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Unterschriftenliste ausgelegt

Nach Edeka-Aus in Fußgängerzone: Steht Berchtesgaden bald ohne einen zentralen Nahversorger da?

Ein Mann mit kurzen Haaren und einem dunklen Pullover redet. In einer Fußgängerzone steht ein Edeka-Mitarbeiter vor einem Edeka-Markt und gießt Pflanzen, die vor dem Geschäft zum Verkauf angeboten werden.
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Bürgermeister Franz Rasp arbeitet an einer Lösung für den Markt, nachdem Edeka bestätigt hat, dass der Standort in der Fußgängerzone geschlossen wird.

Der Verlust wiegt schwer für Lisbeth Kurz, weil Berchtesgaden seinen letzten Nahversorger verliert, mitten im Herzen des Ortes. Der Edeka-Markt im Erdgeschoss an der Metzgergasse wird im Mai endgültig seine Pforte schließen. Für die 79-Jährige ist das ein Rückschlag. Für Bürgermeister Franz Rasp wäre es ein Verlust. Er sagt: „Ein Nahversorger im Markt ist für uns als Gemeinde wichtig.” Er sucht und arbeitet bereits gemeinsam mit dem Vermieter, der Familie Hetteger, an einer Lösung.

Berchtesgaden - „Der Markt war Teil meines Lebens“, sagt Lisbeth Kurz und meint es durchaus ernst. Die ältere Dame, die mit ihrem echten Namen nicht genannt werden möchte, wohnt nur ein paar Steinwürfe vom Supermarkt entfernt. Gut auf den Beinen ist sie schon lange nicht mehr. Deshalb schätzte sie ihren nahegelegenen Supermarkt auch so sehr. Ihre Einkäufe erledigt sie mehrmals pro Woche, drei- bis viermal. Dann kauft sie ein bisschen Butter, Brot, ein wenig Obst - all das, was ihr gerade eben fehlt. Die Bewegung tut ihr gut. Den letzten verbliebenen Nahversorger bezeichnet sie als Teil ihres Alltags

Seitdem Edeka bestätigt hat, das Geschäft mit umfassendem Angebot im Erdgeschoss des Hotels Edelweiß zu schließen, rotieren die Mitglieder des Gemeinderates von Berchtesgaden. Kein Wunder: Dort hat man spätestens seit der Hiobsbotschaft erkannt, dass die Notwendigkeit eines Lebensmittelmarktes im Zentrum nicht zu unterschätzen ist. Auf Social Media überschlagen sich die Kommentare. 

Viele Unterschriften gesammelt

Denn Souvenirs, Klamotten und Co. gibt es im Ort schon zur Genüge, finden die meisten. Auch Iris Edenhofer: Die Gemeinderätin (Grüne) hat kürzlich eine Unterschriftenliste gemeinsam mit Parteikollege Martin Klocke verteilt und in den örtlichen Läden ausgelegt. Etliche haben bereits unterschrieben. Alle eint die Ansicht, dass eine Schließung eine kleine Katastrophe wäre. Bürgermeister Franz Rasp sagt: „Jeder sagt zwar, dass wir so einen Laden brauchen. Aber die Leute sollten dann auch dort einkaufen gehen.” 

Zahlen, ob sich der Edeka-Markt in prominenter Lage wirtschaftlich getragen hat, gibt es nicht. Nur Mutmaßungen darüber, dass es wohl nicht der Fall war. Dass Edeka das Aus aber nun endgültig besiegelt hat, liegt auch daran, dass derzeit der Markt in der Bergwerkstraße - zwar im Ort, aber nicht so zentral gelegen - vollumfänglich renoviert und später neu eröffnet wird. 

„Nicht jeder kann sich das leisten“

Lisbeth Kurz wäre trotzdem froh, wenn es mit dem Lebensmittelverkauf um die Ecke weitergehen würde. Ihrer Ansicht nach droht dem Ort, ein kleines Stück seiner Seele zu verlieren. Seit vielen Jahren erledigt sie hier nun ihre Einkäufe. Sie plaudert mit den Angestellten, mit Gleichaltrigen und Nachbarn „über die kleinen Geschichten des Lebens eben”, wie sie sagt. Sie alle sind auf die fußläufige Option angewiesen.  

Und jetzt soll das alles zu Ende gehen? Ohne den Lebensmittelladen wird es für sie definitiv schwieriger, ohne weitere Unterstützung zum Einkaufen zu kommen, findet die Rentnerin. Betroffen sind vor allem ältere Menschen, die auf kurze Wege angewiesen sind. Auf eigenen Beinen könnte auch Kurz ihre Einkäufe nicht mehr erledigen. Klar, es gibt noch das Taxi. „Nicht jeder kann sich das aber leisten”, weiß die Rentnerin.   

Schwierige Suche

Bürgermeister Franz Rasp sitzt in einer misslichen Lage. „Natürlich gibt es viele ältere Leute im Markt, für die das wichtig ist”, meint er. Den Ort kann er sich ohne Lebensmittelladen nur schlecht vorstellen. Viele Gespräche hat er mittlerweile geführt. Er kämpft mit aller Kraft, um eine Lösung zu finden. In wenigen Tagen wird er mit dem Vermieter, der Familie Hetteger, ins Gespräch gehen. Gemeinsam wollen sie an einer Lösung arbeiten. „Wichtig wäre, einen neuen Betreiber für den Markt zu gewinnen“, betont der Gemeindechef mit Nachdruck. 

Doch die Suche gestaltet sich tatsächlich schwierig. Kleine Lebensmittelhändler gibt es nur noch wenige im Berchtesgadener Talkessel. Fragt man dort nach, winken sie ab. Man müsse selbst schauen, dass man Geld verdiene, überlebe und die eigenen Mitarbeiter bezahlen könne, heißt es dann. 

Über neue Konzepte und Möglichkeiten nachdenken

Der Bürgermeister bleibt dennoch nicht untätig. Er hat sich in den vergangenen Wochen umgeschaut und umgehört. Es gibt Vereine, die in Gemeinschaftsarbeit einen Nahversorger betreiben. Es existieren zudem Konzepte, bei denen die Gemeinde unterstützt und dabei mehr ermöglicht, als normalerweise möglich wäre. Denkbar ist es, einen Teil der Fußgängerzone als angeschlossene Verweilmöglichkeit zu nutzen - für einen Kaffee nach dem Einkauf etwa. „Vielleicht brauchen wir auch ein ganz neues Konzept”, sagt Rasp. Zumindest muss eine Lösung zukunftsorientiert sein, angenommen werden, wirtschaftlich tragfähig sein und zudem den Bedürfnissen der Bewohner gerecht werden.

Das Aus des letzten verbliebenen Berchtesgadener Nahversorgers in zentraler Lage ist kein Einzelfall. Ländliche Regionen in Bayern kämpfen mit dem Aussterben kleiner Geschäfte schon seit Langem. Steigende Kosten, veränderte Einkaufsgewohnheiten und die Übermacht großer Einkaufsketten lassen traditionelle Nahversorger zunehmend verschwinden, weiß auch Rasp. Die Hoffnung, einen Nachfolger zu finden, hat er noch nicht ganz verloren. Am besten wäre ein fließender Übergang ab Mai, sagt er. Bis dahin wird er noch viele Gespräche führen, damit die Nahversorgung im Herzen Berchtesgadens auch künftig gesichert ist. (kp) 

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