Tragischer Unfall an der Roßfeld-Panoramastraße am 8. Juli
Ersthelfer über dramatische Situation am Roßfeld: „Die Bilder hast du natürlich im Kopf“
Drei Schwer(st)verletzte, davon zwei Mädchen, sowie ein Toter lautet die traurige Bilanz des schrecklichen Motorradunfalls am Samstagabend (8. Juli) auf der Roßfeld-Panoramastraße. BGLand24.de hat mit den Menschen vor Ort gesprochen, darunter auch ein Ersthelfer.
Berchtesgaden - Ein 22-jähriger Motorradfahrer aus Vöcklabruck führte am Abend des 8. Juli verschiedene Fahrmanöver mit hoher Geschwindigkeit durch und verlor dabei die Kontrolle über seine Kawasaki. Zunächst kollidierte er mit einem 19-jährigen Freund aus Hallein, der die Aktion filmen wollte und schwerste Verletzungen erlitt. Anschließend stürzte der Motorradfahrer und das Motorrad erfasste zwei am Straßenrand stehende Mädchen im Alter von vier und sieben Jahren. Die beiden kamen mit Unterschenkelbrüchen ins Krankenhaus. Ihre schwangere Mutter erlitt einen Schock. Der Motorradfahrer erlag seinen Verletzungen noch am Unfallort.
In den sozialen Medien kursieren derzeit Gerüchte, dass es sich bei dem Treffen mehrerer Motorradfahrer um ein illegales Rennen gehandelt habe. Auf Anfrage von BGLand24.de bei der Polizeiinspektion Berchtesgaden verneinte Matthias Berchlmayer diesen Verdacht: „Bis jetzt haben wir keinen Hinweis auf ein Rennen.“ Aufgrund des schönen Wetters sei von Haus aus mehr Betrieb auf der Roßfeldstraße gewesen.
Trauernde legen Kerzen und Blumen nieder
Die Schwere des Unfalls kann man auch am übernächsten Tag noch erahnen, denn auf der etwa 60 Meter langen Strecke vom Scheitelpunkt der Panoramastraße bis zur Unfallstelle am Kiosk sind viele Markierungen auf die Straße gesprüht. An der Unfallstelle hängt inzwischen ein aus Wurzeln gebasteltes Kreuz mit dem Namen, Geburts- und Sterbedatum des jungen, tödlich verunglückten Fahrers. Darunter stehen viele Grabkerzen sowie zwei Blumensträuße. Auf dem Pfeiler daneben hat man Trümmerreste abgelegt, am Boden befindet sich ein Ölfleck. Einige Motorradfahrer, die gerade Pause machen, gehen an der Stelle betroffen vorbei und halten kurz inne. Zwei von ihnen unterhalten sich darüber, dass es wohl sinnvoll wäre, die Geschwindigkeit auf 30 km/h an dieser Stelle zu begrenzen. Doch hätte eine Begrenzung den Unfall verhindert?
Ersthelfer berichtet von der dramatischen Situation vor Ort
Christoph Plank ist Inhaber der unterhalb der Unfallstelle gelegenen Roßfeld-Skihütte. Als er mit seiner Frau auf dem Weg zu Nachbarn ist, fährt er direkt am Unglücksort vorbei. „Die Unfallstelle ließ sich in drei Teile teilen: Zuerst der Passant, der gefilmt hat, dann der Fahrer und zum Schluss die Familie.“ Sofort sichert er Stelle mit dem Warndreieck ab und beginnt mit der Reanimation des Fahrers. Seine Frau fährt zurück zur Hütte, um noch einmal einen Notruf abzusetzen, denn zunächst heißt es, der erste sei nicht durchgegangen. Besonders ärgerlich in der dramatischen Situation: Schaulustige beginnen Fotos zu machen. Die Helfer parken die Fahrzeuge daher so, dass die Opfer nicht mehr zu sehen sind. Nach etwa fünf Minuten trifft schon der erste Rettungshubschrauber ein. Plank selbst ist bis 23.30 Uhr vor Ort, da die Polizei noch Befragungen durchführt. Zum Schluss seien nur noch rund 20 der von ihm auf etwa 100 geschätzten Beteiligten da gewesen. Für ihn ein Armutszeugnis. „Die sind alle abgehauen. Wenn man schon in einer Gruppe ist, bleibt man da bis zum Schluss.“
Dass Plank so schnell helfen konnte, verdankt er seiner langjährigen Mitgliedschaft bei der Feuerwehr. Bereits mit zwölf Jahren war er in seinem Heimatlandkreis Regensburg aktiv, und auch jetzt ist er bei der Feuerwehr im Berchtesgadener Ortsteil Au. „Dadurch, dass ich schon so viel erlebt habe und ich die Person nicht kannte, belastet es mich nicht extrem schwer. Ich habe mein Bestes getan. Die Bilder hast du natürlich trotzdem im Kopf“, erklärt er.
Mehr Kontrollen als Lösung?
„Da habe ich wirklich kein Verständnis“, meint Kerstin Eckardt vom direkt gegenüberliegenden Kiosk über das tragisch missglückte Manöver des Bikers. Zum Glück sei sie am besagten Abend schon nicht mehr vor Ort gewesen. Vom Unfall habe sie am nächsten Morgen aus den Medien erfahren. Unvernünftige Motorradfahrer würden immer wieder auf der beliebten Ausflugsstraße Probleme machen. Es sei ja auch nicht der erste Unfall in diesem Jahr. Tatsächlich wurde erst am 17. Juni ein 19-Jähriger einen Steilhang hinuntergeschleudert. Warum manche sich bei waghalsigen Manövern auch noch filmen, kann sie nicht nachvollziehen. „Wozu tut man das? Für ein paar Likes?“
Den beiden Wirten ist es besonders wichtig, dass nicht alle Motorradfahrer über einen Kamm geschoren werden. „Es gibt so viele, die vernünftig fahren“, sagt Eckardt. Plank bestätigt, dass 95 Prozent der Fahrer in Ordnung seien. „Die genießen das, fahren und schauen sich die Landschaft an. Und dann gibt es die fünf Prozent, die sich leider nicht an die Regeln halten.“ Dennoch haben wohl manche nichts aus dem Unglück gelernt. Bereits einen Tag später sei schon wieder einer nur auf dem Hinterrad an der Stelle vorbeigerauscht. „Da stehen doch schon Kerzen“, ärgert Eckardt sich.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann verwies im Zusammenhang mit dem Unfall auf die Wichtigkeit der eigenes eingerichteten Kontrollgruppen der bayerischen Polizei. Kontrollen, wie erst kürzlich auch an der Roßfeldpanoramastraße durchgeführt, können Eckardts Meinung nach auch nicht viel ausrichten. Schließlich könne man nicht rund um die Uhr alles überwachen. „Zumindest aber sollen die Motorradfahrer das machen, wenn keiner mehr auf der Strecke ist.“ Plank hingegen hält die Ausweitung von Kontrollen schon für sinnvoll. Nur sollten diese auch kurzfristig möglich sein. „Außerdem gehört eine Geschwindigkeitsmessanlage aufgebaut. Dann kriegst du deinen Zettel und aus.“
Für Raserei gibt es andere Orte
Als Wirt ist es Plank natürlich wichtig, dass weiterhin viele Leute gerne die Roßfeldpanoramastraße genießen und sich dabei sicher fühlen können. Für alle die, die ihr Fahrzeug austesten möchten, schlägt er eine Alternative vor: „Man kann sein Auto oder Motorrad auf Rennstrecken ausfahren. In Salzburg gibt es so eine Rennstrecke oder am Nürburgring. Da zahlt man sein Geld und ist auch geschützt. Da nimmst du dann auch keine Unbeteiligten mit.“
„Es tut mir ganz doll leid für die Familie“, bedauert Eckardt. Diese wollte nur gemeinsam den Sonnenuntergang beobachten. „Ich hoffe, dass die Mädchen ganz schnell wieder ganz gesund werden und die schwangere Mutter mit dem Baby wohlauf ist.“
mf

