Im Landkreis Rosenheim
Aus für „AIB“ und „WS“-Kennzeichen vor 50 Jahren – nur um fast 40 Jahre später wiederzukehren
Vor 50 Jahren schien es besiegelt: Die ehemaligen Landkreise Bad Aibling und Wasserburg am Inn würden langfristig auch in Form der Altkennzeichen „AIB“ und „WS“ verschwinden. Wie ein Blick ins Zeitungsarchiv verrät, begann damals das Landratsamt Rosenheim, nur noch „RO“-Kennzeichen auszuhändigen. Doch nach mehreren Jahrzehnten sollten die Kennzeichen wieder zurückkehren.
Bad Aibling/Rosenheim/Wasserburg am Inn - „Gut zwei Jahre ist die Gebietsreform alt. Bis zum gestrigen Freitag wurden bei den Außenstellen Wasserburg und Bad Aibling der Kraftfahrzeug-Zulassungsstelle des Landratsamtes Rosenheim immer noch Autonummernschilder mit den Aufschriften ‚WS‘ und ‚AIB‘ für die Bereiche der früheren Landkreise Wasserburg und Bad Aibling ausgegeben“, berichtet das Oberbayerische Volksblatt (OVB) in seiner Ausgabe vom Samstag, den 10. August 1974, „Eine Entscheidung des Bundesverkehrsministers war notwendig, um die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß nunmehr für das ganze Gebiet des Großlandkreises Rosenheim einheitlich Nummernschilder mit der Landkreisbezeichnung ‚RO‘ ausgehändigt werden können.“
„Wie das Landratsamt Rosenheim mitteilt, werden ab Montag, 12. August, auch bei den Außenstellen Wasserburg und Bad Aibling ebenso wie bisher schon bei der Kfz-Zulassungsstelle in Rosenheim nur noch Kennzeichen mit der Aufschrift ‚RO‘ ausgegeben.“ Wer noch „WS“ oder „AIB“-Kennzeichen habe, dürfe diese behalten, bis das Fahrzeug gelöscht oder beispielsweise verkauft werde. „Durch die Neuregelung entsteht also niemand eine Mehrausgabe.“ Damit schien es besiegelt: Die beiden Altlandkreise würden auch in der Form von Kennzeichen verschwinden.
Aus für „AIB“ und „WS“-Kennzeichen vor 50 Jahren im Landkreis Rosenheim - Nur um fast 40 Jahre später wiederzukehren
Die "wichtigste innenpolitische Aufgabe dieser Legislaturperiode" nannte der damalige Ministerpräsident Alfons Goppel die "Gebietsreform zur Neugliederung Bayerns in Landkreise und kreisfreie Städte" in seiner Regierungserklärung vom 25. Januar 1967. Tatsächlich brachte die Reform einiges an Veränderungen. Die Zahl der Gemeinden wurde von 7004 auf 2050, jene der Landkreise von 143 auf 71 reduziert."Eine strapaziöse Aufgabe“ sei das gewesen, erinnerte sich der "Architekt" der Gebietsreform, der 2013 verstorbene ehemalige Innenminister Bruno Merk, die Folge sei ein Hörsturz gewesen. Denn nicht nur auf der höheren politischen Ebene erzeugte die Reform Widerstand. Auch nicht wenige Gemeinden hatten etwas gegen die resultierenden Maßnahmen einzuwenden, auch in der Region.
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Gleich zwei Gemeinden im ehemaligen Landkreis Wasserburg gehörten zu den Kommunen, die Widerstand leisteten. Jahrelanger Widerstand und zahlreiche Verhandlungen waren nötig, dann erhielt Albaching Anfang 1994 seine Selbständigkeit zurück. Statt in Pfaffing eingegliedert zu werden, bildet es nun mit der Nachbargemeinde eine Verwaltungsgemeinschaft. Den juristischen Weg wählte dagegen die Gemeinde Edling. 1981 entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof, dass in diesem Fall die Eingemeindung nichtig war. Seitdem ist Edling wieder eine selbständige politische Gemeinde.
2013 kommen die Altkennzeichen zurück
Doch zurück zu den Altkennzeichen: Jahrzehntelang schienen diese eine aussterbende Spezies zu sein. Bis Anfang der 2010er-Jahre. „Zu finden ist das Nummernschild mit ‚AIB‘ noch an einigen Oldtimern und auch nur solange diese noch fahrtüchtig sind. Eine Initiative von zwölf Städten fordert jetzt die Wieder-Einführung der alten Bezeichnung. Aktuell sind noch 676 Fahrzeuge mit einem AIB-Kennzeichen auf den Straßen des Landkreises unterwegs - hauptsächlich Oldtimer“, berichtete der Mangfallbote im Februar 2011.
„Die Menschen wollen sich mit ihrer Stadt und ihrer Heimat identifizieren. Ein ‚WS‘- oder ‚AIB‘-Kennzeichen ist sozusagen ein Symbol für die Heimatstadt“, appellierte Professor Ralf Borchert von der „Heilbronner Initiative Kennzeichenliberalisierung“ , die sich für eine Rückkehr der alten Kennzeichen stark machte. Nachdem sich die CSU-Landtagsfraktion den Forderungen wiedersetzte landete das Thema schließlich beim Bund. 2013 war es dann soweit, dass wieder „AIB“ und „WS“-Kennzeichen ausgegeben wurden:„Wie Bayerns Verkehrsminister Zeil sagte, handle man nach dem Wunsch der Bürger und berücksichtige zugleich die Interessen der Landkreise. Man verändere keine Verwaltungszuständigkeit und vermeide zusätzlichen bürokratischen und finanziellen Aufwand. Die Bürger haben Wahlfreiheit, wenn Kreis oder kreisfreie Stadt zugestimmt haben.“
Auch weitere Landkreise bringen Altkennzeichen zurück
„Etwa jedes sechste in den vergangenen zwölf Monaten ausgegebene Kfz-Kennzeichen im Landkreis Rosenheim begann mit den Buchstabenkombinationen ‚WS‘ oder ‚AIB‘“, teilte dann das Landratsamt nach dem ersten Jahr mit. Etwas länger würde es andernorts in der Region dauern bis die Landkreise Berchtesgadener Land, Altötting, Traunstein und schließlich auch Mühldorf am Inn alte Kennzeichen wieder einführten.
Darunter auch das Kennzeichen des ehemaligen Landkreises Laufen. „Da in der Vergangenheit immer wieder der Wunsch an mich herangetragen wurde, das Altkennzeichen ‚LF‘ wiederzubeleben, habe ich mich dazu entschlossen, auch unseren Bürgerinnen und Bürgern diese Wahlmöglichkeit einzuräumen“, begründete dies damals Altöttings Landrat Erwin Schneider. Es sei ein "Ausdruck der Verbundenheit zur Region Wasserburg", betonte wiederum Haags Bürgermeisterin Sisssi Schätz als es zur Entrrscheidung im Mühldorfer Kreistag kam. (hs)