Das Stadtmarketing hat eine neue Geschäftsführerin
Wie steht es um Bad Reichenhall, Frau Friedsam?
„Das etwas angestaubte Image hat mich besonders gereizt“, sagt Ursula Friedsam. Sie ist die neue Geschäftsführerin der Bad Reichenhall Tourismus & Stadtmarketing GmbH. Nach den Turbulenzen der letzten Jahre hat sie ein schweres Erbe angetreten. Wie es um die Kurstadt steht, welche Themen sie in den Fokus rücken möchte und ob das Projekt „So(u)leness“ kommt, erklärt sie im Gespräch mit BGLand24.de.
Bad Reichenhall - Über ein Jahr ist es her, dass Brigitte Schlögl die Bad Reichenhall Tourismus & Stadtmarketing GmbH (BRM) als Geschäftsführerin verlassen hat. Seitdem hat der Stadtkämmerer Hans-Werner Zauner die Leitung interimistisch übernommen. Seit dem 1. August hält nun die gebürtige Wienerin Ursula Friedsam das Ruder in der Hand. Kein leichtes Erbe, das sie da angetreten hat, mag man meinen. Zum einen fiel zuvor die Berchtesgadener Land Tourismus GmbH auseinander und Bad Reichenhall musste sich touristisch neu orientieren. Zum anderen hat Corona sowohl den Tourismus und als auch die Unternehmen schwer gebeutelt. Die neue Leiterin sieht das allerdings gelassen. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Ich bin auch ein Freund von ‚was war, das war‘. Es ist abgeschlossen und ich freue mich auf die Aufgabe. Es wurde auch gute Vorarbeit geleistet. Wir haben ein Ziel, wir haben Ideen und werden eine frische, moderne Kommunikationsstrategie entwickeln und damit so schnell wie möglich nach draußen gehen“, erklärt sie uns im Gespräch.
Der biografische Hintergrund von Ursula Friedsam
„Mein Lebenslauf ist so vielseitig wie Bad Reichenhall“, sagt Ursula Friedsam. Sie wuchs mit Kunst und Kultur auf, da ihr Vater am Theater an der Wien tätig war. Ihr Tourismus-Studium absolvierte sie an der Wirtschaftsuniversität Wien. Ihre beruflichen Stationen führten sie durch die Luxushotellerie, wo sie in renommierten Hotels wie dem Weißes Rössl Kitzbühel, dem Vier Jahreszeiten Kempinski München und dem Ritz Carlton Hotel Boston tätig war. Ihre Expertise erstreckt sich jedoch nicht nur auf die Hotellerie, sondern sie konnte auch Erfahrungen als Managerin bei Tiffany & Co. in München sowie im Gesundheitswesen und Immobilienbereich sammeln. In jüngerer Vergangenheit war sie als gewerberechtliche Geschäftsführerin für das „Landal Resort Maria Alm“ verantwortlich, ein Hotel mit 600 Betten.
Friedsam hat sich schon gut eingelebt
Während der Pandemie besucht Ursula Friedsam zum ersten Mal Bad Reichenhall. Allerdings bekommt sie nur die Alte Saline und die Fußgängerzone zu Gesicht. „Ich wusste zwar auch von der Gründerzeitarchitektur, das ist auch ein Faible von mir, aber ich habe die Stadt mit dem Kurgarten und dem Gradierhaus damals nicht so richtig kennengelernt“, erzählt sie. Während ihrer Bewerbungsphase beschäftigt sie sich jedoch intensiv mit der Stadt. „Das etwas angestaubte Image hat mich dann besonders gereizt“, schmunzelt sie. Und nach einer Woche im neuen Job fühlt sie sich schon „ausgesprochen wohl. Ich habe das große Glück, ein sehr eingespieltes, tolle Team zu haben, das unter der Riege von Herrn Zauner schon enorm viel erreicht hat. Die haben mich alle mit offenen Armen empfangen, dadurch war es für mich auch sehr einfach anzukommen. Auch mit dem Bürgermeister und seinen Mitarbeitern war es ein sehr herzlicher Empfang.“
Was gut läuft und wo Handlungsbedarf in Bad Reichenhall besteht
Nach den ersten Arbeitstagen kann Friedsam schon ein erstes Fazit darüber ziehen, was in der Stadt gut funktioniert und was noch nicht. Sehr gut sähe es etwa mit den Nächtigungszahlen aus. „Das Interesse der Menschen ist da und muss nur vervielfacht werden. Dringenden Handlungsbedarf sieht sie beim Bettenschwund und dem Investitionsrückstau in der Hotellerie sowie allgemein bei der Gebäudesanierung und dem Leerstandsmanagement. Auch würden viele Menschen nicht wissen, „was Bad Reichenhall ist und was drinnen steckt.“
Friedsam spricht immer wieder von der Vielfalt, die die Stadt zu bieten habe. „Einerseits diese absolute Toplage vor den Toren Salzburgs, dann die Architektur, die Kunst und Kultur. Das hast du hier alles. Du hast wunderschönen Einzelhandel und bist auch sofort in den Bergen.“ Mit genau dieser Vielfalt könne man sich auch vom Slogan „Bergerlebnis Berchtesgaden“ abgrenzen, mit dem sich andere Kommunen im Landkreis vermarkten. „Bad Reichenhall punktet damit, dass es wesentlich mehr bieten kann als nur das Bergerlebnis, ohne das klein machen zu wollen.“
„So(u)leness“ wird nicht als Slogan benutzt
Das Salz soll weiterhin einen zentralen Platz in der Vermarktung einnehmen. Im März wurde im Stadtrat das BRM-Projekt „So(u)leness“ vorgestellt. In dem Begriff sollen sich die Worte Soul, Sole und Wellness widerspiegeln. Nicht alle Stadträte waren damals begeistert. Nun stellt Friedsam klar, dass es sich bei „So(u)leness“ lediglich um einen Arbeitstitel handelt. „Wir werden das definitiv nicht als Aufhänger nutzen. Die Inhalte sind sehr gut erarbeitet worden und die werden wir auch nutzen und mit in die Kommunikation nehmen. Für uns ist die Destination dafür auch zu vielseitig. Es ist immer schwierig, wenn du da nur ein Wort nimmst. Viele touristische Orte haben ihren Slogan, aber die haben halt dann auch nur diesen einen Schwerpunkt.“
Neue Zielgruppen in Bereich Gesundheit und Nachhaltigkeit
Ihr Bestreben ist es auch, die jüngere Generation als Zielgruppe zu erreichen. „Corona hat uns einen ganz großen Vorteil gebracht, nämlich das Bewusstsein für die Themen Gesundheit, Mindfullness und Nachhaltigkeit. Hier kannst du dich erholen und auch mega aktiv sein. Vom Kulturgenuss bis zum Extremklettern und Mountainbiking.“ Auch der City Trail Run ziehe sehr viele junge Leute an. Jüngere würden viel mehr auf ihre Gesundheit und ihren Lifestyle achten und natürlich auch darauf, die Umwelt zu schonen. „Der ein oder andere überlegt sich schon, ob er nach Thailand reisen muss oder ob er es hier nicht auch schön hat“, erklärt die neue Leiterin.
Zum Thema Nachhaltigkeit müsse sich die Stadt gar nicht anstrengen. „Bad Reichenhall hat eine nachhaltige Historie und ist seit 177 Jahren nachhaltig by nature. Es ist immer auf die Gesundheit und die Natur geachtet worden, zum Beispiel mit der Sole. Zudem hat man auf Schwerindustrie verzichtet. Auch das Mobilitätskonzept ist ein Vorreiter. Und Bad Reichenhall hatte eine der ersten Fußgängerzonen.“ Friedsam möchte mit ihrem Team dennoch das Nachhaltigkeitskonzept weiterentwickeln. Ihr schweben zum Beispiel nachhaltige Veranstaltungen vor, bei denen es kein Plastik gibt, mit entsprechenden Partnern zusammen gearbeitet wird und man darauf achtet, wie man anreist. „Auch eine nachhaltige Einkaufsstadt wäre ein interessantes Thema, um sich abzuheben“, ergänzt sie. Der Klimawandel spielt dabei laut Friedsam der Stadt in die Hände. „Unsere Region ist zur Zeit relativ sicher. Gerade bei diesen Hitzewellen haben wir hier ein Heil- und Schonklima, wir sind am Rand der Biosphärenregion.“
Für Kinder hat die BRM im Laufe des letzten Jahres ein eigenes Maskottchen entwickelt: den Biber Theo Thumsee. Inzwischen gibt es neben Ausflugstipps ein Stofftier, Geschichten zum Lesen, ein Hörspiel und einen Song sowie Bastel- und Malvorlagen. Friedsam möchte Theo auch in die Stadt holen. So soll er auf den neuen Spielinseln in der Innenstadt erscheinen. „Wir wollen über ihn Informationen über die Stadt geben und auch Schulen mehr heranziehen. Gerade die Geschichte des Salzes kann so auch über die Kinder nach Hause getragen werden.“
„Nicht das Haar in der Suppe suchen, sondern das Salz in der Suppe finden“
Zum Schluss unseres Treffens mit Ursula Friedsam wendet sie sich noch mit einer Botschaft an die Bewohner. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Bad Reichenhaller zu schätzen wissen, was sie haben. Ich denke, sie können sich glücklich schätzen, an diesem Ort zu leben. Ich würde mich freuen, wenn sie das auch nach außen transportieren würden. Jeder einzelne ist ein Botschafter und eine Visitenkarte der Stadt. Es ist sehr wichtig, nicht das Haar in der Suppe zu suchen, sondern das Salz in der Suppe zu finden.“
An Besucher der Stadt geht ihr Appell: „Komm, bleib und verweile. - Ein bisschen länger als vielleicht nur einen Tag.“ Besonders der Kurpark mit dem Gradierhaus sei ein Ort zum Aufatmen und Runterkommen. „Es ist extrem entspannend und wo gibt es sonst schon eine Meeresbrise in den Alpen?“
mf