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Mit Pralinen und Potter gegen die Krise

Wie eine Café-Besitzerin aus Berchtesgaden ihren letzten „Rettungszauber“ spricht

Nikol Ragalyiova-Linsmeier mit Hündin Luna in ihrem Café in Berchtesgaden.
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Nikol Ragalyiova-Linsmeier mit Hündin Luna in ihrem Café in Berchtesgaden.

Mit der Baustelle vor der Nase sind die Umsätze bei Nikol Ragalyiova-Linsmeier um mehr als 50 Prozent eingebrochen. Mit ihrem kleinen Café an der Königsseer Straße in Berchtesgaden versucht sie zu überleben - irgendwie und mit neuem, „magischem“ und an Harry Potter angelehntem Konzept. Ihr letzter Versuch soll es sein. Ein gewaltiges Problem plagt sie: Es mangelt in Berchtesgaden an Parkmöglichkeiten. 

Berchtesgaden – Ein Blick aus dem Fenster trübt die Stimmung von Nikol Ragalyiova-Linsmeier. Die 35-Jährige schaut dabei zu, wie ihr die Sicht genommen wird. Oder besser gesagt: Die Blickachse auf ihr kleines Café, in dem sie seit einigen Jahren auf Selbstgemachtes setzt. Pralinen sind ihr Ding und Kaiserschmarrn-Variationen sowieso. Passend dazu gewählt ist der Name, „So a Schmarrn“. Die Einrichtung des kleinen Ladens trägt ihre Handschrift. Fast kein Möbelstück, an dem sie nicht zumindest Hand angelegt, Farbe verwendet oder gar selbst gebaut hat. „Ich wollte etwas, was es woanders nicht gibt“, sagt sie. 

Auf der Straße gegenüber entsteht ein großes Mitarbeiterhaus, das Woche für Woche in den Himmel wächst. Seitdem die Baustelle für Veränderung sorgt, sind ihre Umsätze um 50 Prozent eingebrochen. Ob sich das wieder ändern wird? Der Umstand schmerzt sie. Was aber noch viel mehr schmerzt und ein grundsätzliches Problem darstellt: Die Parkplätze im Umfeld werden immer weniger. Und gefühlt ist in Berchtesgaden immer mehr los, findet Nikol Ragalyiova-Linsmeier. Generell hat Berchtesgaden schon seit langem ein Parkplatzproblem. Im Ort würde man gerne viel mehr Gäste mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen sehen. Zumal das Busfahren für Urlauber kostenfrei ist. Dennoch überwiegen die immer mehr werdenden Pkw auf der Straße. 

Kein Durchkommen, keine Parkplätze

Die Stellplätze gegenüber Nikol Ragalyiova-Linsmeiers Café sind bereits dem Erdboden gleichgemacht. Dort wächst nun das neue Haus Stockwerk um Stockwerk. Früher parkten die Leute noch dort, um schnell auf einen Kaffee bei ihr vorbeizukommen. Oder ein paar Stücke Kuchen zu kaufen. Viele, die vom einem Ausflug am Königssee nach Hause fahren, müssen direkt bei Nikol Ragalyiova-Linsmeier vorbei. Wer im Umfeld mal kurz stehen bleiben möchte, tut sich aber schwer, einen Ort für das Abstellen des Autos zu finden. Das ist ein generelles Problem an der Königssee Straße. Aber so dramatisch wie zurzeit war es noch nie. Auf einem weiteren Parkplatz gleich in der Nähe ist seit knapp zwei Jahren Baustelleneinrichtung gelagert. Ein bedeutender Teil des Parkplatzes ist dadurch blockiert. Jetzt, in der touristischen Hauptsaison, mit all den Urlaubern, die derzeit im Ort sind, ist die Situation noch deutlich schwieriger. Manchmal ist gar kein Durchkommen mehr. Lange Rückstaus vom Ortskern in Richtung Königssee sind die Regel. Die wenig verbliebenen Parkplätze vor ihrem Café sind zudem oft dauerbelegt. 

Die gebürtige Tschechin kam mit ihrem Mann Uwe nach Berchtesgaden, ein Nürnberger Gastronom. Berchtesgaden kennen die beiden aus der Weihnachtszeit. Am Adventsmarkt hatte das Paar schon einige Male einen Stand. Dort verkauften sie selbst geschöpfte Schokolade, Pralinen, Marmeladen und kunstvolle Kerzen. Nikol Ragalyiova-Linsmeier mag Selbstgemachtes, Kreatives, das, was nicht jeder hat. Früher verdiente sie ihren Lebensunterhalt mit Nageldesign, aber das war nicht erfüllend genug. Die kommunikative Café-Besitzerin wollte mehr, um sich zu verwirklichen. 

In dieser Zeit hat sie sich auch selbst ein neues Erscheinungsbild gegeben, besser gesagt ihrer Haut. Ihr ganzer Körper ist mittlerweile ein Kunstwerk. Wie viele Tattoos sie hat? „Kann ich nicht sagen.“ Ihr Mann Uwe weiß: Ihr gesamter Körper ist ein großes Bild. „Ich mache das nicht, um aufzufallen, sondern weil es für mich persönlich Bedeutung hat“, sagt die 35-Jährige.

Seit sechs Jahren in Berchtesgaden

Seit sechs Jahren ist Nikol Ragalyiova-Linsmeier nun schon in Berchtesgaden. Ihr Café hat sie seit rund fünf Jahren. Die Freude war groß, als sie eröffnete und endlich mit ihrem eigenen Konzept starten konnte: Alles eine Spur persönlicher. Nicht nur Kaffee und Kuchen, sondern auch Inspirationsraum mit selbst Kreiertem. Es war die Verwirklichung ihres kleinen Traums, fernab der Heimat. Faire Preise, keine touristische Abzocke. „Leider ist Berchtesgaden ein sehr teures Pflaster geworden“, sagt sie. 

Eine Woche nach Neueröffnung war es Corona, das sie zum Pausieren zwang. Mittlerweile lebt sie von Gästen und Stammkundschaft. Aber auch die werden immer weniger, weil das Parken immer schwieriger wird. Manchmal ist es nur noch ihr kleiner Online-Handel mit selbst gefertigten Pralinen, der ihr den Hintern rettet. Und jetzt soll es ein neues Konzept richten, an dem sie seit Langem arbeitet. Ihr Café soll „magisch“ werden.   

Harry Potter soll es richten

Nikol Ragalyiova-Linsmeier ist leidenschaftlicher Harry Potter-Fan. „Ich habe die Filme und Bücher unzählige Male gesehen und gelesen“, sagt sie. Sie hat alles um die weltweit erfolgreiche Serie gesammelt, was ihr vor die Nase kam. „Weil es mit einer offiziellen Lizenz schwierig ist“, setzt sie auf zauberhaftes Design. Ihre Sammlerstücke hat sie überall im Laden platziert, Bilder von Harry Potter, seltene Sammlerstücke wie den Zauberstab, Figuren, magische Eulen, die Hogwarts-Schule ist vertreten. Sie hat Pralinen gefertigt, angelehnt an die goldenen Schnatze, kleine Bälle mit Flügeln. Auch die Schokofrösche hat sie nachgebacken.

„Es gibt so viele Fans der Reihe, aber auch andere, die sich hier einfach nur wohlfühlen dürfen“, sagt Nikol Ragalyiova-Linsmeier. Weil es nur wenige solcher Cafés gibt, hofft sie, das Interesse unter jenen zu wecken, die auf Fantasy und gute Geschichten im magischen Universum stehen. Für Nikol Ragalyiova-Linsmeier ist es ihr letzter Versuch. Wenn sich die Situation nicht bessert, werden sie und ihr Mann wohl wieder schließen - und Berchtesgaden verlassen. Die Bedenken mit der anhaltenden Parkplatzproblematik: Die bleiben. (kp)         

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