät dran mit der Verabschiedung ihres Haushalts für 2024. Dabei war das Zahlenwerk eigentlich schon im Januar fertig. Doch das Landratsamt Rosenheim, das den Etat genehmigen muss, machte da nicht mit. Zu sehr auf Kante genäht, die erforderliche Mindestzuführung zum Vermögenshaushalt, mit der die ordentliche Tilgung der Kredite gedeckt werden muss, wäre nicht erreicht worden. Nach der Überarbeitung liegt sie nun bei 3,27 Millionen Euro.
Die Behörde legte der Stadt eindringlich nahe, das Investitionsvolumen auf „unabweisbare Maßnahmen“ zu beschränken. Die geplante Aufnahme von Krediten in Höhe von 11,5 Millionen Euro sei zu hoch, sie müsse um vier Millionen Euro gekürzt werden. Ferner müsse die Stadt ein Konsolidierungskonzept erstellen.
Für Kämmerer Andreas Mennel bedeutete das eine weitere Herausforderung, wie Bürgermeister Stephan Schlier (CSU) konstatierte: „Aus den Reihen des Stadtrates kamen da keine maßgeblichen Vorschläge.“ Zugute kam der Stadt in diesem Fall der mittlerweile fortgeschrittene Zeitpunkt im Jahr: Die laut Bürgermeister und Kämmerer positive Entwicklung der Steuereinnahmen führte dazu, dass man die Erwartungen hier höher ansetzen konnte als ursprünglich geplant.
Landratsamt empfiehlt Erhöhung bei Gewerbesteuer
Hinzu kommt die vom Landratsamt dringend angeratene Erhöhung der Gewerbesteuerhebesätze von 380 auf 400 Prozentpunkte. Wobei es der Verwaltung wichtig ist zu betonen, dass die Einzelgewerbetreibenden hiervon „in den allermeisten Fällen“ nicht betroffen seien, weil diese die Steuermehrbelastung auf die Einkommensteuer anrechnen könnten.
So werden die Einnahmen aus der Gewerbesteuer heuer mit 13,5 Millionen statt wie ursprünglich mit 12,8 Millionen angesetzt, beim Einkommensteueranteil geht die Stadt nun von 15,3 Millionen statt 14,9 Millionen Euro aus. Zudem nutze man die rechtlich gegebene Möglichkeit, im Jahr 2024 tilgungsfrei zu bleiben, die Tilgung der Kredite also aufzuschieben.
Eine weitere Maßnahme ist die zeitliche Streckung geplanter Vorhaben beziehungsweise der Ausgaben dafür. Etwa bei den Schlammlagerplätzen der Kläranlage, für die statt 1,4 Millionen heuer nur 200.000 Euro vorgesehen sind. Oder die dortigen Betriebsanlagen, bei denen die geplanten Ausgaben von einer Million auf ebenfalls 200.000 Euro abgespeckt wurden. Angepasst wurde ferner der Kostenplanung für das Feuerwehrhaus Bad Aibling von 3,68 auf 2,46 Millionen Euro sowie der Investitionskostenzuschuss für das Moor- und Therapiezentrum von 500.000 Euro: Hier sind für heuer nur 10.000 Euro im Haushalt vorgesehen. Zudem wurden 270.000 Euro für die Anschaffung eines Bauhoffahrzeugs aus dem Haushalt für 2024 herausgenommen.
Auch bei der öffentlichkeitswirksamen Maßnahme „Fassadengestaltung des Bahnhofsgebäudes“ macht sich der Rotstift bemerkbar, wenn auch in bedeutend kleinerem Ausmaß: Von den ursprünglich vorgesehenen 40.000 Euro bleiben heuer 15.000 Euro übrig.
Noch einige heftige Brocken zu schlucken
Alles in allem Maßnahmen, die dazu führten, dass das Zahlenwerk bei der neuerlichen Besprechung im Landratsamt letztlich die Zustimmung fand. Denn es sind gewaltige Kosten zu stemmen. Zu den größten Brocken, die heuer anfallen, zählen noch einmal 5,8 Millionen für den Neubau der heuer bezogenen St.-Georg-Schule samt den 100.000 Euro für den Rückbau des Containerstandorts und 500.000 Euro für die Turnhalle.
1,8 Millionen sind für den derzeit laufenden Teilausbau der Ghersburgstraße inklusive deren Entwässerung vorgesehen. Die Großbaumaßnahme Feuerwehr Bad Aibling schlägt mit den erwähnten 2,46 Millionen Euro zu Buche. Wobei sich dieses Projekt ohnehin über einen langen Zeitraum streckt: Der letzte Bauabschnitt ist für das Jahr 2029 vorgesehen.
Berlinger Straßen werden ausgebaut
Weiterer großer Posten ist die Kindertagesstätte Harthausen-Ost mit 2,05 Millionen Euro für den Grunderwerb und 3,255 Millionen Euro für den Bau. 1,1 Millionen Euro sind für den Straßenausbau im Zuge der Dorferneuerung Berbling veranschlagt. Auch werde wohl eine Anpassung der Bestattungs- und Abwassergebühren erforderlich sein: Friedhof und Kläranlage müssen kostendeckend betrieben werden, weisen aktuell jedoch eine Unterdeckung auf. Die Kalkulationen bezüglich der Höhe der künftigen Gebühren laufen derzeit noch.
„Innerhalb weniger Jahre hat sich die Großwetterlage sehr gedreht“, meinte Bürgermeister Schlier hinsichtlich der Haushaltslage. So sei die Kreisumlage innerhalb von zwei Jahren um drei Millionen Euro – auf heuer 13,57 Millionen – gestiegen. Das Mehr von rund einer Million Euro bei den Personalkosten im Vergleich zu 2023 sei in erster Linie auf die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zurückzuführen. Diese machten sich auch beim Defizitausgleich bei den Kinderbetreuungseinrichtungen bemerkbar, der heuer mit 1,07 Millionen Euro fast doppelt so hoch wie im Vorjahr (von 595.000 Euro) veranschlagt wird.
„Unsere vorrangige Aufgabe ist es gerade, die großen Projekte zu Ende führen“, so Schlier. So soll der Straßenausbau in Berbling heuer über die Bühne gehen. Bereits fertig sei die Entwurfsplanung für das dortige Dorfgemeinschaftshaus, derzeit warte man auf die Baugenehmigung. Heuer sind 100.000 Euro für die 1,8 Millionen-Euro-Maßnahme im Haushalt eingestellt. Laut Kämmerer Mennel habe man aber zum einen noch Haushaltsreste aus 2023 in Höhe von 700.000 Euro dafür. Zum anderen werde der Bau mit 300.000 Euro staatlich gefördert und die Berblinger erbringen zudem noch Eigenleistungen (Höhe noch nicht beziffert).
Schulden von Stadt und Stadtwerken gemeinsam
Der Blick auf den Gesamtschuldenstand von Stadt und Stadtwerken weist zum 31. Dezember 2023 eine Summe von 52,17 Millionen Euro auf. Die Schulden der Stadt belaufen sich dabei auf 41,8 Millionen Euro, die der Stadtwerke auf 10,35 Millionen Euro. Damit liegt man laut Kämmerer 360,82 Prozent über dem Landesdurchschnitt vergleichbar großer Kommunen in Bayern (ohne Eigenbetriebe) beziehungsweise 275,48 Prozent (mit Eigenbetrieben). Die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung bei Gemeinden von 20.000 Einwohnern und mehr einschließlich Eigenbetriebe bezifferte er auf 920 Euro pro Einwohner, ohne Eigenbetriebe auf 563 Euro (Stand 31. Dezember 2021).
Sehr hohe Investitionen in vergangenen Jahren
Die im Vergleich zum Landesdurchschnitt hohe Verschuldung bei dem Eigenbetrieb Stadtwerke sei hier insbesondere begründet mit den hohen Investitionen beziehungsweise Investitionsförderungsmaßnahmen in den vergangenen Jahren, vor allem für die Freizeitanlage (Therme, Parkdeck), die Verkehrsbetriebe (Tiefgarage Stadtmitte), die Sanierung des Gebäudes Am Klafferer 4 (Stadtverwaltung) sowie den Maßnahmen in der Stadtmitte (Rathaus Marienplatz, Umgestaltung Marienplatz, Brücken Münchner Straße mit Glonn- und Mühlbachbrücke, Grund- und Mittelschule St. Georg).
Ein Drittel verweigert Zustimmung
Diese nackten Zahlen sorgten in den Reihen der Stadträte zum einen für ein ausdrückliches Lob für Stadtkämmerer Andreas Mennel für dessen schwierige Aufgabe, zum anderen aber auch für teils massive Kritik an einzelnen Posten, was sich auch darin niederschlug, dass rund ein Drittel des Gremiums die Zustimmung zu dem Zahlenwerk verweigerte (16:7 Stimmen, nach einer 10:1-Zustimmung im Hauptausschuss). Und auch das Konsolidierungskonzept für die kommenden Jahre sorgte für einigen Unmut aus unterschiedlichsten Gründen.