Bad Aiblings langjähriger Stadtpfarrer feiert 90. Geburtstag
Warum Bibelstudium und Kreissäge für Geistlichen Rat Hans Holzner stets im Einklang standen
Knapp 40 Jahre prägte Geistlicher Rat Hans Holzner das Geschehen in der Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Bad Aibling. Am 28. Dezember wird er 90 Jahre alt. Warum Bibelstudium und Kreissäge für den äußerst beliebten Seelsorger zeitlebens keine unvereinbaren Gegensätze waren.
Bad Aibling - Sein Primizspruch, den er 1960 anlässlich seiner Priesterweihe im Freisinger Dom durch Kardinal Joseph Wendel wählte, sagt eigentlich alles über seine Vorstellung von priesterlichem Wirken aus. „Nicht Herren eures Glaubens sind wir, sondern Diener eurer Freude.“ Eine Prämisse, die für ihn auch heute noch gilt, obwohl er sich aus dem aktiven Dienst in der Kirche altersbedingt schon länger zurückgezogen hat. Bei Veranstaltungen der örtlichen Kolpingfamilie, deren Ehrenpräses er ist, und den Seniorennachmittagen in der Pfarrei ist er aber noch immer ein gern gesehener Gast und geschätzter Gesprächspartner.
Seit Jahrzehnten hohe Wertschätzung
Weltoffen, vielseitig interessiert, den Menschen zugewandt, gesellig, nach Konflikten stets versöhnungsbereit, fest im christlichen Glauben verankert, aber dennoch kritisch in der Beurteilung von manchen Entwicklungen oder unverrückbar erscheinenden Grundsätzen innerhalb der katholischen Kirche, denen er nicht sonderlich viel abgewinnen kann: So kennen die Gläubigen in Bad Aibling ihren langjährigen Pfarrer. Und genau wegen dieser Eigenschaften genießt er hier seit Jahrzehnten eine hohe Wertschätzung.
Die Wiege des Jubilars stand in Moosen an der Vils, wo er auch zur Volksschule ging. Sein Vater besaß eine Skifabrik an den Standorten Moosen und Hubenstein, in der zu Hochzeiten der Firma nach der Erinnerung des Geburtstagskindes knapp 100 Mitarbeiter beschäftigt waren. 1946 wechselte Holzner, der zusammen mit neun Geschwistern aufwuchs, an das Domgymnasium in Freising, wo er 1954 Abitur machte. Ebenfalls in Freising begann er anschließend sein Studium der Philosophie und der Theologie, nach dessen Abschluss er dort zum Priester geweiht wurde.
Bestandteil seines Studiums waren auch Vorlesungen bei Professor Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt, der vor seinem Wechsel nach Rom eine bedeutende Weiche im Berufsleben von Hans Holzner stellte. Er ernannte ihn als damals zuständiger Kardinal des Erzbistums München und Freising nach dem Tod von Holzners Amtsvorgänger Anton Pfäffl im September 1977 zum neuen Pfarrer von Mariä Himmelfahrt. Dort hatte er bereits seit Oktober 1965 als Kaplan gewirkt. So kam es, dass nach einigen Monaten mit Aushilfstätigkeiten in Wörth bei Erding, Großholzhausen und Stefanskirchen bei Ampfing, die unmittelbar nach der Priesterweihe folgten, und vier Kaplansjahren in St. Andreas in Trostberg Bad Aibling seine einzige Wirkungsstätte blieb.
Das war eigentlich nicht Brauch, dass man dort Pfarrer wird, wo man so lange als Kaplan gewirkt hat.
Eher ungewöhnlich für den Werdegang eines Priesters. „Das war eigentlich nicht Brauch, dass man dort Pfarrer wird, wo man so lange als Kaplan gewirkt hat“, sagt er. Dass das Ordinariat bei ihm eine Ausnahme machte, führt Holzner auf „zahlreiche Fürsprecher in der Stadt“ und auch auf den Einsatz von Anton Pfäffl zurück. „Er war ein guter Freund von mir, er hat mir viel geholfen.“ Als im Herbst 1977 klar war, dass er neuer Pfarrer von Mariä Himmelfahrt in Bad Aibling wird, war die Freude bei Holzner und den Aiblingern groß.
Enge und herzliche Verbindung
Der Seelsorger kannte die Stadt, seine Schäfchen waren ihm mit all ihren Ecken und Kanten nach seiner langen Kaplanszeit vor Ort bereits sehr ans Herz gewachsen. Er mochte die Menschen, und die Menschen mochten ihn. Wenn die Redensart auch eher unauffällig war, es war immer mit das schönste Kompliment für seine seelsorgerische Arbeit, wenn die Leute „von unserem Pfarrer“ sprachen. Ausdruck einer engen und herzlichen Verbindung, durchaus gepaart mit Hochachtung, die man sich verdienen muss.
Als Holzner nach Bad Aibling kam, war er für den damaligen Stadtpfarrer vom ersten Tag an eine große Stütze. Er widmete sich neben seiner Tätigkeit als Zelebrant in Mariä Himmelfahrt und den Filialkirchen in Ellmosen und Thann von Anfang an der Kinder- und Jugendarbeit, engagierte sich bei der Kolpingfamilie, im Frauenbund und war auch in den Reihen der Ministranten stets gern gesehen - beispielsweise bei Ausflügen oder einfach nur mal beim Kickern im Keller des Paulusheims. „Da ist es schon manchmal wild zugegangen“, erinnert er sich heute. Sich stets bescheiden im Hintergrund haltend, war er Pfarrer Anton Pfäffl auch eine große Stütze bei diversen Baumaßnahmen.
Keine Grobschätzung möglich
In seiner Aiblinger Zeit begleitete das Geburtstagskind unter anderem die Renovierung der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt, den Abriss des alten Pfarrstadels und den Neubau des Paulusheims. Die vielen Gottesdienste, Taufen, Trauungen und Beerdigungen während seiner Amtszeit kann er heute ob ihrer Fülle nicht mal mehr in einer Grobschätzung fassen. Das gilt auch für seine Präsenz bei zahlreichen Festen - angefangen von etlichen Fahnenweihen und Trachtenumzügen über die Wiedergründung der Gebirgsschützenkompanie Bad Aibling im Jahr 1980, deren Mitglied er ist, bis hin zu zahlreichen Feuerwehr-Jubiläen.
„Ich habe ihnen halt ein bisserl Praxis beigebracht“, erinnert sich der Jubilar an manches Gesicht, das während des Pastoralkurses ihm anvertraut war. Darunter waren Wolfgang Bischof, der heute als Weihbischof für die Seelsorgeregion Nord im Erzbistum München und Freising zuständig ist, sowie Wolfgang Huber, heute Präsident von Missio München. Missio ist ein international tätiges Hilfswerk der katholischen Kirche, das sich vorwiegend für benachteiligte Menschen in Afrika, Asien und Ozeanien einsetzt.
Goldene Ehrennadel der Stadt Bad Aibling
Die Stadt Bad Aibling ehrte den beliebten Geistlichen angesichts seines 40-jährigen Wirkens als Priester aufgrund seiner großen Verdienste mit der Goldenen Ehrennadel. Auch wenn er nach dem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2004 aus dem Pfarrhof auszog, ist er der Kirchengemeinde bis zum heutigen Tag eng verbunden. Noch bis 2015 half er in verschiedenen Pfarrgemeinden der Umgebung als Zelebrant von Gottesdiensten aus, wenn Not am Mann war.
Langweilig ist es Holzner in seinem langen Leben nie geworden. Die Liebe zur Musik - er spielte unter anderem Geige und Saxophon - und sein großes Interesse an bayerischer Geschichte gehören schon seit jeher zu seinen Steckenpferden. Für Skifahren und Bergwandern, vorwiegend in Südtirol und im Engadin, empfand er in früheren Jahren eine Vorliebe. Sportbegeistert ist er noch heute. Wenn die Möglichkeit besteht, schaut sich der bekennende FC Bayern-Fan im Fernsehen gerne Fußballspiele des Münchner Bundesligisten an. Nachrichten oder Dokumentationen zu verfolgen, um das aktuelle Weltgeschehen im Blick zu haben, ist für den Jubilar ebenfalls wichtig.
Feste Rituale
Sich auf seiner Eckbank in der Küche unter dem Herrgottswinkel niederzulassen und in Ruhe in der Bibel zu lesen, die Kirchenzeitung zu studieren, im Mangfallboten täglich die neuesten Informationen aus der Heimat zu erfahren oder das für Priester empfohlene tägliche Breviergebet sind weitere feste Rituale in Holzners Leben als Ruheständler.
Gottesdienst in Mariä Himmelfahrt
Anlässlich des 90. Geburtstages von Hans Holzner findet am Freitag, 29. Dezember, auf Initiative ehemaliger Ministranten ein Dankgottesdienst in der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Bad Aibling statt. Beginn ist um 18 Uhr. Alle Gläubigen sind zur Mitfeier eingeladen, ebenso zu einem kleinen Stehempfang im Paulusheim im Anschluss an die Messfeier.
Wenn man mit ihm über die aktuelle Krise der katholischen Kirche in Deutschland spricht, dann erlebt man ihn so wie all die Jahre seines priesterlichen Wirkens in Bad Aibling: als aufgeschlossenen Seelsorger, der beispielsweise im viel diskutierten synodalen Weg kein Werkzeug des Teufels erkennt. Im Gegenteil, er sieht ihn als legitimes und notwendiges Instrument, um die Kirche in eine gute Zukunft zu führen.
Die Kirche darf dem Zeitgeist nicht nachlaufen, mit der Zeit gehen muss sie aber schon.
„Die Kirche darf dem Zeitgeist nicht nachlaufen, mit der Zeit gehen muss sie aber schon“, sagt Holzner. Seine feinfühlig gewählte Form des Appells, sich Reformen nicht zu verschließen. Mit der nicht nur innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz heftig diskutierten Zulassung von Frauen zur Diakonatsweihe hätte Holzner kein Problem. „Die Kirche muss das Denken der Menschen ernstnehmen und sie an ihrem Leben teilhaben lassen. Alle sind Kinder Gottes“, so Holzners wohl abgewogene Worte, mit denen er sich für eine Abkehr von diesem Verbot ausspricht.
Eine Öffnung kann er sich auch bei der Abschaffung des Pflichtzölibats vorstellen. „Das ist ein Gebot der Kirche, aber keine biblische Verpflichtung, Wenn dieses Gebot der Kirche nicht mehr dient, dann muss man sich andere Möglichkeiten überlegen.“
Ein begnadeter Heimwerker
Sich als begnadeter Heimwerker in seiner bestens ausgestatteten Hobby-Werkstatt zu betätigen, bereitet dem 90-Jährigen noch heute viel Spaß. Kreissäge, Bandsäge, Hobelmaschine, Werkbank, ein Schutzhelm mit Visier und jede Menge Werkzeug zählen zu deren Ausstattung. Egal, ob er einen Kerzenhalter schnitzt oder kurz vor Weihnachten Tannenzweige auf von ihm selbst passend ausgeschnittenen Holzlatten montiert - auch das sind Dinge, die ihm noch immer Erfüllung im Tagesablauf schenken. Spiritualität und Handwerk als Kombination, für Holzner sind das bis heute keine unvereinbaren Gegensätze.
Fragt man nach seinen Wünschen für die ihm noch bleibende Lebenszeit, wird das große Gottvertrauen spürbar, das ihn neun Jahrzehnte geprägt hat. „Der Herrgott wird es schon richten. Es wäre schön, wenn er mir noch ein bisserl Gesundheit und Teilhabe am Leben schenkt.“
