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Traunsteiner Apotheker: Engpässe bei Medikamenten wären lösbar

„Extrem demotivierend“ - wie viel Schaden Einsparungen in Gesundheitsvorsorge anrichten

Medikamente sind Mangelware weil viel aus Asien importiert wird
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Immer wieder kommt es zu Medikamenten-Engpässen, auch in Bayern.

Verzweifelte Eltern versuchen, für ihre kranken Kinder die richtigen Medikamente zu bekommen. Apotheker wollen helfen, fühlen sich aber von der Politik alleingelassen. Was wie die Gesundheitsvorsorge in einem armen Land klingt, wurde zuletzt auch in Bayern bittere Realität. Denn immer wieder kommt es zu Lieferengpässen bei wichtigen Medikamenten.

Traunstein/Deutschland - Die medizinische Versorgung in Deutschland wankt. „Jammern auf hohem Niveau“, so nennen es Manche. Doch wenn man auf ein bestimmtes Präparat angewiesen ist, das man dann aus Holland holen muss, weil es im eigenen Land nicht lieferbar zu sein scheint, dann relativiert sich diese Aussage drastisch. Als beispielsweise kürzlich Fiebersäfte für Kinder knapp wurden, sprangen manche Apotheken ein und rührten diese selbst zusammen. Doch dies kann keine Dauerlösung sein, denn wenn die Pharmafirmen nicht mehr an die entsprechenden Rohstoffe kommen, gehen diese auch den Apothekern aus. So Lorenz Fakler, Vorsitzender der Apotheker im Bezirksverband Oberbayern-Südost.

„Es müsste sich für die Firmen wieder rechnen, in Deutschland zu produzieren“, ergänzt er. Umweltstandards und hohe Kosten für Arbeitnehmer stehen hier im Fokus. „Daher wandert die Pharma teils ins Ausland ab.“ Letzten Endes führt Fakler diese Entwicklung auf finanzielle Aspekte zurück. Besonders Rabbatverträge spielen hier seiner Meinung nach eine Rolle.

Finanzieller Druck im Fokus

„Gründe können unter anderem auch Produktions- oder Lieferverzögerungen für Wirkstoffe oder Ausgangsmaterialien oder (wie zurzeit bei den Antibiotika für Kinder) eine unerwartet starke weltweite Zunahme der Nachfrage sein“, so Gesundheitsminister Holetschek auf die Frage nach den Ursachen für die Abwanderung der Medikamentenproduktion ins Ausland. „Klar ist aber: Die hohen rechtlichen Hürden und die Kosten in Deutschland sind zwei Hauptgründe. Wir müssen dem Preisdruck entgegenwirken, der sich mit der steigenden Inflation noch erhöht hat.“ Forschung und Produktion sollen wieder ins eigene Land geholt werden, wie er weiter erklärt. Die Politik ist sich der Probleme also zumindest scheinbar bewusst.

Klaus Holetschek auf dem Pharmagipfel 2023

Auch Lorenz Fakler sieht gerade bei diesem Punkt politischen Handlungsbedarf. „Die Krankenkassen sparen sich durch Rabattverträge nach Ausschreibungen hohe Summen“, erklärt er. „Dann dürfen eben nur noch Präparate des Ausschreibungsgewinners ausgegeben werden, andernfalls droht eine Nichterstattung des Preises durch Versicherungsträger. Wenn die jeweilige Firma aber nicht liefern kann, kommen wir schnell an unsere Grenzen.“ Nachfrage beim verordnenden Arzt und Versuche, die Medikamente woanders herzubekommen, seien mit großem Aufwand verbunden. Als Karl Lauterbach von einer Vergütung von 50 Cent sprach, empörten sich Apotheker im ganzen Land.

Das ist eine Frechheit! Extrem demotivierend“

Lorenz Fakler über die Erstattungsäußerungen Karl Lauterbachs

Bei der ganzen Problematik gehe es wie so oft nur ums Geld, wie Lorenz Fakler weiter erklärt. „Wollte China uns den Krieg erklären, bräuchten sie keine Waffen. Sie müssten nur keine Wirkstoffe mehr liefern und schon gingen die Lichter aus“, so ein Gedankenexperiment des Apothekers, das hoffentlich nie wahr wird. Dennoch betont es die enorme Abhängigkeit vom asiatischen Staat, auch in so wichtigen Bereichen wie der Gesundheitsversorgung.

Bayern agiert pragmatisch - aber auch ethisch?

Laut Gesundheitsminister Holetschek geht Bayern hier ohnehin bereits eigene Wege: „Es steht fest: Für eine innovative und resiliente Arzneimittelindustrie brauchen wir gute und geeignete Rahmenbedingungen. Soweit Bayern zuständig ist, haben wir bereits Maßnahmen beschlossen und handeln pragmatisch. Wir haben beispielsweise sofort auf den auf Bundesebene ausgerufenen Versorgungsmangel von antibiotischen Säften für Kinder reagiert: Wir haben die Einfuhr von Antibiotikasäften erlaubt, die in dem Staat, aus dem sie importiert werden, rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen, auch wenn sie in Deutschland nicht zugelassen oder registriert sind. Zudem haben wir die Krankenkassen gebeten, pragmatisch vorzugehen, wenn Apotheken Antibiotikasäfte selbst herstellen. Alle Akteure in Bayern sollen an einem Strang ziehen.“

Doch gerade hier äußert Lorenz Fakler wiederum ethische Bedenken: „In einem Fall habe ich eine Packung Ibuprofen in ukrainscher Aufmachung bekommen.“ Fakler pausiert kurz, bevor er weiterspricht. „Wenn ich einem Land, in dem Krieg herrscht, auch noch die Medikamente wegnehmen muss, dann habe ich da ein ethisches Problem damit.“

Dass die verschiedenen Instanzen in der medizinischen Versorgung ihr Bestes geben, wurde jüngst wiederholt deutlich. Ein Sprecher des Bayerischen Gesundheitsministeriums drückt dies wie folgt aus: „Vor allem die niedergelassenen Apotheken und die Arztpraxen tun alles, was möglich ist, um bei einem nicht lieferbaren Arzneimittel eine Alternative zur Verfügung zu stellen.“

Doch dieses Vorgehen ist schlichtweg mit Mehraufwand verbunden: „Das kann durch Rücksprache mit dem Arzt die Abgabe eines alternativen Arzneimittels sein, das zum Beispiel den gleichen Wirkstoff enthält, aber in einer anderen Darreichungsform oder Dosierung vorliegt. Der Patient wird natürlich darüber informiert, wie er das alternative Arzneimittel einnehmen muss. In manchen Fällen können die Apotheken ein Arzneimittel auch selbst herstellen. Wir bitten bei den betroffenen Patientinnen und Patienten um Verständnis, dass solche Rücksprachen und auch die Herstellung von Arzneimitteln Zeit in Anspruch nehmen.“ Auch der Faktor „Aufwand“ ist also in der Politik angekommen. Doch wie dieser zu behandeln sei, da gehen die Meinungen scheinbar auseinander.

Standpunkte und Lösungsstrategien zu den fehlenden Medikamenten in Bayern variieren sehr. Doch prinzipiell geht es für die Menschen in Bayern nur um einen Faktor: Sie möchten für ihre Krankenkassenbeiträge auch eine gute medizinische Versorgung gewährleistet wissen.

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