Sahen die Besitzer tatenlos zu?
„Sonst wäre Kimmy jetzt tot“ – Aufregung nach Hunde-Attacke in Bad Aibling
Als seine Kimmy von zwei großen Hunden attackiert und gebissen wird, greift Peter Mohr aus Bad Aibling schockiert ein. Nach Besuchen beim Tierarzt und der Polizei will der 60-Jährige die Hundehalter zur Verantwortung ziehen. Warum das kompliziert ist und was Betroffene tun können.
Bad Aibling – Ihm fehlen noch immer die Worte. Wenn Peter Mohr aus Bad Aibling über den Vorfall spricht, ist ihm der Schock auch Tage danach anzumerken. Denn ein Spaziergang mit seiner Hündin Kimmy im Ortsteil Mietraching am vergangenen Freitag endete letztlich beim Tierarzt und bei der Polizei. Und Mohr betont im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen: „Hätte ich nicht eingegriffen, wäre sie jetzt tot.“ Auch anhand dieses Beispiels erklärt die Polizei nun auf Nachfrage, was Hundehalter in vergleichbaren Fällen tun können und warum die Rechtslage nicht immer eindeutig ist. Doch der Reihe nach.
Der 60-jährige Bad Aiblinger war an diesem Tag mit seiner kleinen Kimmy, ein Malteser- und Shih-Tzu-Mischling, auf einer großen Wiese spazieren. Er leinte das sechs Jahre alte Tier, „das keiner Fliege etwas zuleide tun kann“, an, als er aus weiter Entfernung mehrere Menschen sah, die mit großen unangeleinten Hunden unterwegs waren. Laut Peter Mohr sind diese Hundehalter aufgrund des aggressiven Verhaltens ihrer Tiere keine Unbekannten in der Umgebung.
Schäferhund packt Kimmy am Kragen
Als sich die zwei größeren Hunde – laut Mohr ein Schäferhund sowie ein bobtail-ähnlicher schwarz-weiß gemusterter Hund – plötzlich zum ersten Mal näherten, habe er seine Hündin schützend auf den Arm genommen. Als er sich anschließend mit Kimmy wegbewegte, seien die zwei größeren Tiere erneut angerannt gekommen. Diesmal habe Mohr nicht mehr damit gerechnet, dieses Mal schnappten sie sich seine Hündin.
„Kimmy hat sich gewehrt, sodass mir die Leine aus der Hand gerutscht ist“, erinnert sich Mohr. Wenige Augenblicke später habe der Schäferhund seine Kimmy dann schon „am Kragen gepackt. Hätte er sofort zugebissen, wäre sie jetzt tot“, so der 60-Jährige. Ihm sei es dann glücklicherweise gelungen, dazwischen zu gehen und sie wieder hochzunehmen. Neben der Angst um sein Tier habe sich dann auch große Verärgerung breitgemacht. „Die Hundehalter schauten tatenlos zu, lachten und haben nur hergewunken“, erzählt Mohr.
„Ich soll nicht so ein Fass aufmachen“
„Kimmy ging beziehungsweise geht es schlecht“, erzählt Mohr, was später auch vom Tierarzt bestätigt worden sei. Schwere Schwellungen, Prellungen „und vor allem ein starker Schock“ hätten unter anderem mehrere Spritzen notwendig gemacht. Zuvor, noch am Ort des Geschehens, hatte Mohr überlegt, wie er am besten vorgehen könnte. Als er Fotos der Hundehalter sowie von deren Autokennzeichen machte, zeigten diese sich weniger erfreut. Und als er die Polizei anrief, hatten sie ihren Hunden bereits Leinen angelegt.
„Durch die Sorgfaltspflichtverletzung kann sich der Hundehalter grundsätzlich einer fahrlässigen Körperverletzung strafbar machen“
Aber: „Die Polizei sagte mir am Telefon, dass ich die Hundehalter aufhalten soll, bis die Streife da ist“, erzählt Mohr und ergänzt: „Als ich das versucht habe, sagten diese nur, ‚ich soll nicht so ein Fass aufmachen‘, dann sind sie weggefahren.“ Später auf der Polizeiwache habe Mohr dann Anzeige erstatten wollen, denn einem solch „rücksichtslosen Verhalten“ müsse nachgegangen werden.
„Hund gegen Hund“: Keine Straftat
Doch die Sachlage ist kompliziert. Offensichtlich könne er keine Anzeige erstatten, da er selbst nicht von den Hunden angegriffen wurde, beklagt der 60-Jährige. Die Polizeiinspektion Bad Aibling bestätigte auf Nachfrage, dass es einen großen Unterschied mache, ob ein Mensch betroffen ist oder ob es sich um „Hund gegen Hund“ handele. Die PI verwies jedoch auf das Polizeipräsidium Oberbayern Süd.
Dort erklärte eine Sprecherin, dass die Frage nach der Ahndung „juristisch nicht mit einer klaren ‚Schwarz-weiß‘-Trennung“ zu beantworten sei. Grundsätzlich gingen viele Hundehalter nach einem solchen Vorfall zur Polizei, was absolut verständlich sei. „Jedoch stellt der Angriff ‚Hund gegen Hund‘ keine Straftat dar.“ Oftmals werde von den Dienststellen ein Vermerk gefertigt und an die zuständige Gemeinde übermittelt. So unterstütze die Polizei folglich die Gemeinden im Rahmen der Amtshilfe. „Der betroffene Hundehalter kann sich aber auch direkt an die Gemeinde wenden, die dann wiederum im angesprochenen Rahmen der Amtshilfe gegebenenfalls auf die Polizei zurückgreifen wird.“
Was regelt die Lärm- und Haustierverordnung der Stadt Bad Aibling?
Ein Beispiel, so das Polizeipräsidium, wäre etwa die Erstellung eines Gutachtens zur Prüfung der Gefährlichkeit eines Hundes. Prinzipiell regele unter anderem das Landesstraf- und Verordnungsgesetz die Haltung von Hunden und die Zuständigkeit der Gemeinden. Wenn es nun zu einem entsprechenden Vorfall gekommen ist, „können also gegen den Hundehalter Auflagen erlassen werden, wie zum Beispiel Leinen- oder Maulkorbpflicht“, erklärt die Sprecherin.
In der Lärm- und Haustierverordnung der Stadt Bad Aibling ist geregelt, dass große Hunde in öffentlichen Anlagen, insbesondere in Garten- und Parkanlagen sowie auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen mit erheblichem Fußgängerverkehr an einer reißfesten Leine (keiner Laufleine) gehalten werden müssen. „Maulkorbzwang kann durch Einzelanordnung festgesetzt werden“, heißt es darin.
Anwalt soll rechtliche Möglichkeiten prüfen
Große Hunde, so die Verordnung, sind Hunde mit einer Schulterhöhe von mindestens 50 Zentimeter. Dazu gehörten etwa erwachsene Hunde der Rassen Schäferhund, Boxer, Dobermann, Rhodeshian Ridgeback und Deutsche Dogge. Klar ist jedenfalls: „Hund gegen Hund“ stellt zunächst keine Straftat dar, da ein Hund keine Sachbeschädigung begehen kann, so die Polizei. Anders sieht es bei einem Hundeangriff gegen einen Menschen aus.
„Durch die Sorgfaltspflichtverletzung kann sich der Hundehalter grundsätzlich einer fahrlässigen Körperverletzung strafbar machen“, erklärt die Polizeisprecherin. Zudem hafte der Halter des Tieres auch beispielsweise für entstandene Schäden.
Setzt der Hundehalter sein Tier vorsätzlich als „Waffe“ ein und hetzt dieses auf einen Menschen, sei auch der Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung zu prüfen. Dies ist im Falle der kleinen Kimmy und Herrchen Peter Mohr nicht geschehen. Dennoch will sich Mohr nicht damit zufriedengeben und hat bereits einen Anwalt eingeschaltet. „Er prüft jetzt, ob es doch noch Möglichkeiten gibt“, sagt Mohr, der etwa die Tierarztkosten einklagen möchte.
Erinnerung an Alpaka-Tod nach Hundeangriff
Das Thema weckt Erinnerungen an einen Fall vor über drei Jahren. Damals starb ein Alpaka-Hengst einer Schul-AG des Bad Aiblinger Dietrich-Bonhoeffer-Bildungs-Campus (DBBC) nach einem Bissangriff. Das Tier hatte die Attacke eines freilaufenden Hundes nicht überlebt. Dieser war in die eingezäunte Weide eingedrungen und verletzte das Alpaka schwer. Der Hinterlauf wurde dabei komplett durchgebissen. Nach Rücksprache mit Tierärzten musste das Tier eingeschläfert werden.