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Der Profikletterer im Gespräch mit BGLand24

Thomas Huber über seinen Unfall am Untersberg: „Keine Diskussion, wir holen jetzt die Bergwacht.“

Collage: links: Thomas Huber, rechts Hubschrauber bei Seilbergung von Thomas Huber am Untersberg.
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Thomas Huber bedankt sich bei der Bergwacht. In einer spektakulären Rettungsaktion wurde er am Montagnachmittag nach einer Verletzung am Fuß von der Südseite des Untersbergs ins Krankenhaus ausgeflogen.

„Ich hab echt nochmal Glück gehabt.“ Im Gespräch mit BGLand24.de äußert sich Thomas Huber jetzt selbst zu seinem Bergunfall am Montag (23. Oktober). Er war am Untersberg unterwegs, um ein Kletterprojekt voranzutreiben. Dann der Schock: Huber hält sich an einem Felsblock fest und dieser bricht aus der Wand.

Berchtesgaden – Von einem einheimischen 56-jährigen Kletterer war zu Beginn noch die Rede. Laut Pressemitteilung der Bergwacht habe sich dieser in einer Kletterroute am Untersberg am Knöchel verletzt und sei mit dem Hubschrauber ins Tal geflogen worden. Dann die Nachricht: Bei dem Einheimischen handelt es sich um den bekannten Profikletterer Thomas Huber. Im Gegensatz zu seinem Unfall 2016, wo Huber sich einen Schädelbruch zuzog, kam er diesmal relativ glimpflich davon.

Medienrummel sorgt für Schock bei Freunden und Angehörigen

„Die Presse hat mich viel weiter abstürzen lassen, als es der Fall war.“ Im Gespräch mit BGL24 erzählt Thomas von seinen extrem besorgten Freunden, die durch die Schlagzeilen der letzten Tage von viel Schlimmerem ausgehen mussten. Die Presse sei mit der Berichterstattung weit über das Ziel hinausgeschossen und habe von „schweren Verletzungen“ berichtet und „weitem Absturz“. Für die Medien sei Thomas „schon fast tot gewesen.“ Jetzt spricht er mit uns darüber, was wirklich passiert ist:

„Du kannst allen sagen, es geht mir schon wieder gut.“ Erleichterung zu Beginn des Gespräches. Der ältere der zwei‘Huaba Buam‘, Thomas Huber, gehört zu den berühmtesten und erfolgreichsten Kletterern weltweit. Und auch mit 56 Jahren ist er motiviert in der Vertikalen unterwegs. Derzeit am Untersberg in seiner Heimatregion. Auf der Südseite des Bergmassivs wollte er den Durchstieg einer neuen Route schaffen.

Die Süd- und Ostwände des Untersbergs sind ein absolutes Kletter-Eldorado. Thomas Huber sieht es als Geschenk, dort oben unterwegs sein zu können.

Eigentlich gute Bedingungen für die Durchsteigung der neuen Route

Und am Montag (23. Oktober) herrschten beste Bedingungen: „Du musst dir vorstellen, beste Bedingungen, bester Tag, knapp dran, jetzt kommt dann die Schlechtwetterphase. Das sind so viele Aspekte, wo du dann sagst, verdammt, heut muss es funktionieren.“ Ob er sich da zu viel Druck gemacht hat, will Thomas nochmal überdenken. Aber eigentlich habe er sich ja schon so oft an diesem Felsblock festgehalten:

„Wir haben da ein Seilgeländer gebaut, schon zum Einstieg hin, und dann ist da ein kleines Einstiegsbändchen. Da kannst dich wunderbar hinsetzten. Um das Seil nicht jeden Tag, das wiegt ja bissel was, rauf und wieder runtertragen zu müssen, hab ich das Seil in einer trockenen Nische rechts oben, wo so ein kleines Höhlchen ist, in einem Seilsack dort reingelegt. Und zu dieser Nische musst du so einen Zweier hinaufklettern, da querst rechts hinaus hoch.“

Technisch leichte Stelle - der Felsblock hatte immer hergehalten

Mit „zweier“ spricht Thomas die Schwierigkeitsstufe des Geländes zu seinem Materialdepot an. Laut Definition des Alpenvereins: „Beim 2. Schwierigkeitsgrad beginnt die eigentliche Felskletterei, die Hände sind nicht nur zur Unterstützung des Gleichgewichts, sondern bereits zur Fortbewegung erforderlich! Für geübte Bergsteiger sind die Kletterstellen meist noch ohne Seilsicherung zu begehen.“ Für Thomas Huber also eigentlich überhaupt kein Problem. Wäre da nicht am Montag genau die Stelle, wo er sich schon so viele Male vorher gut festhalten konnte, einfach aus der Wand gebrochen.

„Das Richtige reflexartig zu tun - das hat mich da überleben lassen“

Ein anderer wäre vielleicht abgestürzt. Das ist dann die Erfahrung als Bergsteiger, das Richtige reflexartig zu tun im richtigen Moment. Das hat mich da überleben lassen.“ Erst merkt Thomas aufgrund des Schocks gar nicht, dass er sich verletzt hat. Er klettert zurück zum Felsband und stellt fest, dass es ihn wohl doch erwischt hat: „Erst dann spürte ich meinen linken Knöchel. Der Felsbrocken musste mich doch noch touchiert haben“, schreibt er in seinem Instagram-Post.

Ein „Problem“ der inneren Einstellung - Bergwacht rufen, oder nicht?

Nachdem sein Kletterpartner Michael die Wunde erstversorgt hatte, die Erkenntnis: Es wäre schwierig, mit der Verletzung über den Mittagslochsteig den weiten Weg zurück ins Tal zurückzuschaffen: „Michael und Korbi, die von unserer Alpinschule, waren zufällig oben. Die haben gesagt, Thomas, da gibt es jetzt gar keine Diskussion, wir holen jetzt die Bergwacht, da brauchst du jetzt nicht glauben, dass du da runterkriechst vom Berg.“ Für ihn selbst war es ein Kampf gegen seine innere Einstellung:

„Wenn man selber Bergsteiger ist, sagt man sich halt, man sollte immer so unterwegs sein, dass man auch von allen Unternehmungen am Berg immer die richtige Entscheidung trifft, dass man keine Hilfe beanspruchen muss. Das ist ja auch unsere professionelle Einstellung. Aber es gibt dann eben doch Momente, wo man sie braucht.“

Entscheidung gefallen: Thomas wird mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen

Und so entschieden sich die Kletterfreunde von Thomas, dass dies ein solcher Moment ist. Sie alarmieren die Rettung: Die Bergwacht Marktschellenberg und die Besatzung des Traunsteiner Rettungshubschraubers „Christoph 14“ haben in einer spektakulären Rettungsaktion den Verletzten dann aus der Wand geflogen: Der Pilot musste recht nah an die Wand heran, um die Einsatzstelle erreichen zu können. Notarzt und Bergretter versorgten den 56-Jährigen am Zwischenlandeplatz auf der Thorer-Wiese und brachten Thomas anschließend zum Klinikum Traunstein.

„Habe mal wieder Massl gehabt“: Thomas Huber im Krankenhaus.

„Da sage ich auch, ich war froh, dass meine Freunde mir die Entscheidung auch abgenommen haben und gesagt haben, nein, du bleibst jetzt da sitzen und jetzt wird die Bergwacht geholt. Du bringst dich ja selber in Gefahr, ich selber hätte dann auch wahrscheinlich viel länger für die Regeneration der Verletzung gebraucht.“

Zwischen Kratzer und der eigenen Endlichkeit war nur ein Blatt dazwischen.

Thomas Huber

Thomas ist sich seines Glückes an diesem sonnigen Montag sehr bewusst: „Zwischen Kratzer und der eigenen Endlichkeit war nur ein Blatt dazwischen. Ich hatte wirklich ein unfassbares Glück. Ich habe tatsächlich nur einen Kratzer, der geklebt werden musste. Und mit Strips zusammengehalten, eine Vene ist geplatzt. Aufgrund des Kompressionsverbandes konnte ich nicht mehr auftreten.“

Der Berg ruft schon wieder - aber eine kleine Auszeit nimmt sich Thomas dann doch

Für den 56-Jährigen ist klar: Er will es natürlich schnell wieder anpacken: „Zuerst wollte ich ja wirklich morgen wieder hochgehen, muss ich ehrlich gestehen, weil es mir schon so gut geht.“ Aber ein bisschen Demut habe ihm das Ereignis schon beschert und er sei jetzt doch froh, dass er am Wochenende erst mal ein paar Vorträge hält: „Da stehe ich mal dann ein bisschen auf der Bühne, trainiere zu Hause am Klimmzugbalken und der Kletterwand und schau, dass ich fit bleib. Aber ich muss jetzt mal kurz Abstand gewinnen und dann kann ich wieder neu anfangen und anpacken.

„Danke an die Bergwacht, das ist das Allerwichtigste“

Eines liegt dem Kletterer nach seinem Unfall besonders am Herzen: „Danke an die Bergwacht, das ist das Allerwichtigste. Da sieht man mal wieder, wie gut wir da aufgestellt sind. Wie professionell und genial diese Rettungskette funktioniert im alpinen Bereich. Sie funktioniert so gut, aber bitte, auch mein Appell: Missbraucht sie nicht. Nehmt sie her, wenn ihr sie wirklich braucht und nicht einfach, weil es mir jetzt doch zu weit ist oder die Füße müde sind.“

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