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Erschöpfungssyndrom nach Corona-Infektion

Wie die Klinik Bad Reichenhall Long-Covid-Patienten hilft – am Beispiel von Katharina Z. (27)

Lungenfunktionstest: Eine Therapeutin misst, wie leistungsfähig Katharina ist. Die 27-Jährige leidet unter anderem an Atemproblemen.
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Lungenfunktionstest: Eine Therapeutin misst, wie leistungsfähig Katharina ist. Die 27-Jährige leidet unter anderem an Atemproblemen.

Eine Corona-Infektion hat Katharina Z. plötzlich aus dem Alltag gerissen. Müdigkeit, Atemnot und Husten: Seit knapp einem Jahr leidet die 27-Jährige an Long Covid. In einer Reha-Klinik in Bad Reichenhall möchte sie wieder zurück ins Leben finden. Was ihr dabei hilft.

Bad Reichenhall – Entspannt liegt Katharina Z. auf einer schwarzen Liege. Routiniert holt die 27-Jährige eine Atemmaske aus ihrer Tasche, bindet sie sich um den Kopf und schließt die Augen. „Sind Sie bereit?“, fragt Matthias Limbach, leitender Sportwissenschaftler der Klinik Bad Reichenhall. Katharina nickt. Per Knopfdruck entzieht Limbach der Atemluft nun nach und nach Sauerstoff, bis Katharina ihre Belastungsgrenze erreicht – auf knapp 4500 Metern Höhe.

Das simulierte Höhentraining ist nur eine von vielen Therapien. Die 40-minütige Einheit soll Katharina wieder fit für den Alltag machen. Sie hat Long Covid. „Mit dem Höhentraining können wir die Zellkraft reaktivieren, die Energieproduktion anregen und die Erschöpfungssymptome minimieren“, sagt Limbach.

Ende September 2022 infizierte sich die Physiotherapeutin aus Niederbayern mit dem Corona-Virus. Seitdem ist alles anders. „Während der Infektion selbst hatte ich nur grippeähnliche Symptome. Es war nicht so schlimm“, erinnert sie sich. Dann bricht ihre Stimme. „Danach ging es mir Tag für Tag schlechter.“ Katharina kämpft mit Müdigkeit, Erschöpfung, Husten, Atemnot. „Ich wohne im ersten Stock und konnte die Treppe vor Anstrengung nicht mehr hochgehen“, erzählt sie. Eines Tages wird die 27-Jährige schließlich in ein Krankenhaus gebracht. Dort bleibt sie fünf Tage, um eine Herzmuskelentzündung auszuschließen. Als sie wieder entlassen wird, steht die Diagnose Long Covid fest. „Da war mir schon schwummrig.“

Bekannt sind mehr als 200 Symptome

Wie ihr ergeht es vielen Menschen. Mindestens zehn Prozent aller Infizierten in Deutschland würden mit den Spätfolgen einer Corona-Infektion kämpfen, sagt Gabriele Schwarzl, medizinische Direktorin und Chefärztin der Rehaklinik. Erschöpfung und Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Konzentrationsprobleme, Muskelschwäche und psychische Leiden sind nur einige mögliche Beschwerden. „Es gibt über 200 Symptome von Long Covid“, sagt Schwarzl und runzelt die Stirn. Ihre Patienten leiden oft unter einer Vielzahl von Symptomen.

Auch Katharina gehört dazu. Besonders belastend, sagt sie, sei das Erschöpfungssyndrom, auch „Fatigue“ genannt. „Ich war andauernd müde und habe schon nach der kleinsten Anstrengung eine Pause gebraucht“, erzählt sie. Alltägliche Dinge wie Einkaufen, Putzen oder Arbeiten waren nur unter großem Energieaufwand möglich. Ihrer Leidenschaft, dem Tennis, musste sie ganz abschwören. „Es ist vieles nicht mehr so möglich, wie es einmal war“, klagt sie. Mit der Reha, hofft sie, sollen die Beschwerden zumindest geringer werden. Die Chancen dafür stehen gut, verspricht Schwarzl. „Mit Hilfe verschiedener Therapien konnten wir bei unseren Patienten eine bessere Belastbarkeit und Lebensqualität feststellen“, sagt sie. Ihre Klinik sei ein Flaggschiff bei der Rehabilitation von Long-Covid-Patienten – deren Behandlung sich oft als äußerst schwierig erweist.

„Wir kennen die Ursachen der Erkrankung nicht“

Grund dafür: Es gibt bisher keine bewährten Therapien. „Wir kennen die Ursachen der Erkrankung nicht. Sie sind multifaktoriell“, sagt Schwarzl. Die Therapien müssen somit auf jeden einzelnen Patienten abgestimmt werden. Das sei „wahnsinnig aufwendig“, betont Matthias Limbach, der auch für die wissenschaftliche Weiterentwicklung neuer Behandlungsansätze zuständig ist. Kommt eine „Post-Exertional Malaise“ (Symptomverschlechterung bei Belastung) hinzu, erschwere das die Therapie zusätzlich. „In so einem Fall kann schon die Visite zu anstrengend für die Patienten werden. Zum Glück seien nur wenige Patienten davon betroffen.

Hilfe erhält dennoch jeder. Neben Atemtherapie, Bewegungs-, Sport- und Physiotherapie bietet die Rehaklinik in Bad Reichenhall auch psychologische Betreuung sowie Beratungen zum Thema Ernährung an. „Wir sammeln Erfahrungswerte, aus denen mit wissenschaftlichen Hintergründen und ein bisschen Kreativität die Behandlungsmethoden entstehen“, sagt Limbach, in dessen Büro sich Patientenakten sowie Ordner zu Corona-Studien nur so stapeln. Ob Höhentraining, Kneipp-Bäder, Schulungen zur Atemtechnik – oder ein Besuch des Gradierhauses mit Alpensole und heilsamer Meeresluft im angrenzenden Kurpark: „Wir versuchen, symptomspezifisch zu behandeln – und suchen ständig nach neuen Methoden“, sagt Limbach. Hilfreich sei dabei das Feedback der Patienten. „So können wir die Therapien ständig optimieren.“ Das simulierte Höhentraining etwa wurde erst vor wenigen Monaten als Pilotprojekt eingeführt.

Geheilt werden kann Long Covid bisher nicht

Für Katharina hat sich die Behandlung bezahlt gemacht. Vor allem das Höhentraining habe ihr geholfen. „Ich habe ziemlich schnell eine positive Veränderung gespürt“, sagt sie erfreut. „Es gibt mir Energie und ich fühle mich fitter als vorher.“ Auch die Buteyko-Sitzungen, eine Art Atemschule, sowie individuelle Übungen, zum Beispiel mit dem Ergometer im hauseigenen Fitnessstudio, haben der 27-Jährigen geholfen.

Trotz aller Fortschritte: Die Heilungschancen von Long Covid liegen bisher quasi bei Null. „Wir haben über 1000 Erkrankte behandelt. Keiner war danach geheilt“, sagt Schwarzl. Das Ziel ist deshalb anders formuliert. „Wir wollen, dass die Patienten langfristig ihre Leistungsfähigkeit verbessern, ihre Regeneration hochhalten und lernen, mit ihrer Energie hauszuhalten“, erklärt Limbach.

Das kann, je nach Person, ein langer Prozess sein. Auch Katharina musste das lernen. „Man muss sich kleine Ziele setzen, sich Zeit lassen und langsam zurück in den Alltag finden“, resümiert die 27-Jährige. Für sie geht der Kampf nach der Reha also weiter, aber sie weiß nun, mit der Krankheit umzugehen.

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