Gehören leere Läden immer mehr zum Ortsbild?
Gemeinsam gegen den Leerstand in Berchtesgaden: Was Städte und Gemeinden tun können
Die Hauptstraße in Berchtesgaden ist ein schwieriges Pflaster für Unternehmer. Die Gemeinde plant Maßnahmen zur Belebung. Ein Standortportal soll Leerstände sichtbar machen und Abhilfe schaffen. Mit neuen Konzepten wollen die Verantwortlichen im Landkreis Berchtesgadener Land gegen leere Läden und verlassenes Gewerbe ankämpfen.
Berchtesgadener Land – „Der Einzelhandel ist im Wandel.“ Der Leerstand sei sichtbar, aber noch erträglich, betont Barbara Platschka, Regionalmanagerin Immobilien- und Gewerbeflächenmanagement beim Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice. In Berchtesgaden etwa pulsiert der Markt als Zentrum, die Hauptstraße in den Ort hinein ist für Unternehmer allerdings ein schwieriges Pflaster – Leerstand prägt das Ortsbild. Doch es gibt Ideen, wie man dagegen wirken möchte.
Die vielen Geschäfte von einst gibt es schon lange nicht mehr. Die Maximilianstraße in Berchtesgaden ist seit Jahren ein hartes Pflaster. Eine Hauptstraße, geprägt durch Leerstand. Zahlreiche Immobilien standen und stehen noch immer leer. Ladengeschäfte, die einst mit Leben gefüllt waren, haben dichtgemacht. „Die Straße war auch in ihren Hochzeiten schon immer recht schwierig als Geschäftsstandort“, sagt etwa Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp auf Nachfrage. „Bestimmte Nutzungen funktionieren, andere wiederum nicht.“ Für Rasp geht es nun darum, „die Lagen in der Mischnutzung zu stärken“. Als Gemeinde könne man zwar nur die Infrastruktur anbieten: ausreichend Parkplätze im näheren Umfeld etwa. Auf die Mieter und wer sich hier ansiedelt, habe man aber keinen Einfluss.
„Natürlich ist das ein Problem, wenn so viel Leerstand herrscht.“
Obwohl die Straße direkt in das Ortszentrum führt, gilt sie als wenig attraktiv. Wohl auch, weil selbst das kurzzeitige Parken vor den Geschäften mangels Stellplätzen nicht möglich ist – und auch künftig nicht sein wird. In der Vergangenheit hatten Unternehmer meist nicht lange durchgehalten mit ihren Geschäftskonzepten. „Natürlich ist das ein Problem, wenn so viel Leerstand herrscht“, sagt Berchtesgadens Bürgermeister.
Für Gäste ist es kein schönes Bild, an das man sich in seinem Urlaub erinnern möchte. Schon seit Längerem macht sich die Gemeindeverwaltung Gedanken, mit welchen Konzepten man im Umfeld für Abhilfe schaffen kann, um die Hauptstraße durch Berchtesgaden zu beleben. So plant die Gemeinde etwa, den Franziskanerplatz, an der Maximilianstraße gelegen, zu attraktiveren. „20 Meter Asphalt von der einen zur anderen Straßenseite“, sagt Franz Rasp. Einladend ist das nicht. Laut Rasp gibt es daher viel Spielraum nach oben. „Wir brauchen insgesamt mehr Aufenthaltsqualität“, fordert er. Mehr Grün, weniger Asphalt – vielleicht auch weniger Parkplätze? Denn genau das ist der Franziskanerplatz derzeit: ein Parkplatz, der vom ansässigen Bäcker profitiert, findet Rasp. Bereits im kommenden Jahr will sich die Gemeinde intensiver mit dem Standort beschäftigen. Für die Maximilianstraße könnten die Bemühungen dienlich sein, um auch hier wieder für Leben auf den Straßen und in den Geschäften zu sorgen.
Das pulsierende Leben in Berchtesgaden findet derzeit ein paar hundert Meter weiter in der Fußgängerzone statt, im Zentrum Berchtesgadens. Dort tummeln sich tausende Urlauber im Sommer, dort befinden sich auch viele Parkmöglichkeiten in der ortseigenen, in die Jahre gekommenen Tiefgarage von Berchtesgaden.
Beim Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice kümmert sich Barbara Platschka um das Immobilien- und Gewerbeflächenmanagement. Die Einrichtung des Landkreises unterstützt Gewerbetreibende von Berchtesgaden über Bad Reichenhall bis nach Laufen hinaus. Erst kürzlich hat der Wirtschaftsservice ein Standortportal initiiert, in dem Leerstände im Landkreis kostenfrei angeboten werden können. Laut Platschka befindet sich der Einzelhandel in starkem Wandel. Ladengeschäfte müssen in Zeiten von Onlinehandel und Co. neu gedacht werden. „Wir versuchen hier mit den Gemeinden zusammenzuarbeiten“, sagt Platschka. Denn klar ist: Viele Leerstände in gut besuchten Tourismusregionen geben kein gutes Bild ab. Der Leerstand habe insgesamt zugenommen, sagt Platschka. 1A-Lagen seien zwar insgesamt noch gut besetzt, die Nebenlagen, wie etwa die Maximilianstraße, erweisen sich mittlerweile aber als Herausforderung in Sachen Belebung. Mehr Mut fordert Platschka daher auch von Eigentümern, die sich aktuell schwer mit der Vermietung tun. Das kann an zu hohen Mieten liegen oder am Umfeld.
Ein stationärer Handel ergänzt durch ein Online-Konzept?
Pop-Up-Stores werden daher vermehrt auch in Berchtesgaden gesichtet. Pop-Up-Stores sind temporäre Ladengeschäfte, die für einen begrenzten Zeitraum an einem bestimmten Ort eröffnet werden. Diese werden häufig genutzt, um neue Produkte oder Marken zu testen, saisonale Artikel zu verkaufen oder besondere Ereignisse zu feiern. „Unternehmer mit vielversprechenden Ideen können testen, ob ihr Konzept langfristig erfolgreich ist“, sagt Barbara Platschka. Ein stationärer Handel ergänzt durch ein Online-Konzept? Durchaus denkbar, findet Platschka. Auch kreative Köpfe müssten in Leerständen ihre Geschäftsideen auf Nachhaltigkeit hin überprüfen können – ob sich eine dauerhafte Anmietung denn überhaupt rechnet. In Absprachen mit den Gemeinden seien zahlreiche Möglichkeiten denkbar, inklusive reduzierter Mieten. Leere Schaufenster soll es künftig nicht mehr geben, wenn es nach der Regionalmanagerin geht. Auch hierzu arbeitet man an Ideen, schlecht vermietete Straßenzüge wenigstens optisch aufzuwerten und somit ansprechender zu gestalten.
Mit dem neu geschaffenen Standortportal befinden sich die Verantwortlichen des Wirtschaftsservices derzeit auf Werbetour durch den Landkreis: In den Gemeinderäten soll das Konzept jener Plattform vorgestellt werden, die Leerstände besser sichtbar macht und ein Netzwerk schafft zwischen Immobilieneigentümern und Unternehmern. „Wichtig ist, dass Leerstände jedem auf einen Blick zugänglich sind“, sagt Barbara Platschka. Im Optimalfall soll jede Gewerbeimmobilie ohne Mieter – vom kleinen Laden um die Ecke, bis hin zum großen Produktionsstandort – auf der zentralen Plattform auffindbar sein. Ohne Hürden, mit wenigen Klicks.
Mit „guten Konzepten“ gegen den Leerstand bei Gewerbeimmobilien
Bei Ortsbesuchen begeben sich Platschka und ihr Team zudem in die Gemeinden, sondieren Leerstände – und machen sich gleichzeitig auf die Suche nach den Eigentümern. Denn das gestaltet sich bisweilen als noch recht kompliziert, wegen des zugrunde liegenden Datenschutzes. Bei Bedarf helfen die Mitarbeiter bei der Erfassung von Leerstandsimmobilien, um diese in das Portal aufzunehmen und nach außen hin sichtbar zu machen.
Vom Standortportal erhoffen sich nicht nur die Verantwortlichen wichtige Impulse, sondern auch Bürgermeister Franz Rasp aus Berchtesgaden. „Das ist eine gute Sache“, befindet dieser. Jede Form der Zusammenarbeit sei in Sachen Leerstand gewinnbringend, weiß auch Barbara Platschka. Gespräche zwischen der Gemeindeverwaltung und den Vertretern des Wirtschaftsservices soll schon bald folgen. Dem Wandel auf dem Gewerbeimmobilienmarkt könne man nur mit „guten Konzepten“ begegnen, so die Regionalmanagerin. (kp)

