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Kein alpiner Skibetrieb mehr

Jenner-Entscheidung polarisiert: Von „dreist und unüberlegt“ bis zu Verständnis und Bedauern

Jennerbahn in Schönau am Königssee
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Die Meinungen zur Entscheidung der Berchtesgadener Bergbahn AG und der finanziellen Unterstützung der Gemeinde Schönau am Königssee gehen weit auseinander.

Die Entscheidung der Berchtesgadener Bergbahn AG, am Jenner keinen alpinen Skibetrieb mehr anzubieten, schlägt hohe Wellen. Die Meinungen dazu könnten nicht unterschiedlicher sein, wie eine Umfrage zeigt: Von „das war unausweichlich“ bis zu viel Unverständnis und deutlicher Kritik ist alles dabei.

Berchtesgadener Land/Traunstein - Was als Testsaison im November angekündigt wurde, entpuppte sich als entscheidender Wegweiser für die Zukunft: Am Jenner wird es keine Pistenpräparierung und Beschneiung mehr geben. Das Ende der jahrzehntelangen Wintersportära sorgte für gespaltene Meinungen in der Bevölkerung, wie zum Beispiel Schönaus Bürgermeister Hannes Rasp berichtet. „Leidenschaftliche Skifahrer regen sich über die Entscheidung auf oder schimpfen auch. Von nicht-skifahrenden Bürgern bin ich angesprochen worden, warum die Gemeinde 300.000 Euro bezahlt, obwohl es ein Kampf gegen Windmühlen ist. Verständnis haben sie für diese Ausgaben nicht“, berichtet er.

Wie der Bürgermeister erläutert, hatte die finanzielle Unterstützung vonseiten der Gemeinde mehrere Gründe. „Die Berchtesgadener Bergbahn AG (BBAG) wollte im Frühjahr 2023 den Skibetrieb weitgehend einstellen, ausgenommen den Bereich des Trainingszentrums und der Jennerwiesenbahn. Wir wollten das Skiangebot für Gäste aufrechterhalten, insbesondere für Pauschaltouristen, entsprechende Verträge waren schon geschlossen.“ Da die Kunsteisbahn noch nicht wieder in Betrieb sei, ging es für die Gemeinde auch um die Belegung von Hotelbetten, damit ein Ganzjahresbetrieb gewährleistet sei. Als weitere Gründe führt er ein Skiangebot für die einheimische Bevölkerung und für Tourengeher an.

„Finanzieller und energetischer Aufwand in keinem Verhältnis zur Nutzung“

Rasp: „Die aktuellen Nutzungszahlen der Talabfahrt zeigen deutlich, dass das Angebot nicht im erwarteten Umfang angenommen wird, weder von Gästen noch von Einheimischen. Ausgenommen: Tourengeher. Somit ist die Entscheidung für mich nachvollziehbar, da der finanzielle und energetische Aufwand in keinem Verhältnis zur Nutzung steht.“ Aufgrund der geringen Nutzung der Skiabfahrt durch Gäste glaubt der Bürgermeister nicht, dass dies negativen Auswirkungen auf den Tourismusstandort haben wird. Für ihn steht fest: Der Berchtesgadener Talkessel hat seine touristische Qualität im Winter. „Aus persönlicher Sicht tut es mir weh, keine Frage. Ich lebe fast mein ganzes Leben am Fuße des Jenners und fahre seit über 50 Jahren dort Ski.“

Wie unterschiedlich die Entscheidung der BBAG und der 300.000-Euro-Beschluss bewertet werden, zeigen Stellungnahmen der Fraktionssprecher. Franz Graßl, Fraktionssprecher der CSU Schönau am Königssee, berichtet von unterschiedlichen Reaktionen aus der Bevölkerung. Diese reichten von Unverständnis über die Schließung des Skibetriebs bis zu „Das war unausweichlich“. Auch er wuchs mit dem Skifahren am Jenner auf, verbrachte dort viele schöne Stunden mit seiner Familie. „Es tut mir persönlich sehr leid, dass diese Ära zu Ende geht“, erzählt Graßl. Auch er verteidigt die Entscheidung des Gemeinderates, den Winterbetrieb für die Saison 23/24 finanziell zu unterstützen.

„Touristische Hauptzeit bei uns liegt in den Sommermonaten“

Der CSU-Fraktionssprecher glaubt daran, dass wie in jedem Neuanfang auch hier eine Chance liegen kann, „wenn es der Jennerbahn im Zusammenspiel mit dem Bergerlebnis Berchtesgaden, dem Tourismusverein und den Gastgebern gelingt, die Wintersaison durch ein neues Konzept zu stärken und neue Zielgruppen anzusprechen“. Sicherlich sei jedes Angebot, das nicht mehr existiere, auf den ersten Blick eine Verschlechterung. „Die touristische Hauptzeit bei uns liegt aber in den Sommermonaten und die Jennerbahn erzielt dort 80 Prozent ihres Umsatzes.“

Gegen den 300.000-Euro-Beschluss stimmte damals einzige die Grünen-Fraktion, wie deren Sprecherin Sabine Kruis betont. „Wir begrüßen die Entscheidung, den alpinen Skibetrieb am Jenner einzustellen. Natürlich schmerzt es mich, dass damit eine Ära zu Ende geht. Ich bin früher gern am Jenner Ski gefahren. Allerdings nicht mehr, seit die neue Bahn gebaut wurde. Man hat wahrhaftig geglaubt, dass man durch den Bau viel zu großer Gebäude (Tal-, Mittel-, Bergstation) und zweier völlig überdimensionierter Sesselbahnen anlocken kann“, findet sie deutliche Worte. Man habe dafür die Natur nachhaltig beschädigt, „ein Unding“.

Immer mehr als Skitourenberg genutzt

Die Einheimischen nutzten den Jenner immer mehr als Skitourenberg, zum Alpinskifahren würden sie lieber ins benachbarte Österreich fahren. „Dazu eine Aussage eines örtlichen Busunternehmers: Ich fahre im Winter zwei Busse zum Jenner und 100 Busse nach Österreich“, verdeutlicht Kruis. Zwar seien die Reaktionen aus der Bevölkerung sehr unterschiedlich, aber sie habe in den vergangenen Monaten eher Ärger über die von der Gemeinde bezahlten 300.000 Euro vernommen.

Die Freien Wähler (FWG) halten die Entscheidung für „nicht richtig“, wie Fraktionssprecher Beppo Maltan erklärt. „Die finanziellen Probleme bei der Berchtesgadener Bergbahn AG sind auf millionenschwere unternehmerische Fehlentscheidungen beim Neubau der Bahn mit Liftanlagen und Gebäuden zurückzuführen. Außerdem fehlen uns nachhaltige und weitgreifende, unternehmerische Entscheidungen, die die Wirtschaftlichkeit der Bahn in den nächsten Jahren positiv beeinflussen könnten“, schildert er und verweist als Beispiele auf eine Rodelbahn vom Berg bis in Tal oder geeignete Schneeschuhwanderwege.

„Unüberlegt und dreist“

Sehr ausführlich berichtet Maltan von Reaktionen aus der Bevölkerung: „Die Mehrheit der Menschen, mit denen wir gesprochen haben, findet die Entscheidung zur Einstellung des alpinen Skibetriebes am Jenner unüberlegt und dreist. Diese Leute verstehen nicht, wie die Firma Berchtesgadener Bergbahn AG arbeitet. Viele Naturschützer fühlen sich jetzt bestätigt, aber sie glauben nicht, dass sie selbst Teil der Misere sind. Ohne die Millionen, die beim Bau der Jennerbahn für übertriebenen Naturschutz ausgegeben wurden, würde man sicherlich noch einige Zeit den Wintertourismus finanzieren können.“

Er habe Verständnis dafür, dass Menschen, die erst in den vergangenen Jahren hierhergezogen sind, dies mit anderen Augen sehen. Gerade was den Naturschutz anbelangt, würde sich Maltan in manchen Bereichen mehr Fairness und Ehrlichkeit wünschen. „Leider ist es hier mit Toleranz und Nachsicht nicht sehr weit her“, findet er. „Jetzt der Jenner, als Nächstes die Bobbahn, dann die Berghütten, auch an Einschränkungen bei der Schifffahrt am Königssee wird bereits laut nachgedacht“, befürchtet er weitere einschneidende Entwicklungen im Talkessel.

„In den Händen von Leuten, die sich selbst überschätzen“

Er möchte noch einmal darauf hinweisen, dass bei der Auswahl der Hauptaktionäre das Aufrechterhalten des alpinen Skitourismus das Hauptkriterium bei der Vergabe im Gemeinderat war. „Es ist umso bedauerlicher, dass diese Entscheidung nun in den Händen von Leuten liegt, die sich selbst überschätzen und unternehmerische Fehlentscheidungen getroffen haben, die eigentlich von uns als Gemeinde nicht gewollt waren.“

Auch die kleinste Fraktion im Gemeinderat, die SPD, bedauert die Entwicklung. „Das Angebot der Gemeinde, gemeinsam mit dem Tourismusverein übergangsweise die Pistenpräparierung finanziell zu unterstützen, fand ich notwendig. Hier ging es darum, bis zur Wiederherstellung der Kunsteisbahn am Königssee die Übernachtungszahlen stabil zu halten“, so Sprecher Andreas Pfnür. Umso wichtiger sei deshalb der zeitnahe Wiederaufbau. „Natürlich sind viele verstimmt und traurig über die Entscheidung. Diese obliegt jedoch dem Aufsichtsrat und damit den wirtschaftlichen Gegebenheiten, die leider so nicht mehr tragbar waren. Es gibt auch die Bevölkerungsstimmen, die beklagen, dass nur wenige Einheimische die Skikarten am Jenner erworben haben.“ Doch auch die Dimension des Neubaus vor sechs Jahren wurde kritisch beurteilt.

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