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Ungewöhnlicher Einsatz in Bischofswiesen

Webcam am Funtenseetauern zeigt Flammen in der Nacht: Brand am Rauhen Kopf wirft Rätsel auf

Ein Feuerwehrmann mit neongelber Warnweste und Helm spricht in ein Funkgerät. An einem steilen Berghang stehen zwei Einsatzkräfte der Feuerwehr und löschen mit einem gelben Schlauch einen brennenden Baum. Eine Webcam-Aufnahme zeigt eine Bergregion bei Nacht, eine helle Stelle ist mit einem roten Kreis und einem Pfeil markiert.
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Einsatzleiter Georg Graßl spricht über den Vegetationsbrand am Rauhen Kopf. Eine Webcam beim Funtenseetauern hatte in der Nacht zuvor die Flammen aufgenommen.

Ein Waldbrand in über 1000 Metern Höhe zu dieser Jahreszeit? 300 Meter von einem Wanderweg entfernt, abgelegen im steilen Gelände? Nachdem es zuvor geschneit und geregnet hat? Der Feuerwehreinsatz am Dienstagmorgen (19. November) am Rauhen Kopf bei Bischofswiesen wirft auch eine Woche später Fragen auf. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Feuerwehr-Kommandant Georg Graßl liefert Details zum Einsatz und Kreisbrandinspektor Anton Brandner erklärt, warum Vegetationsbrände im Spätherbst gar nicht so ungewöhnlich sind.

Bischofswiesen - Graßl selbst gehörte zu den ersten Zeugen, die am Dienstagmorgen um kurz vor 7 Uhr auf den Brand am Rauhen Kopf aufmerksam wurden. Er befand sich auf dem Weg zur Arbeit und fuhr von Loipl, also der anderen Seite des Tals, in Richtung Bischofswiesen. „Da hab ich schon den Rauch gesehen“, erinnert er sich. Der Kommandant versammelte seine Einsatzkräfte im Feuerwehrhaus, besprach mit den anderen Führungskräften der Feuerwehr Bischofswiesen die Taktik und dann rückten schon die ersten Fahrzeuge aus. „Da bringt es nicht, wenn wir blind drauflos stürmen und nicht wissen, was zu tun ist“, betont er.

„Gott sei Dank konnten wir bis auf einem Forstweg über Maria Gern bis zum Blauen Kastl fahren“, meint der damit das religiöse Kleindenkmal, dass sich auf dem Weg zum Rauhen Kopf an einer Wegabzweigung befindet. Etwa 200 Meter weiter auf dem Forstweg und 300 Meter oberhalb, im steilen Gelände, loderten die Flammen am Boden und griffen auf einen Baum über. Graßl und seine Kollegen bemerkten vor Ort schnell: Das Feuer musste natürlich gelöscht werden, aber die allergrößte Eile war nicht geboten. „Das war keine Herausforderung“, sagt er. Die betroffene Fläche: etwa 20 Quadratmeter.

Das Feuer griff vom Boden auf einen Baum über, als die Feuerwehr vor Ort eintraf.

Aus der Luft nach Glutnestern geschaut

Die Versorgung mit Löschwasser war auch gesichert, weil in Zusammenarbeit mit den anderen Wehren - beteiligt waren die Feuwehr Berchtesgaden mit dem Löschzug Maria Gern und die Feuerwehr Bad Reichenhall mit Flughelfern und einem Waldbrandsatz - zwei Fahrzeuge von einem Hydranten zur Einsatzstelle pendelten. „Normalerweise kommen wir nicht einfach so zum Brandort, sondern benötigen einen Hubschrauber“, schildert Graßl. Auch wenn das in diesem Fall nicht notwendig war, wurde trotzdem einer nachgefordert, um aus der Luft mit einer Wärmekamera nach Glutnestern zu schauen. Der Hubschrauber hätte zur Not auch noch Löschwasser transportieren können, doch das war an diesem Tag glücklicherweise nicht notwendig. Gegen 10.13 Uhr waren die Löscharbeiten beendet und die Einsatzkräfte rückten ab.

Auch die Polizei war mit der alpinen Einsatzgruppe vor Ort, um sich die Brandstelle genauer anzuschauen. Der Wanderweg befindet sich Graßl zufolge etwa 300 Meter davon entfernt, noch dazu im steilen und felsigen Gelände. Eine weggeworfene Zigarette oder ein Lagerfeuer erscheinen da eher unwahrscheinlich als Ursache für das Feuer. Zumal es in den Tagen zuvor geschneit und geregnet hatte, der Boden war dementsprechend noch feucht. „Ein ungewöhnlicher Einsatz“, gibt auch Graßl zu. Er glaubt, dass der Brand schon länger am Schwelen war, und verweist dazu auf die Aufnahme des privaten Webcamera-Anbieters www.foto-webcam.eu am Funtenseetauern, die nachts zwischen 2 und 3 Uhr am Rauhen Kopf Flammen erahnen lassen.

Die Webcam am Funtenseetauern zeigt zwischen 2 und 3 Uhr, wie es am Rauhen Kopf leuchtet. Normalerweise herrscht an dieser Stelle zu dieser Uhrzeit völlige Dunkelheit.

Manchmal vergehen Tage

Dass es bei Vegetationsbränden schon mal Tage dauern kann, bis aus einem kleinen Brand ein richtiges Feuer wird, bestätigt auch Kreisbrandinspektor Anton Brandner. Seit 2013 ist er für den südlichen Landkreis und damit die Bereiche der Feuerwehren Berchtesgaden, Bischofswiesen, Königssee, Marktschellenberg, Ramsau und Schönau am Königssee zuständig. „2003 gab es am Kiliansberg einen Waldbrand, ausgelöst durch einen Blitzschlag. Der eigentliche Einsatz ereignete sich der erst drei Tage später“, erinnert sich Brandner. Anwohner hätten damals Tage später berichtet, sie hätten dort ab und zu eine kleine Rauchwolke gesehen, sich aber nichts weiter dabei gedacht.

„Das Feuer glimmt vor sich hin, frisst sich in den Boden rein und dann, Tage später, entstehen richtige Flammen. Erst dann ist der Brand sichtbar“, verdeutlicht der Kreisbrandinspektor ein häufiges Szenario bei der Entstehung. Immer wieder käme es zu kleineren Bränden im alpinen Hochgelände, die meistens auf Blitzschläge zurückzuführen seien. Das zeige sich dann anhand der zerstörten Bäume, die getroffen wurden, doch beim Rauhen Kopf sei das auszuschließen. Eine Rolle spielen immer wieder auch Lagerfeuer im freien Gelände, die außer Kontrolle geraten, oder unachtsam weggeworfene Zigaretten. Ob eins davon die Ursache für den Brand am Dienstagmorgen sein könnte? „Das muss die Polizei herausfinden.“

Einsätze in einem solchen Gelände kommen immer wieder vor.

Probleme rund um den Jahreswechsel

Für die Feuerwehren sind aber solche Einsätze zu dieser Jahreszeit gar nicht so ungewöhnlich. „Sie sind seltener geworden“, meint Brandner. Vegetationsbrände kommen trotzdem noch immer zu allen Jahreszeit vor. Häufiger nach Silvester, wenn es noch nicht geschneit hat und eine Rakete den trockenen Boden entzündet. „So kam es auch zu den Waldbränden am Rossfeld“, verweist er auf die Feuer 2006/07 und 2013/14. Im vergangenen Jahr untersagte deshalb das Landratsamt dort die Verwendung von Feuerwerkskörpern und pyrotechnischen Gegenständen.

Es ist auch deshalb ein Trugschluss, Waldbrände nur mit dem Sommer zu verbinden, weil vor allem im November und im April das Gras häufig sehr trocken ist, wie Brandner erklärt. „Im Sommer herrscht bei 30 Grad natürlich ein anderes Bewusstsein für das Thema. Doch dann ist das Gras meistens grün und alles blüht auf den Wiesen. Im Frühling und Herbst ist es extrem trocken und in der Regel brennt bei Vegetationsbränden zuerst der Boden“. Sowohl der November als auch der April böten „interessanten Brennstoff“.

37 Einsatzkräfte rückten zur Einsatzstelle in der Nähe des Blauen Kastls an.

Eine Woche vorher ein Waldbrandtraining durchgeführt

Wie es der Zufall so wollte, absolvierten die Feuerwehren aus dem südlichen Landkreis eine Woche zuvor ein intensives Waldbrandtraining am Untersberg, nur wenige Kilometer von der Einsatzstelle entfernt. Sie konnten also die Theorie überraschend schnell in der Praxis anwenden. Brandner zufolge spielen bei Waldbränden drei Faktoren eine entscheidende Rolle: Die Vegetation, das Wetter und die Topografie. „Aufgrund der Vortage war alles noch ein bisschen feucht. Der Wind war auch überschaubar. Nur die Topografie war aufgrund des steilen Geländes ungünstig.“

Lokalisieren, Größe und Dynamik des Feuers einschätzen und schnellstmöglich Einsatzkräfte „raufkriegen“, verdeutlicht Brandner die weiteren Vorgänge. Unter Umständen muss bei Letzerem auch der Hubschrauber aushelfen, zum Beispiel von der Polizei oder von extra darauf spezialisierten Firmen im Umkreis. „Man kann viel mit Bodentruppen erledigen, die Lösckrucksäcke und Werkzeug dabei haben. Schon mit wenig Wasser lässt sich die Ausbreitung stoppen.“ Wenn das nicht hilft, müssen eine Schlauchleitung gelegt werden mit den Hubschrauber Wasserbehälter und Personal zur Einsatzstelle geflogen werden. „Die dritte Variante, ein Löschangriff mit dem Hubschrauber, hilft nur, das Feuer einzudämmen. Löschen kann man es damit nicht.“

Auch in Bischofswiesen am Fuße des Rauhen Kopfs versammelten sich mehrere Einsatzkräfte.

Erfahrene Einsatzkräfte aus Portugal

Bei der Waldbrandschulung am Untersberg wurden die heimischen Feuerwehren auch von externen Einsatzkräften trainiert, die zum Teil auch in Portugal bei großen Waldbränden mitanpacken und dort sowohl in Leitungs- als auch in Ausbildungsfunktion aktiv sind. „Die bringen eine ganz andere Erfahrung mit. Mit ihnen haben wir die gängigsten Szenarien technisch und taktisch geübt“, so Brandner. Grundsätzlich versuche man, bei Lehrgängen und Ausrüstungen zu antizipieren, welche Herausforderungen in den kommenden Jahren zunehmen. „Wir bereiten uns verstärkt auf extreme Naturereignisse und Vegetationsbrände vor.“

Dass sie eine Woche später das Gelernte in die Praxis umsetzen müssen, damit hätte aber niemand gerechnet. „Wir befinden uns einfach nicht in der klassischen Waldbrandsaion“. Auch die alpine Einsatzgruppe der Grenzpolizei Piding, die sich Anfang September mit einer alten Granate im Watzmannkar befassen musste, sucht nach der Brandursache am Rauhen Kopf und hat die Ermittlungen aufgenommen. „Die Wahrscheinlichkeit für ein Fremdverschulden ist hoch“, gab ein Sprecher auf Nachfrage bekannt. Bis ein Ergebnis oder zumindest eine wahrscheinliche Vermutung vorliegt, könnte es aber noch dauern. (ms)

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