War Rosenheim und Tuntenhausen verbunden
50. Todestag von CSU-Mitgründer Hundhammer: Herbstfest-Größe mit „Zügen eines Inquisitors“
Vor 50 Jahren, am 1. August 1974, verstarb Alois Hundhammer. Der Mitbegründer der CSU war auch Stadt und Landkreis Rosenheim, vor allem aber Tuntenhausen eng verbunden, wie wir bei einem Blick ins Zeitungsarchiv des Oberbayerischen Volksblatts (OVB) sehen:
Tuntenhausen - „Alois Hundhammer — ein unbequemer Bayer“ ist der Nachruf des legendären Landtags-Berichterstatters Bernhard Ücker, welcher am 3. August im Oberbayerischen Volksblatt zu lesen ist, überschrieben. „Von den Freunden verehrt, von den Feinden respektiert“, sei er gewesen. „Wie kein Abgeordneter neben ihm oder nach ihm konnte sich Alois Hundhammer Popularität erringen. Seine Volkstümlichkeit war noch größer als seine Beliebtheit. Das Verhältnis zu ihm war stets mehr von Respekt als von Vertraulichkeit gekennzeichnet“, schreibt wiederum in seinem Beitrag „Alois Hundhammer und Rosenheim“, der 2017 verstorbene OVB-Redakteur Max Spötzl.
In einem Nachruf vom 4. August wiederum schreibt „Der Spiegel“ über Hundhammer, er sei „so alt wie das Jahrhundert“, im dunkelsten Bayern geboren gewesen und habe „inquisitorische Züge“ besessen. „Der Mitbegründer der CSU stritt, stets aufrichtig und nie tolerant, für seine sittenstrenge Sache wider alle Seiten“, heißt es weiter, gesteht ihm aber auch zu: „Seine Gradlinigkeit kannte keine Vorbehalte und keine Parteiräson. Heinrich Lübke, dessen Signatur auf KZ-Bauplänen aufgetaucht war, hätte nach Ansicht des Gestrengen nie Bundespräsident werden dürfen‘.“
50. Todestag von Alois Hundhammer: „Unbequemer Bayer“ mit „inquistorischen Zügen“ - War Stadt und Landkreis Rosenheim und Tuntenhausen verbunden
74 Jahre alt wurde der 1900 im Landkreis Ebersberg geborene Hundhammer. Er begann bereits früh, sich politisch zu engagieren. 1919 kämpfte er sogar in einem der berüchtigten „Freikorps“ gegen die linken Spartakisten in München. Auch in seinem Schaffen als Abgeordneter der Bayerischen Volkspartei (BVP) war er aktiv als Gegner des Kommunismus ebenso wie des Nationalsozialismus. Wegen letzterem wurde er 1933 für mehrere Monate in das KZ Dachau gesperrt und nach seiner Freilassung musste sein politisches Engagement wegen eines Berufs- und Redeverbots sowie der Überwachung durch die Gestapo pausieren.
Alle Blicke ins Zeitungsarchiv auf der Themenseite:
Alle bisher erschienen Artikel aus der jeden Samstag erscheinenden Reihe „In alten Zeitungsbänden gestöbert“, aber auch diverse zusätzliche Artikel über spektakuläre Kriminalfälle, bekannte Persönlichkeiten der jüngeren Zeitgeschichte sowie andere bedeutende Ereignisse, nacherzählt an Hand von alten Zeitungsartikeln findet Ihr ab sofort auf dieser Themenseite.
1939 wurde er in die Wehrmacht einberufen und im Verwaltungsdienst eingesetzt. Schon in amerikanischer Kriegsgefangenschaft plante er mit anderen Häftlingen für die Nachkriegszeit und war dann 1945, nach seiner Entlassung, mit Karl Scharnagl, Josef Müller und Fritz Schäffer einer der Mitbegründer der CSU. „Seither ununterbrochen 1. Vorsitzender des Bezirksverbandes Oberbayern der CSU“, wie man seiner Biographie beim Bayerischen Landtag entnehmen kann. Es folgten: „1946/51 Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag, 1946/50 Staatsminister für Unterricht und Kultus, 1951/54 Präsident des Bayerischen Landtags, seit 1957 Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Mitglied des Bayerischen Landtags seit 1946.“ Bereits seit 1954 war er Stimmkreisabgeordneter für Rosenheim.
Umstrittene Entscheidungen als Bayerischer Kultusminister
„In der Erinnerung seiner Zeitgenossen ist Alois Hundhammer immer der Kultusminister gewesen. Dieses Amt ist sozusagen an ihm hängengeblieben und hat sogar seine spätere weit längere Amtszeit als Landwirtschaftsminister überschattet“, bemerkt der eingangs zitierte Nachruf von Bernhard Ücker. Überschattet, weil er beispielsweise 1947 die Wiedereinführung des körperlichen Züchtigungsrechts der Lehrkräfte in den Schulen durchsetzte. Ebenso ging auf sein Konto 1948 das Aufführungsverbot des, damals als freizügig empfundenen, Balletts „Abraxas“ an der Staatsoper, welches für Kontroversen und Zensur-Vorwürfe sorgte.
Mit seinem Wechsel zum Amt des Landwirtschaftsministers, welches er bis zum Ende seiner politischen Karriere 1969 innehaben sollte, kam dann auch eine verstärkte Tätigkeit und Anwesenheit in Tuntenhausen. Bereits „als während der NS-Zeit die katholischen Männer in Tuntenhausens Basilika zum Gebet zusammenkamen“, habe er nie gefehlt, bemerkt Max Spötzl in seinem Beitrag zum Leben und Wirken Hundhammers im Landkreis Rosenheim. Er kann auch allerhand nette Geschichten über den sonst als so hart wirkenden Mann beitragen.
Auch heitere Erinnerungen an Hundhammer
„Besonders gut stand auch der verstorbene Rosenheimer Oberbürgermeister Sepp Heindl mit Dr. Hundhammer. Ihm gelang es sogar, den Minister nach einem offiziellen Anlaß im Duschl-Bräu zu einem Schafkopf zu verlocken. Dabei stellte sich allerdings heraus, daß die Qualitäten des Kartenspielers Alois Hundhammer kernen Vergleich mit denen des Staatsmannes Hundhammer aushielten.“ - „Der frühere Kreisrat Demmel von Tuntenhausen, der in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Landhandels viel mit Dr. Hundhammer zusammen war, weiß zu berichten, daß der Minister eine Vorliebe für Zwetschgendatschi und Apfelküchl hatte“, kann er außerdem berichten, „Glanz und Gloria hatte die aufrechte Gestalt Dr. Hundhammers auch den Eröffnungsfeiern für Herbstfest und Südostmesse verliehen, deren Schirmherr er über Jahrzehnte war.“
„Kein anderer prominenter Politiker der Nachkriegszeit hatte zum Bereich Rosenheim ein so enges Verhältnis wie Dr. Alois Hundhammer. Allerdings — und das würde wahrscheinlich Dr. Hundhammer selbst als sein persönliches Geschick empfinden — lebt die Erinnerung an ihn hauptsächlich bei den älteren Leuten fort. Die Jugend von heute sieht in den Abgeordneten nicht mehr Leitfiguren, sondern Partner. Und das eben war Dr. Hundhammer nur in beschränktem Umfang“, resümiert Spötzl schließlich. (hs)