„Die Zeit des Leugnens ist vorbei!“
Klimakrise: 'Vision Berchtesgaden' ruft zu Solidarität und nachhaltigem Wandel auf
Die Klimakrise verursacht massive wirtschaftliche Schäden. 'Vision Berchtesgaden' sieht positive Kipppunkte und fordert Solidarität. Sie plädieren für emissionsarme Mobilität und nachhaltige Ernährung.
Berchtesgaden – Das Kollektiv „Vision Berchtesgaden“, bekannt für zahlreiche Initiativen im Berchtesgadener Talkessel, hat einen offenen Brief veröffentlicht. Unter dem Titel „Die Dringlichkeit der Klimakrise: Warum jetzt sofortiges Handeln erforderlich ist“ legt die Gruppe Fakten dar, entkräftet gängige Fehlinformationen und ruft zu konkreten Maßnahmen auf. Dafür haben die sechs Berchtesgadener Gründerinnen eine Petition ins Leben gerufen.
Die Aktivistinnen kritisieren im Brief, dass trotz immer deutlicherer Zeichen – häufigere Starkregenfälle, Hochwasser und Dürreperioden – viele Menschen weiterhin die Realität der Erderhitzung infrage stellen. „Unsere Lebensweise der letzten Jahrzehnte hat die Natur zerstört, Tier- und Pflanzenarten rasant dezimiert und die Klimakrise verantwortet“, heißt es in dem Schreiben. Doch es sei keine Option mehr, sich hinter Ausreden zu verstecken. „Die Zeit des Leugnens und Verharmlosens ist abgelaufen.“
Besondere Sorge bereiten der Gruppe die sogenannten Kipppunkte im Erdsystem. So könnte der westantarktische Eisschild bereits unwiderruflich verloren sein, während die Golfströmung instabiler wird und der Amazonas-Regenwald durch massive Abholzungen kollabiert. „Je heißer es wird, desto instabiler werden diese Systeme und umso wahrscheinlicher sind Entwicklungen, die wir nicht mehr aufhalten können“, warnen die Verantwortlichen rund um „Vision Berchtesgaden“.
Was ist Vision Berchtesgaden?
„Vision Berchtesgaden“ ist eine unabhängige Initiative, die sich für nachhaltige Veränderung in der Region einsetzt. Die Gruppe möchte ein zukunftsfähiges, gesünderes und nachhaltiges Berchtesgaden schaffen, „das auch in 20 Jahren noch eine lebenswerte Heimat“ bieten kann. Dabei setzt sie auf konstruktives Miteinander und Zusammenarbeit mit allen politischen Akteuren, ohne sich - nach eigener Aussage - parteipolitisch zu binden. Der Fokus des Kollektivs liegt auf der Umsetzung von Projekten mit langfristigem Mehrwert für die Region, inspiriert von den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Zudem soll die Initiative als Plattform zur Vernetzung und Bekanntmachung nachhaltiger lokaler Projekte dienen.
Ein alarmierender Aspekt des offenen Briefs ist die Feststellung, dass die globale Durchschnittstemperatur im Jahr 2024 erstmals durchgängig über 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau lag – und damit das Pariser Klimaziel durchbrochen wurde. Die natürlichen CO₂-Senken wie Wälder, Böden und Ozeane, die bisher einen Großteil der Emissionen aufgenommen hatten, würden zunehmend ihre Fähigkeit zur CO₂-Bindung verlieren. „Die weltweiten Ozeantemperaturen eilen von einem Rekord zum nächsten. Dabei war das Meer bisher unser größter Wärmepuffer“, heißt es in dem Schreiben.
Auch die wirtschaftlichen Folgen werden deutlich angesprochen: „Hitze, Dürren und Starkregenfälle sorgen für Ernteausfälle, Sturzfluten für zerstörte Infrastruktur. Die Biodiversität wird durch steigende Temperaturen und dezimierte Lebensräume unter Druck gesetzt.“ Die Initiative verweist in diesem Zusammenhang auf massive wirtschaftliche Schäden, die durch die Klimakrise verursacht werden.
Im offenen Brief wird betont, dass es neben den bedrohlichen Kipppunkten auch positive soziale Kipppunkte gebe, die den Wandel beschleunigen könnten. „Wir brauchen die Solidarität unserer Mitmenschen und auch von Gruppen, Vereinen und Institutionen, um gemeinsam den Weg in eine nachhaltige Welt zu ebnen.“
Vision Berchtesgaden warnt vor den Folgen der Klimakrise und fordert sofortiges Handeln
Dabei setzt „Vision Berchtesgaden“ auf konkrete Lösungsansätze. Eine emissionsarme Mobilität soll durch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und ein gut ausgebautes Radwegenetz gefördert werden, um Alternativen zum Auto attraktiver zu machen. In der Ernährung soll Nachhaltigkeit durch eine größere Auswahl an pflanzlichen Gerichten in Wirtshäusern und die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung vorangebracht werden. Auch im Energiebereich sieht die Initiative Handlungsbedarf: Der Ausbau von Photovoltaikanlagen, die Nutzung emissionsfreien Stroms und ein bewussterer Stromverbrauch sollen dazu beitragen, den CO₂-Ausstoß zu verringern. Zudem plädiert die Gruppe für eine Kreislaufwirtschaft, in der langlebige Produkte bevorzugt und defekte Gegenstände repariert statt weggeworfen werden.
Die Initiative ruft dazu auf, sich nicht auf zukünftige „Wundertechnologien“ wie die Kernfusion zu verlassen, sondern bestehende Lösungen sofort zu nutzen: „Wir haben bereits alle Lösungen, die wir brauchen.“ Abschließend appelliert der offene Brief an das Verantwortungsbewusstsein der Menschen vor Ort: „Egal woran wir glauben oder welche politische Richtung wir einschlagen, eines ist sicher: Wir alle lieben unsere Heimat mit ihrer ganzen Schönheit, der Natur.“ Es sei an der Zeit, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, um diese Schönheit zu bewahren – für uns und für die kommenden Generationen. „Fangen wir an“, lautet der eindringliche Schlussappell von „Vision Berchtesgaden“. Die Petition ist unter change.org zu finden. (kp)
