Wie die Polizei mit Tierangriffen umgeht
„Das ist Rufmord“: Beschuldigte Hundehalter wehren sich nach Vorfall in Bad Aibling
Nachdem ein Bad Aiblinger andere Hundehalter wegen ihres „unverantwortlichen Verhaltens“ anzeigen wollte, melden diese sich nun schockiert zu Wort. Sie werten die Vorwürfe als üble Nachrede. Was hinter dem Streitfall steckt.
Bad Aibling – Was zunächst nach einer Auseinandersetzung zwischen Hunden aussah, wird nun zum heftigen Streit zwischen deren Haltern, die sich gegenseitig mit Vorwürfen belasten. Vor einigen Wochen wandte sich Peter Mohr aus Mietraching an die Redaktion und berichtete von einem Vorfall, bei dem seine kleine Hündin „Kimmy“ Opfer eines Angriffs zweier größerer Hunde geworden sein soll. Sein Vorwurf: Die Hundehalter hätten nichts unternommen, als die unangeleinten Tiere ungehalten auf seinen Hund zurannten und ihn mit Bissen verletzt hätten. Mohr sprach von „unverantwortlichem Verhalten“ und schaltete sogar die Polizei ein. Es kam jedoch nicht zur Anzeige, da kein Mensch zu Schaden kam.
Daraufhin meldeten sich nun die beschuldigten – aus ihrer Sicht „diffamierten“ – Hundehalter zu Wort und zeigten sich gegenüber den OVB-Heimatzeitungen schockiert über die Behauptungen. Sie sprechen von „Rufmord“, „Lüge“ und „Verleumdung“. Mohrs Schilderungen entsprächen nicht der Wahrheit, vielmehr stecke dahinter wohl ein perfider Plan. Denn auch wenn Mohr keine Namen nannte, lasse seine beschriebene Kombination der Hunde einen eindeutigen Rückschluss auf die Halter zu. Und stelle diese ganz gezielt an den Pranger.
„Beide Hunde wurden abgerufen und folgten“
Eine der beschuldigten Hundehalter (sie möchten namentlich nicht genannt werden) erinnert sich noch gut an den besagten Nachmittag. „Wir gehen dort oft spazieren“, sagt die Frau. Wie auch an diesem Tag treffe man oft auf Peter Mohr und seine Hündin. Auch die Tiere würden sich kennen. Richtigstellen will die Frau, dass die zwei beteiligten Hunde zwei verschiedenen Haltern gehören. Die Schilderung Mohrs leite jedoch den Fokus auf nur eine Hundehalterin. Diese besitze zwar zwei Hunde, jedoch sei davon nur einer an dem Vorfall beteiligt gewesen. Die Beschreibung – „Bobtail oder Schäferhund ähnliche Hunde“ – sei irreführend und beeinflusse mit Unwahrheiten gezielt die Meinung von Unbeteiligten.
Und auch den besagten Nachmittag habe sie ganz anderes erlebt. Denn als ihr Hund sowie der Hund eines weiteren Anwesenden damals zu Kimmy rannten, hätten sich die Tiere lediglich angebellt und angeknurrt, es sei zu keinem Angriff oder gar zu Verletzungen gekommen. „Beide Hunde wurden abgerufen und folgten“, beteuert sie. Den Vorwurf, sie hätten sich als Halter nicht gekümmert, bestreitet die Bad Aiblingerin. „Ich bin sofort hingelaufen und habe Herrn Mohr aus der Entfernung gewunken, sodass er wartet.“ Doch dieser sei zunächst hinter einem Hügel verschwunden, hätte kein Interesse an einer Klärung gezeigt, da nichts weiter passiert sei, so die Frau. Stattdessen habe dieser direkt die Polizei gerufen und als er zurückkam, laut geschrien, drohend gestikuliert und die Autos fotografiert. Ähnliches habe sich in den Folgetagen wiederholt.
Wegen Schäferhund und Glatze in „rechte Ecke“ geschoben?
Doch was steckt hinter dem Streitfall? Laut der beschuldigten Hundehalter sei Kimmys Besitzer in der Vergangenheit schon mehrfach negativ aufgefallen. Immer wieder hätte er ordinäre Bemerkungen über sie und ihren Ehemann geäußert, sagt die Bad Aiblingerin. Und weil sie einen Schäferhund besitzt und ihr Ehemann eine Glatze hat, hätte er sie gleich „in die rechte Ecke“ geschoben. Hinzu seien haltlose Beleidigungen und Drohungen gekommen.
Eine ebenfalls beteiligte ältere Hundebesitzerin könne seit dem Vorfall keine Nacht mehr ruhig schlafen, erklärt sie gegenüber der Redaktion. Zu schockiert sei sie von den Lügen, die ihr und der anderen Hundehalterin entgegengebracht wurden. Und sie bemerkt: „Wir Hundehalter werden regelmäßig von ihm beobachtet, er ist ‚zufällig‘ immer da, wenn wir unterwegs sind. Wenn er unsere Hunde fürchten müsste, dann ist es unverständlich, warum er immer da spazieren geht, wo er auf uns trifft.“
Aussage gegen Aussage
Der Streit zwischen den Hundehaltern droht zu eskalieren. Unterm Strich steht Aussage gegen Aussage. Indes meldete sich ein weiterer Betroffener, der vor etwa einem Jahr von Kimmy gebissen worden sei. Wie aus dem Nichts habe Kimmy seine Hündin damals angegriffen und schließlich ihm selber in den Unterschenkel gebissen. Er musste ins Krankenhaus und bekam anschließend wegen einer Entzündung Antibiotikum, erzählt der Hundehalter. Eine Entschuldigung habe er dafür nie erhalten, auch deshalb bereut er es im Nachhinein, keine Anzeige erstattet zu haben. Der Mann ärgert sich vor allem über die jüngste Aussage, wonach Hündin Kimmy keiner Fliege etwas zuleide tun könne.
Mohr selbst bestätigt diesen Vorfall auf erneute OVB-Nachfrage. Seine Kimmy habe einem anderen Hundehalter im vergangenen Jahr tatsächlich ins Bein gebissen, jedoch erst, nachdem das Tier getreten worden sei. Auf die jüngsten Vorwürfe zum Vorfall im Februar reagierte der 60-Jährige indes verwundert. „Das stimmt hinten und vorne nicht.“ Er wisse nicht, woher die besagten Hundehalter diese Aussagen nehmen. Zum einen habe er sich den Angriff, bei dem Tierarztkosten von über 370 Euro entstanden seien, nicht ausgedacht. Zum anderen seien die beschuldigten Hundehalter viel zu weit weg gewesen, um den Vorfall genau beurteilen zu können.
Mohr stellt klar: „Mir geht es nicht darum, irgendjemanden an den Pranger zu stellen.“ Ihm gehe es um die Hunde und darum, dass ein solcher Vorfall nicht noch einmal passiert – „deshalb müssen solche Hunde angeleint werden“. Dass es seinerseits in der Vergangenheit zu Beleidigungen gekommen sei, bestreitet er nicht. „Aber nur, weil ich blöd von der Seite angemacht wurde“, betont Mohr. Er hofft nach wie vor darauf, dass er über seinen Anwalt zumindest die Tierarztkosten erstattet bekommt. Ansonsten werde man sich auch in Zukunft aus dem Weg gehen, ist er sich ob der verhärteten Fronten sicher.
Polizei erklärt wichtige Unterscheidung
Klar ist: Wenn ein Mensch durch einen Hund verletzt wird, ist die Rechtslage meist eine andere als bei „Hund gegen Hund“. Auch wenn das Polizeipräsidium Oberbayern Süd auf Nachfrage mitteilt, dass Fragen nach der Ahndung „juristisch nicht mit einer klaren ‚Schwarz-weiß‘-Trennung“ zu beantworten seien. Der Angriff „Hund gegen Hund“ stelle jedenfalls keine Straftat dar. Oftmals werde von den Polizei-Dienststellen ein Vermerk gefertigt und an die zuständige Gemeinde übermittelt. So unterstütze die Polizei folglich die Gemeinden im Rahmen der Amtshilfe, erklärt eine Polizeisprecherin.
Anders sieht es bei einem Hundeangriff gegen einen Menschen aus. „Durch die Sorgfaltspflichtverletzung kann sich der Hundehalter grundsätzlich einer fahrlässigen Körperverletzung strafbar machen“, erklärt die Polizeisprecherin. Zudem hafte der Halter des Tieres auch beispielsweise für entstandene Schäden.