Propaganda-Portal inszeniert Glaubwürdigkeit
Kehlsteinhaus-Verkauf an Selenskyj? Die Wahrheit hinter der Fake-Video-Kampagne
Die Falschmeldung über den angeblichen Verkauf des Kehlsteinhauses an Wolodymyr Selenskyj hat die Non-Profit-Organisation Correctiv veranlasst, eine umfassende Recherche anzustellen. Demnach steckt hinter dem gefälschten Video eine prorussische Desinformationskampagne, die unter dem Namen „Storm-1516“ geschickt inszenierte Fakes auf reichweitenstarken Kanälen ausspielt: laut Correctiv zur Beeinflussung der Bundestagswahl.
Berchtesgaden - Nach Erkenntnissen von Correctiv war das Video zum angeblichen Kehlsteinhaus-Verkauf in Berchtesgaden auf der Webseite „Aktuelle Nachrichten in Deutschland“ zuerst online gegangen. Erst kurz darauf verbreitete es sich in Sozialen Netzwerken wie Telegram, X und über geteilte Whatsapp-Kontakte. Obwohl die Seite ein Impressum führt, existiert das genannte Unternehmen AN Media UG nicht. Die dort vermerkte Anschrift „Schlossallee Dresden“ lässt sich zudem nicht verorten.
Mitarbeiter von Correctiv hatten auch die Webseite gegengecheckt: Die Domain ist erst Mitte Dezember vergangenes Jahr registriert worden, demnach neu auf dem Markt und bereits jetzt mit einer Fülle von Falschnachrichten bestückt.
Welle der Fake-Nachrichten
Die fragwürdige Webseite ist offenbar kein Einzelfall: Sie ist laut des Recherchenetzwerks Teil eines größer angelegten Netzwerks von rund 100 künstlich generierten Fake-Nachrichtenseiten. „Sie alle gehören zu der russischen Desinformationskampagne ‘Storm-1516’“, weiß man bei Correctiv. Nach bisherigen Recherchen soll die gezielte Falschinformation im großen Stil vom in Moskau lebenden US-Amerikaner John Marc Dougan gesteuert werden. Dieser hatte laut Recherche bereits bei der US-Präsidentschaftswahl 2024 versucht, mit inszenierten Enthüllungen, gefälschten Lokalmedien und KI-generierten „Whistleblower“-Berichten Einfluss auf den Wahlkampf zu nehmen.
Die Strategie soll nun auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern zum Einsatz kommen. Über die „Storm-1516“-Kampagne sollen Politiker, Parteien und Institutionen diskreditiert oder mit verzerrten Narrativen in die Kritik gerückt werden, im Fall des Kehlsteinhauses der ukrainische Präsident Selenskyj. Laut Correctiv ist die „Storm-1516“-Kampagne deutlich reichweitenstarker „als bisher in Deutschland beobachtete ähnliche prorussische Kampagnen“ wie etwa „Doppelgänger“ oder „Matroschka“.
Leser sollen Fakes glauben
Unter dem Deckmantel vermeintlicher Nachrichtenartikel wird ein dreistufiges Prinzip verfolgt: Zunächst werden Webseiten aufgesetzt, die seriöse Meldungen mit erfundenen Berichten mischen. Häufig kommt bei der Erstellung der Texte und Bilder Künstliche Intelligenz zum Einsatz, um den Lesern ein authentisches Erscheinungsbild zu vermitteln. In einem zweiten Schritt werden gefälschte und generierte Dokumente, Deepfake-Videos oder gekaufte Artikel erstellt, um die Falschnachrichten zu untermauern.
Gezielte Strategie
„Beweise“ sollen den Anschein erwecken, die abwegigen Behauptungen seien tatsächlich belegt. Influencer, bekannte Social-Media-Konten oder Bots greifen in einem letzten Schritt das gefälschte Material auf und teilen es massenhaft, teilt Correctiv mit. Dadurch steigt die Sichtbarkeit der Falschmeldungen. Die Wahrscheinlichkeit wird dadurch erhöht, dass unkritische Nutzer die Inhalte für authentisch halten und weiterverbreiten - so auch geschehen bei der gefälschten Nachricht rund um das Kehlsteinhaus, das für mehr als 14 Millionen Euro verkauft worden sein soll. Bei Facebook und X waren Debatten entstanden, die die Glaubwürdigkeit der Nachricht zwar bezweifeln. Dennoch wurde darüber diskutiert und die Meldung weiterverbreitet.
Erst eine Pressemitteilung der Immobilien Freistaat Bayern und Aussagen des Vorsitzenden des Bergerlebnis Berchtesgaden, Dr. Bartl Wimmer, brachten Klarheit in die Sache. Nichts an der Nachricht entspreche der Wahrheit, hieß es. kp