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71-jähriger Franzose lebt in Aiblinger Seniorenheim

„Kunst kennt kein Alter“: Ex-Starkoch startet in Aiblinger Heim als talentierter Maler durch

Yannick Dourdoigne zeigt sein Gewinnerbild, mit dem er sich gegen fast 600 andere Werke durchgesetzt hat.
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Yannick Dourdoigne zeigt sein Gewinnerbild, mit dem er sich gegen fast 600 andere Werke durchgesetzt hat.

Früher zauberte Yannick Dourdoigne in der Küche, heute lebt er seine Kreativität mit der Malerei aus. In einem Bad Aiblinger Seniorenzentrum steht sein Zimmer voller Bilder. Und plötzlich, mit 71 Jahren, wird darauf jemand aufmerksam.

Bad Aibling – „Das ist alles Fantasie in meinem Kopf“, sagt Yannick Dourdoigne und wirft einen Blick auf seine Werke. Mit einer Gehhilfe setzt er vorsichtig einen Schritt vor den anderen im Eingangsbereich der „Seniorenresidenz Ghersburg“ und nimmt auf einem Stuhl Platz. Die Bad Aiblinger Einrichtung ist seit einem Jahr die Heimat des Rentners, der zuvor in Bad Feilnbach zuhause war. Der bescheidene, freundliche Mann kommt eigentlich aus Frankreich, sein Beruf führte ihn jedoch schon vor vielen Jahren nach Deutschland.

Als anerkannter Koch arbeitete er in einem Münchener Restaurant, war zuvor bereits erfolgreicher Sternekoch in Südfrankreich. Auch dabei, sagt er, habe er schon immer viel Wert auf Ästhetik gelegt, also auf Kunst auf dem Teller. Speisen mussten stets harmonisch und ansehnlich angerichtet werden. Das „Malerische“ war ihm damals also schon nicht fremd. Einen Ausgleich suchte er zum kräftezehrenden Berufsalltag dennoch. „Ich habe schon als Jugendlicher, als 15-Jähriger, immer ganz gerne gemalt“, erzählt Dourdoigne. Später habe er die Malerei, neben dem Küchen-Stress, als wohltuende Verschnaufpause empfunden.

„Ich male zwei Aquarellbilder pro Tag“

Im Ruhestand hat Dourdoigne mittlerweile jede Menge Zeit, sich noch intensiver mit seiner künstlerischen Leidenschaft zu befassen. „Ich male zwei Aquarellbilder pro Tag“, sagt der 71-Jährige schmunzelnd, der sich von Aiblinger Natur und Gebäuden gerne inspirieren lässt. Sein Zimmer steht voller eigener Werke. Bilder von idyllischen Landschaften, Tieren, Kirchtürmen. Im Seniorenzentrum bleibt das nicht unbemerkt. „Natürlich kriegt man das mit und ich finde es super toll, dass er mit seiner Leidenschaft so viel Sinn in seinem Alltag findet“, sagt Heimleiterin Bettina Richter. Oft bedeuteten Heime einfach nur die „letzte Station“ für ihre Bewohner. „Das ist hier anders, hier wird es explizit gefördert, dass die Menschen wieder Sinn finden“, so Richter.

Mit Yannick Dourdoigne freuen sich auch die Heimleiterin Bettina Richter (links) und Irene Heuser, Geschäftsführerin des Sozialwerk Heuser.

Tatsächlich ist Yannick Dourdoigne mit seinem Talent genau am richtigen Ort gelandet. „Kunst kennt kein Alter“, sagt Mitinhaberin Irene Heuser. Das „Sozialwerk Heuser“, das bundesweit Seniorenzentren und sozialtherapeutische Einrichtungen führt, hat die Aiblinger Ghersburg-Residenz vor rund zehn Jahren übernommen. Die renommierte Architektin Irene Heuser ist selbst Kunsttherapeutin und weiß, wie wichtig Kunst für Menschen im Alter sein kann. „Kunst kann so eine heilende Wirkung haben, das wissen viele Menschen gar nicht“, erklärt sie und nennt Beispiele von Menschen, die teils erst mit über 90 Jahren ihre Leidenschaft für die Malerei entdeckt haben.

Gewinnerbild aus 600 eingereichten Werken

Heuser selbst inszeniert seit 18 Jahren die internationale Ausstellung „Kunst auf Bayerns Burgen“. Vor gut einer Woche wurden 600 Bilder an der Burg Lengenfeld in der Oberpfalz ausgestellt, wovon sich auch Politprominenz wie Bayerns Finanzminister Albert Füracker oder Familienministerin Ulrike Scharf überzeugen konnten. Mit der jährlichen Veranstaltung stellt das Sozialwerk Werke von psychisch und seelisch beeinträchtigten Künstlern sowie Hobbymalern aus der ganzen Welt aus. Eines dieser 600 Exemplare war das Gemälde von Yannick Dourdoigne. Ein Acrylgemälde, das eine Kapelle vor einer Berglandschaft zeigt. Mit seinem Werk, „das an den Bergen Frankreichs orientiert ist, aber ansonsten meiner Fantasie entstammt“, hat Yannick Dourdoigne die zehnköpfige Jury so begeistert, dass er dafür mit einem Gewinnerpreis ausgezeichnet wurde.

Ein Blick auf seine Werke: Vor allem Natur-Motive haben es Yannick Dourdoigne angetan.

Steckt in der Kunst des Franzosen und Wahl-Oberbayers also ein vielleicht noch größeres Talent? „Ich finde das Bild sehr zart, mit einem bestimmten Licht gemalt“, beurteilt Irene Heuser das Werk des „einst erfolgreichen Sterne-Kochs“. Es habe eine sehr weiche und harmonische Ausstrahlung, so die Expertin Heuser. Bei Dourdoignes Stil handele es sich um die sogenannte „Naiv-Kunst“. Seine Malerei zeichne sich durch eine „sehr gute Gliederung des Bildaufbaus“ aus.

Dourdoigne selbst war von dem Erfolg seines Bildes jedenfalls sichtlich überrascht. An seiner Herangehensweise will er deshalb aber nichts ändern und seinen Alltag weiterhin mit der Kunst ausfüllen. Durch Irene Heuser weiß der 71-Jährige jetzt allerdings, dass sich sein Talent deutlich von einfachen Hobbyzeichnungen absetzt. Und wer weiß, vielleicht werden seine Werke ja auch bald noch auf anderen Vernissagen ausgestellt.

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