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Könige der Lüfte brauchen Ruhe

Der 'Berchtesgadener Weg': Ein Modell für den Schutz von Steinadlern in den Alpen

Steinadler aus der Nähe: Falkner Paul Klima mit Bruno im Außengelände des Nationalparks Berchtesgaden.
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Steinadler aus der Nähe: Falkner Paul Klima mit Bruno im Außengelände des Nationalparks Berchtesgaden.

Im Nationalpark Berchtesgaden wurde ein System entwickelt, das den Schutz von Steinadlern während der Brutzeit und Gleitschirmfliegen ermöglicht. Die Methode, bekannt als 'Berchtesgadener Weg', hat sich in vielen Alpenregionen etabliert und zeigt positive Ergebnisse für die Steinadlerpopulation.

Schönau am Königssee/Ramsau – Hoch über dem Nationalpark Berchtesgaden ziehen nicht nur Steinadler ihre Kreise. Auch Gleitschirmflieger schweben durch die Luft. Um die fragile Balance zwischen Naturschutz während der Brutzeit und sportlicher Nutzung zu sichern, hat die Nationalparkverwaltung den sogenannten „Berchtesgadener Weg“ entwickelt – und ist zum Vorreiter für viele Alpenregionen geworden. Bis Ende Juni gelten Schutzzonen um Steinadler-Horste. „Diese haben sich etabliert“, weiß Steinadler-Experte und Diplom-Biologe Ulrich Brendel.

„Wir sprechen hier von Sperrzonen, die zwar nicht auf einer expliziten Rechtsverordnung beruhen, aber dennoch von Gleitschirmfliegern akzeptiert werden“, sagt Ulrich Brendel, stellvertretender Leiter des Nationalparks und Leiter des Nationalparkzentrums Haus der Berge. Die Schutzzonen umfassen für Hubschrauber jeweils einen Radius von einem Kilometer um aktive Horste. „Rettungsflüge sind erlaubt“, so Brendel. Die Koordinaten der Brutplätze werden dazu dem Landesamt für Umwelt gemeldet, anschließend an das Luftamt Süd weitergeleitet. Auch die Gleitschirmfliegervereine in Berchtesgaden und Bad Reichenhall werden über die genauen Standorte informiert.

Für Gleitschirmflieger gelten im Nationalpark Berchtesgaden besondere Vorschriften: Innerhalb der ausgewiesenen Sperrzonen müssen sie einen Mindestabstand von 500 Metern zu den Horsten einhalten. Generell gilt über Nationalparkgrund, 150 Meter über dem Boden zu bleiben, wobei Start und Landung eines Gleitschirmfliegers außerhalb der Parkgrenzen erfolgen müssen. Notlandungen bilden die Ausnahme. „Falls diese Regelungen missachtet werden, dokumentieren wir das, wenn möglich, fotografisch und informieren die zuständigen Flugvereine“, erläutert Brendel das Vorgehen der Verwaltung.

Der „Berchtesgadener Weg“ zeichnet sich insbesondere durch seinen partnerschaftlichen Ansatz aus. „Wir waren die ersten Naturschützer, die aktiv mit den Piloten in Dialog getreten sind und ihnen offen mitteilen, wo die Horste liegen“, hebt Brendel hervor. Was einst als regionales Pilotprojekt begann, ist mittlerweile zu einem Modell avanciert, das sich in vielen Alpenregionen etabliert hat – überall dort, wo sensible Brutgebiete auf Gleitschirmsport treffen.

Zwischen Nationalpark und Gleitschirmfliegern existieren Absprachen während der Brutzeit der Steinadler.

Die fragile Balance: Steinadler und Gleitschirmflieger im Nationalpark Berchtesgaden

Die Erfolgsbilanz spricht dabei für sich, weiß der stellvertretende Nationalpark-Leiter: „Die Akzeptanz unter den Piloten ist hoch. Der Bruterfolg der Steinadler hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verbessert“, betont Brendel. Längst gilt das Nationalpark-interne Prinzip „Kooperation statt Konfrontation“ als vorbildlich im gesamten Alpenraum. Das Problem: Gerade Steinadler reagieren äußerst empfindlich auf Störungen durch Luftfahrzeuge. „Schon eine kurzzeitige Annäherung kann dazu führen, dass Adler ihr Gelege oder ihren Nachwuchs verlassen“, warnt Brendel. In der Folge sind Eier und Jungvögel akut gefährdet, entweder durch Überhitzung oder durch Unterkühlung, wenn die Elterntiere zu lange fernbleiben. Erst gegen Ende Juni hat sich die Situation weitgehend entspannt, weil die Jungadler dann stabil genug sind und die Bindung zu den Elterntieren groß genug ist, um auch bei Störungen nicht dauerhaft allein gelassen zu werden.

Der „Berchtesgadener Weg“ ist für Brendel wichtiger Teil eines ambitionierten Projekts: Die Nationalparkverwaltung verfolgt seit langem ein Monitoring-Projekt zur langfristigen Sicherung der Steinadler-Population. Auf einer Fläche von etwa 1.500 Quadratkilometern werden derzeit 15 Revierpaare in den Chiemgauer, Berchtesgadener und angrenzenden Salzburger Alpen systematisch beobachtet. Zwei weitere Reviere sind momentan nicht besetzt. Im eigentlichen Nationalpark Berchtesgaden, auf rund 210 Quadratkilometern, bestehen aktuell fünf Reviere.

Langfristige Sicherung der Steinadler-Population: Monitoring und Informationskampagne

Laut Brendel startet das Team der Nationalparkverwaltung ab Mai eine Informationskampagne, um Piloten aus den Flugvereinen über die aktuellen Sperrzonen und Schutzregelungen zu informieren. „Gleitschirmflieger wollen ja niemanden absichtlich stören“, bestätigt Brendel. Dokumentierte Störfälle aus der Vergangenheit – und noch vor der verstärkten Zusammenarbeit – verdeutlichen die Wichtigkeit der Maßnahmen: Schon ein einzelner falsch durchgeführter Flug, beispielsweise zu nah an einem Horst vorbeigeführt, kann die Jungadler nachhaltig gefährden. In besonders dramatischen Einzelfällen attackierten Steinadler sogar Schirme von Piloten, weiß Ulrich Brendel.

Für den stellvertretenden Nationalpark-Leiter bleibt das Ziel klar: Störungen vermeiden, bevor sie entstehen – und gemeinsam daran arbeiten, dass heimische Steinadler auch in Zukunft erfolgreich brüten können. (kp)

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