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Happy Endings in Freilassing

Nicht mehr schön genug oder zu alt: Mit welchen Ausreden Tiere im Tierheim abgegeben werden

Die Leiterin des Tierheims Freilassing, Christine von Hake, hält den Chihuahua-Rüden Teddy in den Händen. Neben ihr sitzen zwei größere Hunde.
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Christine von Hake weiß, dass manchmal auch Gründe erfunden werden, um Tiere abzugeben - wie bei Chihuahua Teddy.

Schwangerschaft, Trennung vom Partner, neuer Job: Die Liste der Gründe, weshalb Tiere abgegeben werden, ist lang. Oft sind es auch erfundene oder vorgeschobene Argumente, weiß Christine von Hake. Die Tierheimleiterin aus Freilassing erzählt von zwei beispielhaften Geschichten: Der Chihuahua Teddy wurde wegen Überforderung und angeblich mangelnder Sauberkeit abgegeben. Und weil die Tochter eine Babykatze wollte, steckte eine Familie den Kater Muggerle ins Tierheim - obwohl er zwölf Jahre lang ein treuer Begleiter war und allen Freude bereitete.

Freilassing/Bad Reichenhall - Tierheime haben immer wieder damit zu kämpfen, dass sie keine Kapazitäten haben, neue Tiere aufzunehmen. Manchmal werden Tiere aus fürchterlichen Verhältnissen gerettet oder wortwörtlich auf der Straße aufgegabelt, wie es bei einigen Dauergästen der Fall ist. Und auch wenn es viele verständliche Gründe gibt: Es gibt genauso viele unverständliche Abgabegründe, von den Besitzern erfunden oder ausgedacht, weil Herrchen und Frauchen einfach keine Lust mehr haben. „Im Tierheim hören wir oft die schlimmsten Geschichten, wieso man sein Tier abgeben möchte“, schildert Christine von Hake. An zwei Fälle kann sich die Leiterin des Freilassinger Tierheims besonders gut erinnern.

Zum einen wäre da der 12 Jahre alter Kater Muggerle, der bereits sein ganzes Leben bei seiner Familie verbrachte. Er bereitete allen viel Freude, alle waren glücklich. Bis die Tochter eine Babykatze wollte. Für Muggerle, der bis dahin immer allein lebte, eine schwierige Veränderung. Er war nicht begeistert, fing an zu markieren und lag nur noch unglücklich in der Ecke. „So wurde kurzerhand entschieden: Der alte Kater muss weg. Also landete er bei uns im Tierheim“, sagt von Hake.

Muggerle lebte stets bei seiner Familie, alle waren glücklich - bis die Tochter eine Babykatze wollte und der Katzer „zu alt“ war.

Muggerle versteht die Welt nicht mehr

„Für uns unverständlich, wie man eine Katze, die das gesamte Leben lang ein treuer Begleiter gewesen war, einfach abschiebt, weil eine neue Katze ,spannender´ ist.“ Auch der Kater wusste nicht, wie ihm geschieht, und verstand die Welt nicht mehr. Laut der Leiterin sah man dem Kater an, dass es sehr traurig und unglücklich war. Er fraß auch nicht mehr gut. Das Tierheim setzte alles daran, für Muggerle so schnell wie möglich ein neues Zuhause zu finden. Doch vor allem für ältere Tiere stehen die Chancen nicht sonderlich hoch, dass sie noch vermittelt werden.

„Zum Glück meldete sich bald eine nette und verständnisvolle Familie, die auch gerne einem älteren Tier eine Chance geben wollte“, erinnert sich von Hake. Und nach ein paar Wochen der Eingewöhnung bekamen das Tierheim eine Mail, in der zu lesen war, dass Muggerle der tollste Kater der Welt sei. In seinem neuen Zuhause überhäuften ihn die Kinder geradezu mit Liebe und könnten sich ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen, hieß es. „Bei solchen Nachrichten geht uns das Herz auf und wir wissen wieder, warum wir jeden Tag um jedes einzelne Lebewesen kämpfen. Denn aus traurigen Geschichten können letztendlich mit viel Liebe und etwas Glück doch noch Happy Ends werden.“

„Best of“ an Ausreden und Gründen, weshalb Tiere in den Tierheimen Freilassing und Bad Reichenhall abgegeben werden:

In beiden Tierheimen wird immer wieder eine angebliche Tierhaarallergie als Abgabegrund genannt. In Bad Reichenhall wurde bei Abgabe schon angegeben, dass das Tier auf die Couch gekotet habe oder angeblich zugelaufen sei. Weil die Katze kratzt, der Hamster nicht kuschelt oder der Ex-Partner das Tier nicht bekommen soll: Auch das mussten sich die Mitarbeiter schon anhören. Manchmal soll das Tier auch getauscht werden, weil sich zum Beispiel die Tochter eine andere Fellfarbe wünscht. Oder man habe das Tier erhalten, wisse aber nicht mehr, von wem.

In Freilassing wurden auch schon finanzielle Gründe, etwa wegen zu hoher Tierarztkosten, aufgeführt oder dass in der neuen Wohnung keine Haustiere erlaubt sind. Abgeben wurden Tiere auch deswegen, weil sie krank sind, weil sich die Besitzer getrennt haben, der neue Partner das Tier nicht akzeptiert oder weil wegen des neuen Jobs keine Zeit mehr vorhanden ist. Zum „Best of“ in Freilassing gehören auch: Ein neues Tier kommt ins Haus, also muss das alte weg. Und manche Tiere werden auch extra wegen des Urlaubs ausgesetzt oder abgegeben.

Teddy wurde abgegeben, weil seine vorherigen Besitzer mit ihm überfordert waren und seine Bedürfnisse nicht erkannten.

Teddy zu unsauber?

Der zweite Fall handelt von Teddy. Der Chihuahua wurde im Alter von fünf Jahren wegen Überforderung und mangelnder Sauberkeit im Tierheim Freilassing abgegeben. „Teddy verstand die Welt nicht mehr und fühlte sich im Tierheim überhaupt nicht wohl. Selten haben wir einen Hund gesehen, der so gar nicht mit der Situation zurechtkam“, denkt von Hake zurück. Er stand einfach nur in der Ecke des Auslaufes und wollte am liebsten im Erdboden versinken. Auch in seinem Zimmer lag er nur lethargisch in seinem Körbchen und hatte kaum Interesse an seinem Futter. „Es war ein Bild des Jammers.“

Kurzerhand entschied eine der Mitarbeiterinnen, Teddy mit nach Hause zu nehmen. Und siehe da: Es stellte sich schnell heraus, dass der kleine Chihuahua durchaus stubenrein war. Er zeigte jedes Mal an, wenn er hinausmusste. Allerdings hatte er eine Blasenentzündung und starken Durchfall. Beides wurde mit Medikamenten in den Griff bekommen, auch wenn der Aufbau der Darmflora einige Zeit länger dauerte. Die Mitarbeiterin musste für den Rüden aufgrund von Allergien und Unverträglichkeiten erst das richtige Futter finden.

Fünf Jahre alt und mit der Außenwelt überfordert

Es gab laut der Tierheimleiterin noch ein paar andere „Baustellen“, die sich in den nächsten Tagen zeigten. So ließ sich Teddy zum Beispiel nicht anfassen, um ihm Geschirr und Leine anlegen. „Wie sollte man also spazieren gehen? Unsere Mitarbeiterin wollte ihn natürlich nicht bedrängen und so fand sie heraus, dass es anfangs ausschließlich auf der Couch möglich war, ihn anzuziehen.“ Spaziergänge waren ebenfalls mit vielen Problemen verbunden. Teddy kannte im Alter von fünf Jahren nichts, er bellte alles an: Autos, Fahrradfahrer, Spaziergänger, andere Hunde und vieles mehr. „Nur mit positivem Training, Leckerlis, viel Zeit und Vertrauen wurde es nach und nach besser.“

Insgesamt dauerte es über ein Jahr, bis Teddy endgültig in seinem neuen Zuhause ankam. Mittlerweile hält er nachts über zwölf Stunden aus, ohne hinaus zu müssen. Und sein neues Frauchen hat ein Futter gefunden, das ihm schmeckt und er gut verträgt. Zusammen genießen sie mittlerweile die gemeinsamen Spaziergänge, auch wenn das Training mit ihm nicht aufhört. Drinnen ist der Chihuahua sehr anhänglich und „ein totaler Schmuser, der es liebt, auf dem Schoß seines Fraulis zu schlafen“.

Christine von Hake glaubt, dass es bei Teddy Schicksal war, dass er im Freilassinger Tierheim abgegeben wurden, denn so kam er letzten Endes in sein Traum-Zuhause. „Und auch unsere Mitarbeiterin, die kurz zuvor ihre Hündin gehen lassen musste, konnte wieder lächeln und neuen Mut fassen. Teddy und sein Frauli sind eine richtige Einheit geworden und keiner möchte den anderen missen.“

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