Gletscherschmelze in Deutschland
„Klimaschutz ist Menschenschutz“: Der Blaueisgletscher verschwindet und setzt damit ein Warnzeichen
Der Blaueisgletscher ist wichtig für den Tourismus in Bayern. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Katharina Schulze, informierte sich im Nationalpark Berchtesgaden über den Zustand der Gletscher. Das Resümee: Wenn es weitergeht wie bisher, wird es den Blaueisgletscher 2030 nicht mehr geben.
Ramsau bei Berchtesgaden – Das Wegschmelzen der deutschen Gletscher wird für die Wasserversorgung per se kein Problem sein - lokal jedoch könnte es starke Auswirkungen auf das lokale Klima und die Wasserversorgung der Blaueishütte haben. Im Nationalpark ebenfalls zugegen Gisela Sengl, Landesvorsitzende BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in Bayern. Sie zeigt sich erschrocken über das rasche Verschwinden des Gletschers. „Ich bin selber aus dem Landkreis Traunstein. Die Zahl hat mich sehr erschreckt - in fünf Jahren gibt es den Blaueisgletscher. Wir müssen alles tun um, die aktuelle Klimaentwicklung einzubremsen“, so Sengl.
Ein Stoppen ist an diesem Punkt gar nicht mehr möglich, lediglich ein Ausbremsen, informiert der Nationalpark. Der Blaueisgletscher wird sterben: Er bekommt zu wenig Schnee, um sich zu erhalten. Beim Besuch vor Ort ist der Gletscher mit Schnee bedeckt - aber es ist nach wie vor zu wenig.
Seit Mitte der 1980er Jahre sind inmitten des Blaueises zunehmend Felsen ausgespart, die den oberen Teil des Gletschers inzwischen völlig vom unteren Toteis-Feld, der früheren Gletscherzunge, abgetrennt haben. Dabei ist der Rückgang der Eismasse im unteren Feld besonders stark, weil es wegen der Trennung keinen Nachschub mehr aus dem höheren Gletscherbereich erhält. Beide Eisfelder zusammen maßen 2009 nur noch 7,5 Hektar. Die mit Georadar ermittelte Mächtigkeit des Eises betrug im Jahr 2007 (nur noch) bis zu 13 Meter, die mittlere Eisdicke weniger als vier Meter.
Verhaltensänderungen bei den Tieren bemerkbar
Die genauen Auswirkungen auf die Tierwelt im Nationalpark ist noch nicht abschließend erforscht. Die Mitarbeiter konnten aber bereits feststellen, dass diese auf kühlere Nordhänge ausweichen. Es gilt nicht nur mehr, die aktuelle Entwicklung zu bremsen, sondern auch sich an die Klimaveränderungen anzupassen.
Seinen Lebensraum verlieren könnte der Gletscherfloh: Er hat sich an das Leben im Eis angepasst. Problematisch für ihn wird es bei Temperaturen über 12 Grad. Weil die Klimaerwärmung fortschreitet, hat nur der Gletscherfloh im Himalaya bessere Chancen zu überleben.
Eis der Gletscher in Deutschland in 17 Stunden durch die Isar in München
Die noch bestehende Gletschermasse in Deutschland könnte in 17 Stunden durch die Isar nach München fließen. Zwar hat es keine großen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, es ist allerdings ein Warnzeichen für weltweite Entwicklungen. „Die Gletscher bei uns sind die Vorboten, was in den Alpen und weltweit passieren wird. Wir können es nicht mehr zurückdrehen oder aufhalten, nur noch ausbremsen. Bei uns ist es vielleicht nicht problematisch - aber andere Länder sind auf das Wasser der Gletscher angewiesen“, stellt Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Katharina Schulze fest.
Sie ist enttäuscht darüber, dass sich im neuen Koalitionsvertrag der deutschen Regierung nur wenig Maßnahmen für den Klimaschutz finden. „Wir haben Alarmstufe Dunkelrot - wenn wir nicht endlich konsequent Klimaschutz angehen - dann setzen wir die Sicherheit und die Lebensqualität unserer Kinder und Enkel aufs Spiel“, so Schulze.
Bayern zwischen Dürre und Hochwasser
Es braucht langfristige Daten, um sicher sagen zu können, was die Erderwärmung für die Tierwelt im Nationalpark bedeuten wird. Die frühe Schneeschmelze sorgt jedoch bereits jetzt für Probleme: Der Niederschlag in Form von Schnee ist nicht nur für die Gletscher, sondern auch für die Region wichtig. „Um diese Jahreszeit müsste viel mehr Schnee liegen, der Boden ist durch wenig Niederschlag extrem trocken - wir werden im Frühling Probleme mit Hochwasser bekommen und im Sommer mit Dürre kämpfen“, schildert Margherita J. Stumvoll-Schmaltz, Expertin für Geomorphologie und Hydrologie im Nationalpark Berchtesgaden.
Gletschersterben mehr in die Öffentlichkeit tragen und Desinformation bekämpfen
Für Katharina Schulze ist klar: Die Auswirkungen des Klimawandels und das Gletschersterben muss noch deutlicher in Öffentlichkeit getragen werden – „das Thema darf nicht länger auf die lange Bank geschoben werden. Es kann nicht sein, dass man einfach das Erreichen der Klimaziele weiter nach hinten schiebt.“ Ein Hindernis für die Bemühungen gegen den Klimawandel ist jedoch gezielte Falschinformation. „Bei Klimawandel ist ja viel Desinformation unterwegs – das wird ja auch gezielt von Anti-Demokraten geschürt - freie Presse erzählt nicht die Wahrheit - Wissenschaft sagt Quatsch - das ist ein großes Problem. Die Demokraten kämpfen gerade an zwei Fronten: Der Klimawandel und die Desinformation. Wir brauchen mehr Bildung, damit Falschinformation erkannt wird und müssen auch unsere Sicherheitsbehörden stärken, damit wird dagegen besser vorgehen können“, so Schulze abschließend. (jj)
