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Ex-Kommandeur: Missbrauch der Befehlsbefugnis

Gebirgsjäger-General wegen Dienstvergehen angeklagt – Hohe Strafe am Laufener Amtsgericht

Auf einer Steintafel steht „Hochstaufen Kaserne“. Zwei Bundeswehr-Soldaten marschieren mit einem Esel, der Gepäck transportiert, durch unwegsames Gelände. Zwei Generäle geben sich die Hand.
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Ex-Brigadegeneral Michael Bender (links) mit seinem ehemaligen Stellvertreter Björn-Ulrich Kohlbach (rechts).

Anonyme Beschwerden führten zum Gerichtsverfahren gegen den Kommandeur der Gebirgsjägerbrigade 23. Der Vorwurf: Missbrauch der Befehlsbefugnis und abwertende Äußerungen über einsatzgeschädigte Soldaten. Ein nachträglich geändertes Protokoll brachte das Fass zum Überlaufen.

Bad Reichenhall/Laufen – Es hatte anonyme Beschwerden gegen den Kommandeur der Gebirgsjägerbrigade 23 gegeben. Zu Führungsstil, Management und Umgang mit Soldaten. Unter anderem soll sich der heute 50-jährige Brigadegeneral im kleinen Kreis abwertend über einsatzgeschädigte Soldaten geäußert haben. All das hätte ihm noch nicht seinen Posten gekostet, doch das Verlangen, ein Protokoll nachträglich zu seinen Gunsten zu ändern, war zu viel. Wegen Missbrauchs der Befehlsbefugnis zu unzulässigen Zwecken stand der General jetzt in Laufen vor Gericht. 

Gegen einen Strafbefehl über 27.600 Euro hatte der Angeklagte Einspruch eingelegt. „Ich bin froh, hier in mündlicher Verhandlung aussagen zu können“, widersprach er der Anklage und beklagte seinerseits „Vorverurteilungen“ im Heer und in der Presse. Belastungszeuge war ein Oberstleutnant als Chef des Stabs. Der will die herabwürdigende Äußerung seines unmittelbaren Vorgesetzten gehört haben: „Wenn die einen an der Glocke haben, werden sie per Dienstunfähigkeits-Verfahren entlassen.“ So hatte es der Oberstleutnant telefonisch gegenüber dem Divisionskommandeur bestätigt, während er zum angeklagten Brigadegeneral und anderen hochrangigen Soldaten in der Reichenhaller Hochstaufen-Kaserne stets gesagt hatte, er könne sich daran, also an die abwertende Aussage, nicht erinnern. 

Oberstleutnant sollte Protokoll nachträglich ändern – Abwertende Aussagen über Einsatzgeschädigte

„Ich war in der Zwickmühle“, sagte der Oberstleutnant im Zeugenstand, „Loyalität gegenüber dem Brigade-, aber auch gegenüber dem Divisionskommandeur.“ Letzterem habe er telefonisch die Wahrheit gesagt, worauf der ihm ein Gesprächsprotokoll zukommen habe lassen, mit der Bitte, das unterschrieben zurückzuschicken. Dieses Protokoll hatte er schließlich dem Angeklagten zur Kenntnisnahme vorgelegt. Der soll den Inhalt als „starkes Stück“ bezeichnet und verlangt haben: „So kann das nicht bleiben.“ Handschriftlich habe der Brigadegeneral „drin rumgeschrieben“, schilderte der Stabschef dieses Treffen im Dienstzimmer des ebenfalls anwesenden Brigadegeneral-Stellvertreters. 

Dieser 53-jährige Oberst schilderte die Protokollvorlage an den Angeklagten mit den Worten des Oberstleutnants: „Das sollten sie wissen.“ Der Brigade-Kommandeur soll zum Inhalt „ungut“ gesagt haben und gefragt: „Ist das endgültig?“ Dass man Notizen in ein Protokoll schreibe, sei nichts Ungewöhnliches, meinte dieser Zeuge. Was geschrieben worden war, will er erst später erfahren haben, weiteres will er bei diesem Treffen in seinem Büro nicht mitbekommen haben, da er sich gleich wieder seiner Arbeit gewidmet habe. „Eine Diskussion, etwas zu ändern, fand nicht statt“, so der Zeuge. 

Original-Protokoll gestohlen? 

Das Original des Protokolls mit den Notizen will der Oberstleutnant in seinem privaten Dienstrucksack aufbewahrt haben, woraus es eines Tages verschwunden sei. Untersucht worden waren die vorangegangenen Beschwerden gegen den Brigadegeneral vom Divisionskommandeur. Der 67-Jährige berichtete, dass er schließlich eine „Absehens-Verfügung wegen eines Dienstvergehens“ erlassen habe, was aber für den Angeklagten keine Konsequenzen gehabt hätte. Die abwertende Äußerung zu Einsatzversehrten, also psychisch belasteten Kameraden, sei dem Angeklagten wohl in einer „emotionalen Besprechung so rausgerutscht“. Anders bei der Anweisung, ein Vernehmungsprotokoll zu ändern. „Das ist ein schweres Dienstvergehen.“ 

Geprüft hatte die Angelegenheit später ein Jurist der Wehrdisziplinaranwaltschaft. Den Oberstleutnant beschrieb er bei der Befragung als „angefasst, aber klar“, während er den Stellvertreter des Kommandeurs als Zeuge des Vorgangs als „wankelmütig“ und mit „selektiver Wahrnehmung“ erlebt habe. „Bei der Befragung zeigte er Stresssymptome.“ 

Die ausufernden Zeugenbefragungen durch Rechtsanwalt Michael Gladow im Gerichtssaal kritisierten Vorsitzende Ann Kathrin Dolge und Staatsanwältin Karin Hahn als „Nebenkriegsschauplätze.“ Insbesondere versuchte der Verteidiger, die Glaubwürdigkeit des Oberstleutnants in Zweifel ziehen, der zuvor über hohe psychische Belastung im Dienst, starkem Kopfschmerz und der Einnahme von Schmerzmitteln berichtet hatte. 

Missbrauch der Befehlsbefugnis – Das Urteil

„Von einer Führungspersönlichkeit erwartet man, dass die Fehler einsieht und dazu steht“, stellte die Staatsanwältin in Richtung Angeklagten fest. Hahn erlebte den Oberstleutnant als „glaubhaft und ohne Belastungseifer.“ Für den angeklagten „Wehrstraftatbestand“ beantragte sie eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 230 Euro. 

Verteidiger Gladow mochte bei der Rückgabe des Protokolls seines Mandanten an den Oberstleutnant keinerlei „Erwartungshaltung“ erkennen, kein „Auftrag tue dies oder das“. Insofern sei der ehemalige Brigadekommandeur freizusprechen. Richterin Dolge sah in der Ansage des Angeklagten, „so kann das nicht stehenbleiben“, hingegen eindeutig einen Befehl gegenüber dem untergebenen Oberstleutnant. Dessen Schilderungen seien „glaubwürdig und konsistent“ gewesen. Ihr Urteil: eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 230 Euro, in Summe also 34 500 Euro. 

Der Verteidiger kündigte nach gut zehnstündiger Verhandlung Rechtsmittel an: „Die Begründung folgt.“ Der Verurteilte arbeitet inzwischen im Bundesamt für Beschaffungswesen in Koblenz und ist nicht mehr Angehöriger des Heeres. Finanzielle Einbußen hat er nach eigener Aussage nicht. Zu Beginn der Verhandlung hatte er von seinem „atypischen Werdegang“ berichtet und gemutmaßt, dass man einem „jungen Emporkömmling“ ohne „Regellaufbahn“ nicht mit Wohlwollen begegnet sei. Der Jurist hatte zuvor bestätigt, dass der oder die Verfasser der anonymen Beschwerden „bis heute unklar sind.“. (hhö)

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