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Liefer-Engpässe und Preisdruck in der Gesundheitsversorgung

Pharma-Importeur aus Saaldorf-Surheim: „Es macht keinen Sinn, Arzneimittel zu horten“

Medikamente Engpässe Apotheke
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Medikamentenengpässe sind auch in Bayern leider Lebensrealität geworden.

Patienten und Fachkräfte laufen Sturm: Krankenhäuser scheinen nicht wirtschaftlich, Termine bei Fachärzten rar, die Arbeitsbedingungen in Heilberufen schlecht. So stellt sich ein System zur Versorgung Kranker vielfach selbst in Frage. Nun kommt es noch dazu zu Engpässen bei Medikamenten. Ein heimischer Pharma-Importeur schildert seine Sicht der Lage und liefert Hintergründe.

Saaldorf-Surheim - Unser Gesundheitssystem ist besser als sein Ruf. Denn nach wie vor kann man als GKV-Patient mit der Versichertenkarte zum Arzt gehen und auf eine sinnvolle Versorgung hoffen. Dennoch haben Corona und die Weltlage einige Schwächen in der Herangehensweise ans Tageslicht gebracht. Vor allem dann, wenn Lieferketten von benötigten Präparaten stillstehen.

Innsalzach24.de hat mit einem Pharmaproduzenten mit Sitz in Tittmoning darüber gesprochen, warum viele Firmen ins Ausland abwandern und dort ihre Medikamente herstellen. Dabei wurde bereits deutlich, dass im Bereich medizinischer Heilberufe viele helfen wollen, sie aber dies oft durch zu viele Regeln, Auflagen und Widrigkeiten nicht können. Ein neues Gesetz soll nun Abhilfe schaffen.

Medikamentenversorgung kaputtgespart

Die EurimPharm Arzneimittel GmbH importiert seit 48 Jahren Markenarzneimittel. Dabei nutzt die Firma nach eigenen Angaben die unterschiedlichen Preisniveaus innerhalb der EU. „Dieses Prinzip realisiert jährliche Einsparungen für die Kassen von circa 400 Millionen Euro“, so Geschäftsführerin Dr. Friederike Hrubesch-Mohringer.

Gerade durch Krankenkassen verordnete Einsparungen sind nach Meinung von Apotheken und der Pharma schuld an der Misere. Rabattverträge stehen hier im Fokus der Kritik. Lorenz Fakler, Vorsitzender der Apotheker im Bezirksverband Oberbayern-Südost, sieht gerade bei diesem Punkt politischen Handlungsbedarf. „Die Krankenkassen sparen sich durch Rabattverträge nach Ausschreibungen hohe Summen“, erklärte er bereits im Mai. „Dann dürfen eben nur noch Präparate des Ausschreibungsgewinners ausgegeben werden, andernfalls droht eine Nichterstattung des Preises durch Versicherungsträger. Wenn die jeweilige Firma aber nicht liefern kann, kommen wir schnell an unsere Grenzen.“

Eine Abwanderung in Niedrigpreisländer war unvermeidbar

Dr. Friederike Hrubesch-Mohringer

Pharma-Importeur sieht dies ähnlich

Der Ursprung des Problems liegt sicher in den niedrigen Preisniveaus der Rabattverträge, die die Krankenkassen zum Großteil exklusiv mit einzelnen Anbietern geschlossen haben. Eine Abwanderung in Niedrigpreisländer war unvermeidbar“, so Dr. Friederike Hrubesch-Mohringer. „Die Exklusivität führte aufgrund der sprunghaft angestiegenen Nachfrage zusätzlich zu den oben angeführten Auslösern ebenfalls zu Lieferschwierigkeiten. Dieses System sollte grundlegend überdacht werden. Die Zusammenarbeit mit mehreren Anbietern innerhalb eines Rabattvertrages kann die Versorgungssicherheit steigern. Das Preisniveau für in Europa hergestellt Wirkstoffe sollte angehoben werden, so dass sich der Aufbau einer Produktion in Europa für die Hersteller wieder lohnt.“ Dieser Aufbau könne allerdings mehrere Jahre dauern und müsse wahrscheinlich staatlich unterstützt werden.

Letzten Endes reduziert sich erneut das Grundproblem im Wesentlichen auf eine Frage des Geldes: Das Gesundheitssystem leidet unter Einsparungen. „Letztendlich ist die Antwort keine regionale sondern muss national betrachtet werden. Sicher ist die Abhängigkeit von einigen wenigen Produktionsstätten gekoppelt mit ruinös niedrigen Preisen der Auslöser unseres derzeitigen Problems“, so Dr. Friederike Hrubesch-Mohringer weiter. „Das heißt, hieran muss schwerpunktmäßig gearbeitet werden.“

Ein Medikamentenvorrat für Privatpersonen ratsam?

Es kann also durchaus auch in der Zukunft so sein, dass ein benötigtes Medikament gerade nicht bei der Apotheke vorrätig, sondern irgendwo zwischen Asien und Europa unterwegs ist. Lohnt sich daher für Privatpersonen die Einlagerung potentieller Präparate? „Arzneimittel werden ja anlassbezogen vom Arzt verordnet, so dass man hier tatsächlich von der dann herrschenden Versorgungssituation abhängig ist“, erklärt Hrubesch-Mohringer. „Es macht sicher keinen Sinn, Arzneimittel zu horten, die man dann später vernichten muss, weil der Bedarfsfall nicht eingetreten ist.“

Dennoch ist es durchaus sinnvoll, eine Hausapotheke anzulegen, in der das Nötigste vorrätig gehalten wird. Doch dies betrifft keine Mengen, die man dann als das „Horten von Medikamenten“ bezeichnen könnte.

In der letzten Konsequenz ist es nun Aufgabe aller Instanzen der medizinischen Versorgung - allen voran der Politik -, eine gute Gesundheitsversorgung möglich zu machen. Mit dem neuen Gesetz gegen Lieferengpässe von Arzneien soll dies möglich gemacht werden. Ob dies gelingt, bleibt anzuwarten. Doch es gilt nach wie vor: Ein kranker Mensch braucht Hilfe und die soll er auch bekommen. Wie dies organisiert wird, ist diesem Menschen egal. Nur, wenn es in einem der reichsten Länder der Welt an grundlegender Versorgung fehlt, dann ist etwas gehörig schief gelaufen.

ar

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