Groß war die Sorge um den Vierjährigen, der unlängst nach einem Badeunfall in einem Berchtesgadener Schwimmbad reanimiert werden musste und im künstlichen Koma lag. Zwei Mädchen hatten geistesgegenwärtig reagiert und den reglos im Becken treibenden Jungen aus dem Wasser gezogen. Worauf man bei der Ersten Hilfe bei Kindern besonders achten muss und wie man Kinder für die Gefahren im Wasser sensibilisieren kann, erklärt die Vorsitzende des DLRG Ortsverbands Teisendorf, Theresa Hacker, im Interview.
Teisendorf/Berchtesgaden - Sehr glimpflich ist unlängst der Badeunfall in Berchtesgaden ausgegangen: Den 1. November hatte eine Familie aus Hallein mit Freunden in der Watzmann Therme verbracht. Auf dem Nachhauseweg hatte sich der Sohn aus der Umkleide unbemerkt wieder zurück zum Badebereich geschlichen. Zwei zwölfjährige Mädchen fanden ihn reglos im Erlebnisbecken treibend und zogen ihn aus dem Wasser.
Der Junge hatte Glück: Eine zufällig anwesende Notärztin begann sofort mit der Reanimation. Schnell waren Rettungskräfte vor Ort. Der Dreijährige wurde mit den Hubschrauber in eine Salzburger Klinik geflogen, wo im Schockraum die Lunge abgepumpt wurde. Seinen vierten Geburtstag verbrachte der Bub im künstlichen Tiefschlaf. Nach einigen Tagen des Bangens dann die gute Nachricht: Der Junge ist ansprechbar und befindet sich auf dem Weg der Besserung.
Das schnelle und korrekte Eingreifen der Ersthelfer hat dem Jungen das Leben gerettet. Doch worauf muss man bei Badeunfällen achten, gerade wenn es um Kinder geht? Und wie kann man sie verhindern? Theresa Hacker, Vorsitzende des Ortsverbands Teisendorf der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) erklärt im Interview, worauf man achten muss.
Frau Hacker, woran erkennt man bei Kindern, dass sie sich im Wasser in Gefahr befinden?
Das ist leider fast unmöglich, da sie nicht - wie oft angenommen - laut schreien oder um sich schlagen. Kinder ertrinken lautlos. Deshalb ist ein permanenter Blickkontakt zu den Kindern, die sich in und am Wasser befinden, unerlässlich. Auch können sich durch unvorhergesehene Ereignisse plötzlich Kinder in Gefahr befinden, zum Beispiel durch ein unbedacht ins Wasser springendes Kind in unmittelbarer Nähe.
Inwiefern unterscheidet sich die Erste Hilfe bei Kindern von der bei Erwachsenen?
Bei Kindern ist anatomisch alles noch viel kleiner, das heißt zum Beispiel bei einer Beatmung muss viel weniger Volumen beatmet werden. Die Herzfrequenz ist höher, deshalb muss schneller gedrückt werden, die Herzdruckmassage muss eventuell mit zwei Fingern oder nur einer Hand durchgeführt werden - je nach Alter und Größe des Kindes.
Welche Schulungen bietet die DLRG diesbezüglich an?
Die DLRG bietet Erste-Hilfe-Kurse für Erwachsene sowie Erste-Hilfe-Kurse bei Kindernotfällen an. Ebenso kann man einen Kurs zum Rettungsschwimmer besuchen. Hier werden unter anderem verschiedene Rettungstechniken bei Badeunfällen sowie die Gefahren an und im Wasser intensiv betrachtet.
Wie oft sollte man einen Erste-Hilfe-Kurs auffrischen?
Für die normale Bevölkerung wird ein Erste-Hilfe-Kurs alle fünf Jahre empfohlen. Für Personen mit besonderer Verantwortung gegenüber anderen, zum Beispiel betriebliche Ersthelfer, Erzieher und Trainer im Ehrenamt, wird von den Berufsgenossenschaft alle zwei Jahre eine Fortbildung in Erster Hilfe vorgeschrieben. Für Rettungsorganisationen, egal ob haupt- oder ehrenamtlich, gilt eine jährliche Aus- und Fortbildung im Bereich Erster Hilfe.
Gibt es präventive Maßnahmen und Tipps von der DLRG für Eltern und Betreuer, um die Sicherheit von Kindern in Schwimmbädern zu gewährleisten?
Eine gute Grundlage sind hier sicherlich die Baderegeln. Zusätzlich ist es wichtig, Kinder, die noch nicht sicher Schwimmen können (erst mit Bestehen des Deutsches Schwimmabzeichen Bronze), nie aus den Augen zu lassen und grundsätzlich nicht weiter als eine Armlänge entfernt zu sein. Zum Beispiel hat ein Handy in der Hand der Eltern oder Betreuer im Schwimmbad nichts verloren.
Viele Eltern meinen, dass mit dem Abschluss des Schwimmkurses und der Ableistung des Schwimmabzeichens Seepferdchen eine feste Schwimmfähigkeit gegeben ist. Dies sollte jedoch wie alles im Leben durch oftmaliges Schwimmtraining manifestiert werden.
Ab wann sollten Kinder schwimmen lernen?
Spätestens mit dem Schulstart sollten Kinder das Schwimmen lernen. Man kann und sollte aber durchaus schon im Babyalter damit beginnen, die Kleinen mit dem Element Wasser vertraut zu machen.
Wie kann man Kinder, die noch nicht schwimmen können, für die Gefahren im Wasser sensibilisieren?
Frühzeitig damit beginnen, die Kinder mit dem Element Wasser mit all seinen Eigenschaften vertraut zu machen, damit Kinder das Gefühl kennen, wenn ihnen Wasser über das Gesicht läuft und sie nicht gleich in Panik verfallen. Wassergewöhnung kann auch in der heimischen Dusche und in der Badewanne stattfinden. Je nach Alter des Kindes sind auch hier die Baderegeln ein wichtiges Hilfsmittel.
Frau Hacker, vielen Dank für das Gespräch! (mf)
Kinder-Baderegeln
Ich gehe nur baden, wenn ich mich gut fühle.
Ich gehe nur baden, wenn mir bei Problemen jemand helfen kann.
Wenn ich Probleme im Wasser habe, dann rufe ich laut um Hilfe und winke mit den Armen. Ich helfe Anderen, wenn sie im Wasser Probleme haben. Ich rufe nie „Hilfe“, wenn alles in Ordnung ist.
Ich sage Bescheid, wenn ich ins Wasser gehe.
Ich gehe weder hungrig noch direkt nach dem Essen ins Wasser.
Ich kühle mich ab, bevor ich ins Wasser gehe.
Ich gehe nur da baden, wo es erlaubt ist. Ich springe nur da ins Wasser, wo das Wasser tief und frei ist.
Ich nehme Rücksicht! Ich renne nicht, schubse nicht und drücke niemanden unter Wasser.
Schwimmflügel, Schwimmtiere und Luftmatratze sind nicht sicher und schützen mich nicht vor Ertrinken.
Wenn ich draußen bade, gehe ich sofort aus dem Wasser, wenn es blitzt, donnert oder stark regnet. Baden bei Gewitter ist lebensgefährlich.
(Quelle: DLRG)