Gegner gehen auf die Straße
Protest gegen AfD und FPÖ: Demonstration vor Wahlkampfveranstaltung in Bischofswiesen
Kurzfristig hatte Jakob Palm die Veranstaltung dann doch noch angemeldet. „Schade, dass wir hier sein müssen“, sagte der Wirt aus Berchtesgaden. An der Bundesstraße 20, gegenüber dem Gasthaus Brenner Bräu, fand am Mittwochabend (19. Februar) in Bischofswiesen die von ihm initiierte Demonstration gegen eine parallel durchgeführte Wahlkampfveranstaltung der AfD und der FPÖ statt.
Bischofswiesen - Die Protestaktion wurde von den Organisationen Berchtesgaden gegen Rechts, Reichenhall gegen Rechts und den Queer-Steigern Berchtesgaden unterstützt. Die Alternative für Deutschland im Berchtesgadener Land hatte kurz vor den Bundestagswahlen im Versammlungssaal des Gasthauses dazu aufgerufen, ein letztes Mal in den Wahlkampf zu gehen. Viele Parteifreunde waren zwar nicht erschienen. Das Fenster des Gastraums, der von außen einsehbar ist, war mit einer AfD-Fahne abgeschirmt.
Dass die Demonstranten nicht gerade auf Gegenliebe stießen, wurde spätestens dann klar, als ein Parteimitglied zum Fotografieren stehen blieb und gezielt Aufnahmen der Demo-Teilnehmer knipste. Quittiert wurde das mit einigen Buh-Rufen. Abgesehen von diesem Zwischenfall verlief die Versammlung friedlich.
Gedenken an den Anschlag von Hanau
Zu Beginn der Demonstration erinnerte Jakob Palm, Gastwirt aus Berchtesgaden und Mitglied von Berchtesgaden gegen Rechts, an die Opfer des Anschlags von Hanau, der sich an diesem vor genau fünf Jahren ereignete. Bei dem rassistisch motivierten Attentat waren neun Menschen mit Migrationshintergrund ermordet worden. Palm betonte, dass die Menschen „zur falschen Zeit am falschen Ort“ gewesen seien, auch wenn es für sie wohl „zu dieser Zeit der richtige Ort“ gewesen war: „Weil sie dort sein wollten, unter Freunden und Bekannten.” Die Anwesenden hielten eine Schweigeminute ab, um der Verstorbenen zu gedenken.
Palm äußerte Bedauern darüber, dass eine Demonstration gegen rechtsextreme Strömungen notwendig sei. Gleichzeitig hob er hervor, dass es von essenzieller Bedeutung sei, „Haltung gegen Spaltung” zu zeigen. „Faschismus und menschenverachtende Politik dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben“, erklärte er und erhielt dafür breiten Zuspruch von den Demonstrierenden.
Unterstützung von den Heublumen aus Österreich
Susi Leitinger vom queeren, im österreichischen Unken ansässigen Verein Heublumen stellte die Bedrohung heraus, die rechte Parteien für Minderheiten darstellen. Ihr Verein setze sich dafür ein, dass sich queere Menschen auch in ländlichen Regionen sicher fühlen können. „AfD und FPÖ stehen aber für Hass und Hetze. Sie haben in Geflüchteten ihre Sündenböcke gefunden, doch Asylsuchende sind nicht die Ursache der gesellschaftlichen Probleme“, sagte sie.
Sie verwies auf die historische Verantwortung Berchtesgadens und nannte den Obersalzberg sowie die ehemalige Reichskanzlei in Bischofswiesen als Mahnmale. „Die Rechte von Minderheiten stehen auf dem Spiel. Wir dürfen nicht schweigen, wenn Gleichberechtigung gefährdet ist“, warnte sie. Mit einem eindringlichen Vergleich machte sie ihre Haltung deutlich: „Die AfD zu wählen, um das Land zu retten, ist so, als würde man ein Haus anzünden, weil der Wasserhahn tropft.“ Ein Statement der Partei war bis Redaktionsschluss nicht zu bekommen: Die AfD reagierte trotz mehrfacher telefonischer Anfragen nicht.
Keine Zwischenfälle
Unter den Demonstrierenden befand sich auch eine Vertreterin der Omas gegen Rechts: Daniela Kilian trug ein Schild mit der Aufschrift „Rote Karte für die AfD“ sowie „Omas für Vielfalt, Demokratie, Klimaschutz, Recht auf Asyl und Menschenrechte“. Für sie ist klar: „Ich habe mich mit meinen Freundinnen bewusst dazu entschieden, dass wir auch als Omas auf die Straße gehen können, um ein Zeichen für die Zukunft zu setzen“.
Die Demonstration wurde von zwei Polizisten aus Berchtesgaden begleitet, verlief jedoch ohne Zwischenfälle. Am Abend löste sich die Versammlung auf, während die Wahlkampfveranstaltung der AfD im Gasthaus fortgesetzt wurde. Zum Abschluss gab es Sprechchöre: „Alle zusammen gegen den Faschismus“ und „Nazis auf den Mond, weil da keiner wohnt“. Für Palm ist klar: Mit einer friedlichen Protestaktion erreicht man mehr.
Nahezu zeitgleich fand auch in Mühldorf eine ähnliche Protestaktion statt. Dort folgten etwa 100 bis 150 Teilnehmer dem Aufruf und wie die Polizei bestätigte, verlief die Demonstration „ruhig und störungsfrei“. (kp/ms)