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Mit 85 Jahren ist Schluss

Über 50 Jahre Altmaterial-Sammler: Das hat Hans Schweiger auf seinen Runden durch Bad Aibling erlebt

Als ehrenamtlicher Altmaterial-Sammler der Kolpingfamilie Bad Aibling hat Hans Schweiger nach 55 Jahren aufgehört. Im Zwischenlager, das sich im ausgedienten Anbindestall seines Bauernhofes befindet, sieht der 85-Jährige noch immer nach dem Rechten und sorgt für Ordnung.
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Als ehrenamtlicher Altmaterial-Sammler der Kolpingfamilie Bad Aibling hat Hans Schweiger nach 55 Jahren aufgehört. Im Zwischenlager, das sich im ausgedienten Anbindestall seines Bauernhofes befindet, sieht der 85-Jährige noch immer nach dem Rechten und sorgt für Ordnung.

55 Jahre hat Hans Schweiger als Mitglied der Kolpingfamilie ehrenamtlich Altkleider und Altpapier im Bad Aiblinger Stadtgebiet gesammelt. Mit 85 Jahren hat er sich jetzt zur Ruhe gesetzt und erinnert sich schmunzelnd daran, warum das Sammelgut einmal teilweise wieder abgeladen werden musste.

Bad Aibling - „Ich habe halt einfach ohne zu zögern mitgemacht“, sagt der in Holzhausen vor den Toren der Stadt auf einem Hof lebende Landwirt über die Anfänge seines jahrzehntelangen ehrenamtlichen Engagements. Jakob Liegl, langjähriger Vorsitzender der Bad Aiblinger Kolpingfamilie und damals Leiter der Caritas in der Kurstadt, hatte 1969 die Idee zu diesen Sammlungen. Sie sind mittlerweile fester Bestandteil im Jahresprogramm des Vereins.

Geld für soziale Zwecke zusammenzubringen, das war von Anfang an der Leitgedanke, der hinter der Aktion stand. Hans Schweiger hat als Mann der ersten Stunde einen erheblichen Anteil an der mittlerweile sechsstelligen Summe, die die Kolpingfamilie in all den Jahren mit ihrem Engagement erlöst hat.

Obwohl die Preise für Papier und Kleidung immer schwankten und vor Jahren eine extreme Talsohle erreicht hatten, war für den vierfachen Familienvater und die anderen Kolping-Sammler stets klar. „Aufgeben kommt nicht in Frage.“ Auch nicht zu jener Zeit, als die Einführung der sogenannten Blauen Tonne die Sammelmenge gewaltig nach unten drückte. Seit es sie gibt, können die Haushalte im Landkreis Rosenheim ihr Altpapier bequem kostenlos entsorgen und zu Hause abholen lassen. „Das haben wir deutlich gespürt“, erinnert sich Schweiger rückblickend.

Mit Bulldog und Anhänger unterwegs

Wie viele tausend Tonnen Papier und Kleidung der gelernte Landmaschinenmechaniker im Laufe der Jahre in dem ihm zugeteilten Abschnitt der Stadt gesammelt hat, kann er nicht genau beziffern. Die Zahl der zurückgelegten Kilometer schon eher, die er mit „sicherlich über 5000“ angibt. Bei den Sammlungen, die noch heute im Frühjahr und im Herbst stattfinden, war er stets mit seinem Bulldog samt Anhänger im Stadtgebiet unterwegs.

Schweiger fuhr den Traktor, in der Regel zwei Helfer übernahmen mit ihm das Aufladen des Sammelgutes. Seine Route, auf der er mehr als fünf Jahrzehnte unterwegs war, liegt im südlichen Stadtgebiet. Sie umfasste im Wesentlichen einen Abschnitt der Willinger-, die Kanal-, Wendelstein-, Heuberg-, Mangfall- und Schwarzenbergstraße sowie einige Nebenstraßen in dem Wohngebiet.

Wir hatten einfach keine Zeit zum Ratschen und mussten schauen, dass wir vorankommen.

Hans Schweiger

Dass er die anfallenden Spritkosten stets selber trug, war für ihn Ehrensache. Ebenso, dass er darauf auch den vollen Satz der anfallenden Mineralölsteuer entrichtete. „Der verbilligte Agrardiesel wird ja nur gewährt, wenn das Fahrzeug landwirtschaftlich genutzt wird. Ich wollte da keine Tricksereien“, sagt Schweiger.

Viel Kontakt mit den Menschen, die ihr Sammelgut am Straßenrand platziert hatten, habe sich bei den Touren nicht ergeben. „Wir hatten einfach keine Zeit zum Ratschen und mussten schauen, dass wir vorankommen“, so Schweiger. In den Anfangsjahren fiel stets so viel Sammelmaterial an, dass er die Stadtrunde zweimal drehen musste.

Wenig Freude über doppelte Arbeit

Dass die Kolping-Sammler in den Anfangsjahren seines ehrenamtlichen Engagements einmal doppelte Arbeit hatten, daran erinnert sich Hans Schweiger noch heute. Damals war es so, dass die am Bad Aiblinger Güterbahnhof mit Altmaterial beladenen Waggons zunächst mit einer Rangierlok zum Bahnhof nach Rosenheim gezogen wurden.

Dort befand sich im Gegensatz zu Bad Aibling eine Waage, mit der festgestellt werden konnte, ob das Gewicht passte, um den Waggon mit einem Güterzug transportieren zu können. Als die Waage eines Tages eine Überladung anzeigte, erwies sich der Lokführer als sehr umsichtig, auch wenn dieser Umstand den Sammlern wenig Freude bereitete.

Er weigerte sich, den Waggon mit Altpapier und Altkleidern an die Lok anzuhängen. Gerade fertig mit ihrer Arbeit, musste einige der Ehrenamtlichen nochmals ran. „Wir mussten notgedrungen zum Rosenheimer Bahnhof fahren, einen Teil des Sammelgutes wieder abladen und zu unserem Zwischenlager in Mietraching bringen“, berichtet Hans Schweiger.

Doppelte Arbeit, die in 55 Jahren allerdings nur ein einziges Mal anfiel.

Da Bad Aibling damals noch über einen Güterbahnhof verfügte, wurden Papier und Altkleider dort in bereitgestellte Waggons der Bahn für den Weitertransport verladen. Mit der Auflösung des Güterbahnhofs wechselte der Umschlagplatz auf die Volksfestwiese und auch auf das Areal vor der Ausstellungshalle.

Abnehmer gewechselt

Dort wird das Sammelgut heute in einen Lkw beziehungsweise in Container verladen. Diese stellt jene Firma aus der Nähe von Landshut zur Verfügung, die der Kolpingfamilie seit Jahren die gesammelte Ware abkauft. Kurzzeitig gingen die Geschäftspartner auch mal getrennte Wege. „Die Firma bot damals marktbedingt so niedrige Preise, dass wir das Papier an die Papierfabrik in Raubling verkauft haben“, weiß Schweiger.

Die Mengen von einst seien mit denen von heute nicht mehr vergleichbar, berichtet der langjährige Sammler. Das hänge damit zusammen, dass die Menschen oft nicht mehr genügend Platz in ihrem Domizil hätten, Papier und Kleider bis zur Kolping-Sammlung aufzuheben. Gerade jüngeren Leuten fehle zudem oft auch die Bereitschaft, das Altpapier zu bündeln, glaubt der verdiente Sammler.

Senioren, die Kolping jahrelang unterstützt hätten und dies gerne weiterhin tun würden, fehle dagegen mit zunehmendem Alter oftmals die Rüstigkeit, ihr Sammelgut selber am Straßenrand zu platzieren. „Ich erinnere mich an einen älteren Mann, der sehr traurig war, dass er die Zeitungsbündel nicht mehr aus seinem Keller herauftragen konnte. Da haben wir halt den Keller bei ihm ausgeräumt“, erzählt der 85-Jährige von einer pragmatischen Problemlösung. Freilich könne das nicht die Regel sein, ist ihm bewusst. Manch langjährige „Geschäftsbeziehung“ sei auch deswegen zu Ende gegangen.

Neue Kunden gewonnen

Gänzlich verhindern kann die Kolpingfamilie das Absinken der Sammelmenge nicht. Um die Verluste möglichst gering zu halten, hat sie sich im Verlauf der Jahre allerdings erfolgreich um weitere Kunden bemüht. „Wir haben zum Beispiel einige Reiseunternehmer, bei denen wir die ausgemusterten Kataloge abholen. Wenn wir bei einer Haushaltsauflösung gebraucht werden, um Altkleider kostenlos zu entsorgen, sind wir auch zur Stelle“, so Schweiger. Mit ein Grund, warum der heutige Koordinator der Sammlungen, Michael Liegl, zuletzt wieder von steigenden Umsätzen berichten konnte.

Für Papier- und Kleiderspenden, die zwischen den einzelnen Sammelterminen eingehen, verfügt die Kolpingfamilie im ehemaligen Bauernhof von Vitus Baumann in Mietraching seit Jahren über ein Zwischenlager. Ein solches gibt es mittlerweile auch in Holzhausen – im ehemaligen Anbindestall von Schweigers Hof, der heute nicht mehr genutzt wird.

Familientradition wird fortgeführt

Wenn er sich auch als Sammler zurückzieht, die Fortführung der Familientradition ist gesichert. Sohn Martin (56), der 2003 den Hof von seinem Vater übernahm, gehört ebenfalls schon länger zu den Kolping-Sammlern und ist mit seinem Töchtern Regina (17) und Bernadette (14) als Helferinnen unterwegs. Heuer allerdings erstmals ohne den Vater, wenn am 13. April die nächste Altmaterialsammlung ansteht.

Es ist toll, was der Hans geleistet hat

Bad Aiblings Kolpingvorsitzender Franz Besel

Franz Besel, der Vorsitzende der Bad Aiblinger Kolpingfamilie, hat Schweiger offiziell für sein langjähriges Engagement gedankt und ihm im Namen des Vereins ein Präsent überreicht. „Es ist toll, was der Hans geleistet hat. Er verdient dafür großen Respekt“, so Besel.

Dass die Familientradition weitergeführt wird und Kolping auch bei der Familie Schweiger in Holzhausen mittlerweile ein Zwischenlager gefunden hat, das freut den Vorsitzenden besonders. „Das ist sehr wertvoll für uns, dass uns der Martin mit ebenso viel Überzeugung unterstützt wie sein Vater. Ich bin ihm sehr dankbar dafür, sagt Besel.“

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