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Startschuss für Planungen

Kreistag beschließt Wiederaufbau der Kunsteisbahn am Königssee

Der neue Herrenstart an der Kunsteisbahn Königssee
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So soll der neue Herren-Rodel-Start aussehen.

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass ein verheerendes Unwetter die Kunsteisbahn am Königssee zerstört hat. Nun steht fest: Die Bahn wird saniert und wieder in Betrieb genommen. Im Kreistag wurden nun die Planungen präsentiert. Viele, doch nicht alle Kreisräte zeigten sich begeistert.

Bad Reichenhall – Der Kreistag hat in einer Sondersitzung am Dienstag den Wiederaufbau der Kunsteisbahn am Königssee beschlossen. Die Vor- und Entwurfsplanungen sind abgeschlossen, nun kann mit der Planung einzelner Themenblöcke gestartet werden. Im Beschlussvorschlag ging es konkret um folgende fünf Punkte:

1. Objektschutz Steinschlag

Im Rahmen des Wiederaufbaus soll die Anlage mit einem wirksamen Objektschutz gegen Georisiken, insbesondere Steinschlag, ausgestattet werden. Besondere Gefahr von Steinschlag besteht im südlichen Bereich der Bahn. Die Felsabstürze laufen hier parallel über die gesamte Länge der Bahn. Aber auch im nordöstlichen Teil kann es zu Steinschlägen aus den Abstürzen des Grünsteins kommen. In diesem Areal müssen die Zäune lediglich beräumt und instand gesetzt werden.

„Wir haben uns die Felsbereiche näher angeschaut, um aussagekräftige Simulationen zu machen. Diese waren die Grundlage für die Bemessungen“, erklärte der Geowissenschaftler Dr. Kilian Scharrer. Für die Bemessung von Steinschlagschutzmaßnahmen gibt es allerdings in Deutschland keine Norm. Daher hat man sich die österreichische Richtlinie für die Planungen zum Vorbild genommen. Nach der bevorzugten Variante sollen die bereits bestehenden Schutzzäune ersetzt und zusätzlich neue errichtet werden. Heißt in Zahlen: 435 Meter Zaun werden zurück gebaut, 764 Meter neu errichtet. „Wir haben nur zwei Bereiche, die nicht im Rahmen des bestehenden Bebauungsplans umsetzbar sind“, so Scharrer. Die Forstbehörde habe diese Bereiche jedoch bereits mit „kein Eingriff“ eingeschätzt. Somit dürfte die Fertigstellung der gesamten Maßnahme mit der Umsetzung des neuen Rodelstarts zusammenfallen.

2. Objektschutz Wildbach

Das gesamte Gebiet, das auf den Klingerbach wirkt, wurde in Bezug auf Hydrologie, Feststoffe und Hydraulik untersucht und schließlich in Simulationen zusammengeführt. Auch neue Niederschlagsdaten aus diesem Jahr wurden in die Planung übernommen. Zudem wurden Extremereignisse wie ein 1000-jährliches Hochwasser berücksichtigt. Geschiebe und Wildholz sollen oberhalb der Sportanlage zurückgehalten und der Feststoffeintrag in den Unterlauf des Klingerbaches reduziert werden. Hierzu braucht es eine Geschiebedosiersperre mit Geschiebeverlandungraum. Die Dosiersperre ermöglicht eine Selbstentleerung und stabilisiert die Gewässersohle. Für den Unterhalt der Anlage wird der Landkreis Berchtesgadener Land verantwortlich sein. Eine Kostenbeteiligung wird mit dem Wasserwirtschaftsamt geregelt.

3. Wiederherstellung bis Bobstart und Neuerrichtung Herrenrodelstart

Der neue Herrenrodelstart soll in das bestehende Bobstart-Gebäude integriert werden und erfolgt dann von einer Plattform aus, die man über ein neues Treppenhaus mit Aufzug erreicht. Dies ermöglicht einen zusammenhängenden Funktionsbereich für alle Disziplinen mit gemeinsam nutzbaren Nebenräumen. Aufgrund von Überflutungsschäden ist auch eine umfassende Sanierung des Bestandsgebäudes Bobstart erforderlich. Die Sanierungsmaßnahmen umfassen unter anderem die Instandsetzung von Stahlbetonstützen, den Wiederaufbau der Dachkonstruktion, die Sanierung von mit Wasser beaufschlagten Böden und Wandbereichen sowie den Austausch von Türen und Sanitärgegenständen. Zusätzlich werden Maßnahmen zur Barrierefreiheit und zur Attraktivierung des Zuschauerbereichs bei Wettkämpfen durchgeführt. Geplant ist auch die Beheizung mittels einer Wärmepumpe, einschließlich einer Flächenheizung in beheizten Räumen im Zuge der Fußbodensanierung.

Visualisierung des neuen Herrenstarts

4. Technik

Die aktuellen Planungen für den Wiederaufbau der Kunsteisbahn umfassen verschiedene technische Aspekte. In der Kältetechnik sollen Fernleitungen erneuert, Ventilstationen ausgetauscht, der Herrenrodel-Startstreifen verkürzt und die Steuerungen verbessert werden. Zusätzlich werden im Bereich Heizung, Sanitär, Fördertechnik und Elektrotechnik umfassende Anpassungen vorgenommen, darunter die Modernisierung von Sanitäranlagen, die Integration einer Wärmepumpe, der Einbau von Aufzügen, der Austausch von Beleuchtung auf LED-Technik und die Verbesserung der Gebäudeautomation.

5. Verkehrsanlagen

Aufgrund der geplanten Geschiebesperre wird nur noch eine Anlieferrampe vorhanden sein. Im Bereich der Verladebrücke wird ein Wendekreis entstehen, um einen raschen Fahrzeugwechsel beim Ab- und Anliefern gewährleisten zu können. Die Bahn wird vom alten Herrenstart bis zum Bobstartgebäude abgebaut. Auch ein 500 Meter langer Bahnbegleitweg ist geplant. Sonstige Verkehrsflächen werden saniert und instandgesetzt.

Kosten und Zeitplan

Für den Wiederaufbau gibt es einen engen finanziellen Rahmen, denn dieser soll komplett aus Fördergeldern bezahlt werden. Hierzu stehen 53,5 Millionen Euro zur Verfügung. Die Verwaltung des Landratsamtes hat einen Maßnahmenkatalog erarbeitet. Dieser wurde bezüglich der Kostenbegrenzung priorisiert:

  • Priorität 1: „Für den Wiederaufbau essentiell“
  • Priorität 2: „Wichtig und sinnvoll, sollte, wenn irgend möglich, umgesetzt werden“
  • Priorität 3: „Wünschenswert, aber im Rahmen des Projektes nicht finanzierbar“

Zunächst werden nur die Maßnahmen der Priorität 1 verwirklicht. Sollte noch Geld übrig bleiben, werden Maßnahmen der Gruppe 2 angegangen.

Die Entwurfsplanung sowie die Kostenberechnung sind für die oben genannten Punkte bereits abgeschlossen. Als nächstes wird Mitte Dezember der Förderantrag eingereicht. Die Planungen werden im Januar abgegeben. Parallel läuft auch das Bebauungsplanverfahren. Dieses soll Mitte 2024 abgeschlossen sein. Wenn die Baugenehmigung vorliegt, kann ausgeschrieben werden. Der Baustart ist noch für das kommende Jahr geplant. In der Saison 2025/26 dürfte dann schon ein vorzeitiger Betrieb vom Bobstart aus möglich sein.

Die Diskussion

„Die Planung hat sich kontinuierlich verbessert“, lobte Hans Metzenleitner (SPD) den Fortschritt des Projektes. „Es geht nicht nur um die Bahn, sondern auch die Unterlieger. Jetzt ist die größtmögliche Sicherheit hergestellt.“ Besonders wichtig sei ihm und seiner Fraktion, dass auf den Landkreis keine Kosten zukommen, da alles aus dem Unwetterfonds bezahlt wird. Die Bahn sei auch mit ihrer Tradition ein Aspekt für den Tourismus. Aus naturschutzfachlicher Sicht sei ihm auch wichtig, dass ein Teil der Bahn zurückgebaut und keine neuen Flächen überbaut werden. Auch der neue Herrenrodelstart schmiege sich ideal in die Landschaft ein.

Dem stimmte auch Michael Koller (FWG) zu. Die Bahn gehöre nun mal zur Identität des Landkreises und der Gemeinde Schönau am Königssee. „Wir haben volle Kostenerstattung. Das ist ein guter Beitrag, dass in der Jugendarbeit im Sport etwas vorangeht.“ Auch zeigte er sich froh, dass die Georisiken so ausführlich behandelt wurden.

Die Bahn wird bis zum Bobstart hinauf saniert. Dort wird in Zukunft auch der neue Herrenstart (rechts oben) sein.

Über die Errichtung des 21 Meter hohen Herrenrodelstarts wurde gesondert abgestimmt. Bartl Wimmer (Grüne) kündigte an, dass diesbezüglich in seiner Fraktion kein Einvernehmen herrsche. Der geplante „Turm“ sei eindeutig zu hoch und passe nicht ins Landschaftsbild. Man solle sich mit möglichen Klageparteien rechtzeitig verständigen. Zudem solle man Druck machen, dass die Förderungen schneller ausgezahlt werden. „Die Regierung von Oberbayern verteilt hier nur beschlossene Bundesmittel. Ich habe für die Rumeierei kein Verständnis. Es ist auch der Bundeswille, dass wir zeitnah zu einem Wiederbetrieb kommen können.“

Immer wieder hörte man von den Kreisräten, dass es sich nicht um einen Wiederaufbau, sondern eine Reparatur handle. So auch von Thomas Weber (CSU). Für ihn ergebe das Projekt zusammen mit dem „Turm“ ein stimmiges Gesamtbild. Einen vorzeitigen Betrieb im Jahr 2025 halte er für „dringend notwendig. Ich verfolge die Belastungen für die Kinder und Jugendlichen.“ Auch er mahnte vor einer Verzögerung durch die Regierung von Oberbayern bei der Ausschüttung von Bundesmitteln. „Ich kann in keinster Weise feststellen, dass es da Verzögerungen gibt. Es ist absolut so, dass sie hinter der Maßnahme stehen“, entgegnete Landrat Bernhard Kern, lenkte dann aber doch ein, mehr Druck machen zu wollen.

Agnes Thanbichler (ÖDP) kritisierte, dass die Hochrisikosituation dennoch geblieben sei. „Wir können die Natur nicht vollkommen beherrschen. Wir sind mitten in einem eklatanten Klimawandel.“ Außerdem handle es sich um eine Nischensportart, die von Material und Energie lebe. „Reicht nicht einfach ein Jugendtrainingszentrum?“ Eine Risikoversicherung sei auch nicht vorhanden. Manfred Hofmeister (BLR) sah das genauso wie Thanbichler. Kern bestätigte, dass man die Versicherungsmöglichkeiten erst nach der Wiederherstellung feststellen könne. Dr. Bernhard Zimmer (Grüne) erkundigte sich, ob die Leitungen der Ammoniakanlage geprüft wurden. Planer Uwe Deyle erklärte, dass die Leitungen derzeit leer seien und Anfang 2025 auf Dichtheit geprüft werden, „damit wir im Herbst nicht überrascht werden.“

Als „Standortbürgermeister“ zeigte sich Hannes Rasp (CSU) sehr froh um die Mehrheit, die das Projekt unterstütze. Vor Kurzem sei er sogar auf Usedom angesprochen worden, wie es der Rodelbahn gehe. Bezüglich des Bebauungsplans sagte er die Unterstützung der Gemeinde Schönau am Königssee zu. „Wir werden die Sitzungen so legen, dass wir keine Woche verlieren.“ Sein Berchtesgadener Kollege Franz Rasp (CSU) hielt den Verlauf des Projektes für „ganz schön zach“. Er regte an, ein vorher-nachher-Modell anfertigen zu lassen. Dieses könne auch dem Schönauer Gemeinderat behilflich sein, denn „Pläne lesen ist nicht immer einfach.“

Wolfgang Koch (AfD) forderte ein Gespräch „mit Berlin.“ Schließlich sei es angesichts dessen, was dort gerade geschehe, nicht sicher, dass noch Fördergelder fließen. „Wenn wir das nicht wüssten, wo die Fördermittel herkommen, dann würden wir die Sitzung nicht abhalten. Die Kosten sind mit der Regierung von Oberbayern abgestimmt und auch genehmigt. Wir sind nicht leichtfüßig unterwegs“, entgegnete Landrat Kern.

Die Abstimmung fand, wie gesagt, in zwei Teilen statt. Für den Wiederaufbau, den Objektschutz Steinschlag und Wildbach, die Verkehrsanlagen sowie die Kostenberechnung stimmten 46 Mitglieder, fünf waren dagegen. Die Wiederherstellung des Herrenrodelstarts erhielt 38 Stimmen. Hier stimmten 14 Kreisräte dagegen. Somit wurden beide Vorschläge mehrheitlich angenommen.

mf

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