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„Voraussichtlich rechtswidrig“

Waldstück umsonst gefällt? Neues Speicherbecken am Skigebiet Götschen steht vor dem Aus

Auf einer offenen Fläche im Wald liegen gefällte Bäume, neben einem Weg ist ein Zaun zu sehen. Ein Blick von oben zeigt ein Skigebiet mit einer Hütte und hunderten Skifahrern.
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Wurden die 4000 Quadratmeter Waldfläche umsonst gerodet?

„Voraussichtlich rechtswidrig und nicht nachvollziehbar“: So stuft eine Kammer des Verwaltungsgerichts München die geplante Erweiterung des Speicherbeckens am Skigebiet Götschen ein. Neue Details zum Eilantrag vom Bund Naturschutz lassen aufhorchen. Weil die Gemeinde Bischofswiesen auf der 4.000 Quadratmeter großen Waldfläche die Bäume roden ließ, steht nun die Frage im Raum: Wurde damit gegen das Naturschutzgesetz verstoßen?

Bischofswiesen – Nachdem das Verwaltungsgericht einem Eilantrag des Bund Naturschutz zugestimmt hat, deutet sich aktuell eine Tendenz an. Und diese könnte zugunsten der Naturschützer ausfallen – vermeintlich sehr zum Missfallen der Gemeinde Bischofswiesen sowie des Landratsamtes BGL, nachdem kurzfristig eine 4000 Quadratmeter große Waldfläche gerodet wurde.

Denn wie ein Pressesprecher des Münchener Gerichts bestätigt, wurde mit Beschluss vom 10. April die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt. Gegenstand der Klage ist „nur“ noch der Speicherteich und nicht die Modernisierung der Beschneiungsanlage am Götschen. Das heißt: Solange es dazu keine Entscheidung gibt, dürfen keine weiteren Maßnahmen durchgeführt werden.

Erste Einschätzung des Gerichts

Wie der Sprecher weiter mitteilt, habe am 27. Februar das Landratsamt die sofortige Vollziehung der Genehmigung angeordnet, im Wesentlichen unter Hinweis auf ein aktuelles Gutachten, wonach der Speicherteich im Grunde umgehend saniert werden müsse. Daraufhin folgte der Eilantrag der Naturschützer. „Das Gericht kam im Rahmen des Eilverfahrens zum Ergebnis, dass sich die Planfeststellung zur Erweiterung des Speicherteichs voraussichtlich als rechtswidrig und nicht vollziehbar darstellen werde. Dies sei darin begründet, dass die Voraussetzungen für die erforderliche artenschutzrechtliche Ausnahme voraussichtlich nach Aktenlage nicht vorliegen“, erklärt der Sprecher.

Der Fortbestand des Skigebiets und die damit verbundene Ertüchtigung der Beschneiungsanlage sei zwar ein grundsätzlich im Sinne der Planrechtfertigung anzuerkennendes Interesse. Auch die durch den Antragsteller (Bund Naturschutz, Anmerkung d. Redaktion) geltend gemachten Mängel an der naturschutzfachlichen Herangehensweise sah das Gericht als nicht gegeben an.

Auf der 4000 Quadratmeter großen Fläche am Skigebiet Götschen wurden alle Bäume gefällt.

Unterlagen lassen Richter zweifeln

Doch die zwingenden Gründe des überwiegenden Interesses und damit die artenschutzrechtliche Ausnahme lassen sich wohl nicht den Unterlagen entnehmen, so die Meinung der Richter. Zwar wurden wohl die allgemeinen betrieblichen Vorteile einer umfangreicheren Speicherhaltung dargelegt. „Doch es bleibt indes unklar, ob und in welchem Umfang das Vorhaben für den Betrieb der Beschneiung zwingend nötig ist. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass weder die zu beschneiende Fläche, noch die zur Beschneiung maximal einsetzbare Wassermenge, noch der Zeitraum der möglichen Wasserentnahme für die Beschneiung verändert werden“, heißt es aus München.

Obwohl die Kammer davon ausgeht, dass die Erweiterung voraussichtlich als rechtswidrig und die Planungen als nicht nachvollziehbar eingestuft werden, könnte es doch noch eine Chance für die Gemeinde geben. Wie der Sprecher schildert, komme ein ergänzendes Verfahren in Betracht, mit dem die behördliche Entscheidung angepasst, wiederholt und „repariert“ werden könne.

Das heißt, die Gemeinde kann die Unterlagen nachbessern und damit einen neuen Anlauf für das Projekt wagen. Ob es dazu kommt, ist unklar: Sowohl die Verwaltung in Bischofswiesen als auch das Landratsamt wollen sich mit Verweis auf das laufende Gerichtsverfahren weiterhin nicht äußern.

Das Skigebiet Götschen bei Bischofswiesen liegt auf einer Höhe von 880 bis 1307 Metern.

„In der kommenden Wintersaison wäre der Teich saniert“

Beim Bund Naturschutz hofft Vorsitzende Rita Poser auf ein Einsehen der Verantwortlichen: „Wir würden es begrüßen, wenn sich die Gemeinde Bischofswiesen jetzt dazu entschließen könnte, die Hinweise des Gerichtes aufzunehmen und mit der Sanierung des Speicherbeckens zu beginnen. Damit könnten weitere Gerichtskosten vermieden werden und in der kommenden Wintersaison wäre der Teich saniert.“ Sie und ihre Mitstreiter plädieren dafür, dass der gerodete Waldabschnitt wieder aufgeforstet und im Zuge dessen dort auch ein kleines Laichbiotop für Amphibien angelegt werde.

Anja Schilling, die den Bund Naturschutz in dem Verfahren als Anwältin vertritt, sieht durch die Rodungs- und Baumaßnahmen einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz. „Gelbringfalter und Haselmaus sind besonders geschützte Tierarten. Es ist verboten, diese zu fangen, zu verletzen oder zu töten sowie Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören“, macht sie auf den entsprechenden Paragrafen aufmerksam.

Da Gelbringfalter und Haselmaus im Bereich der Rodungsfläche ihren Lebensraum hatten, ging dieser durch die Rodungsmaßnahmen verloren, glaubt sie. Hierdurch wurden Fortpflanzungs- und Ruhestätten dieser Tierarten zerstört. Beim Falter könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass Exemplare getötet wurden.

Die Haselmaus gehört zu den besonders geschützten Tierarten.

Legen Gemeinde und Landratsamt Beschwerden ein?

Wie Schilling erklärt, wurden ihr und dem Bund Naturschutz vom Landratsamt im Rahmen des Eilverfahrens vorgeworfen, sich „polemisch gegenüber der Presse geäußert“ zu haben. Sie macht klar: „Das lag nicht in unserer Absicht. Allerdings halten wir es für wichtig, dass solche Vorgänge transparent der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden.“ Schilling geht davon aus, dass die Entscheidung zum Eilantrag beim Landratsamt und bei der Gemeinde nicht erfreut aufgenommen wurde.

Wie die Naturschützer mit den vermeintlichen Verstößen gegen das Bundesnaturschutzgesetz umgehen, dazu gibt es noch keine Entscheidung. Die Anwältin macht auch darauf aufmerksam, dass es zunächst abzuwarten gilt, wie die beiden Behörden auf den Beschluss reagieren. Eventuell könnten sie eine Beschwerde dagegen vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erheben.

Einen Termin für die mündliche Verhandlung im eigentlichen Klageverfahren gibt es übrigens immer noch nicht. Schilling erläutert: „Im Eilverfahren prüft das Gericht die Sach- und Rechtslage nur überschlägig, weswegen es nicht ausgeschlossen ist, dass das Gericht im Klageverfahren bei näherer Betrachtung zu einem anderen Ergebnis kommt. Allerdings passiert dies relativ selten. Deswegen könne man auch grundsätzlich davon ausgehen, dass das Verwaltungsgericht die Rechtslage im Klageverfahren ebenso beurteilen wird.“ (ms)

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