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LGBTQAI+-Community am Land

„Du bist in Ordnung“ – Erster Stammtisch der Queersteiger Berchtesgaden

Queer-Stammtisch in Berchtesgaden
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Ein Teil der Anwesenden und Organisatoren des Queer-Stammtisches in Berchtesgaden

Bunt ist nicht nur die Regenbogenfahne, die auf dem Tisch im „Watz“ liegt. Vor allem die neun Menschen sind es, die an diesem Abend Farbe ins Spiel bringen. Am Donnerstag fand nämlich der erste Queer-Stammtisch im Talkessel statt. Wer dahinter steckt und wie es weitergehen soll.

Berchtesgaden – Organisiert wird der Stammtisch vom gerade erst gegründeten Kollektiv Queersteiger. „Wir wollen damit queere Menschen besser in die Gesellschaft integrieren und einen Safe Place schaffen“, sagt der Berchtesgadener Moritz Maschinsky. Abgeschaut haben sich die Queersteiger den Stammtisch vom österreichischen Verein Heublumen, der sich speziell für die LGBTQAI+-Community am Land einsetzt, grenzübergreifend agiert und die Queersteiger unterstützt.

„Unser Stammtisch reist zu verschiedenen kleineren Orten: Unken, Saalfelden, Oberdrauburg und jetzt auch Berchtesgaden“, erklärt Oskar Saitz. Um auch außerhalb der Community – etwa bei Eltern und Arbeitgebern - für Aufklärung zu sorgen, organisiert der Verein noch sogenannte Queer-Talks, also Podiumsdiskussionen. Diese sollen auch bald in Berchtesgaden stattfinden.

Queersteiger Moritz Maschinsky (links) und Oskar Saitz von Heublumen beim Queer-Stammtisch in Berchtesgaden

Auch Jakob Palm, Vorsitzender des Kulturvereins „Berchtesgadener Hut“, sitzt mit am Tisch, um seine Unterstützung zu signalisieren. Der „Hut“ möchte den Queersteigern Veranstaltungen ermöglichen und ihnen auch mit dem Vereinskapital unter die Arme greifen. Jakob Palm fasst das, was an dem Abend wohl alle denken, zusammen: „Das Wesentliche, das man einem Menschen mitgeben sollte, ist: ‚Du bist in Ordnung!‘ Diesen Optimismus sollten wir weiter streuen.“

Am Stammtisch werden Erfahrungen geteilt

Dass man sich jedoch als queerer Mensch oft aufgrund der Reaktionen des Umfeldes nicht in Ordnung fühlt, wird im Laufe des Abends auch schnell klar. Spaß und viel Gelächter wechseln sich immer wieder mit ernsten Themen ab. Und zwar dann, wenn die Menschen ihre Erfahrungen teilen. Von Geheimhalten-Müssen ist die Rede, von Ablehnung innerhalb der engsten Familie, von verletzenden Kommentaren auf Social Media. Von Vorurteilen, etwa, dass AIDS eine „Schwulenkrankheit“ sei. Aber auch von dem überraschend erfreulichen Gespräch mit dem Opa, nachdem dieser erfahren hat, dass sich das Enkelkind nonbinär fühlt oder von der tollen Mama, die voll hinter einem steht.

Die Hürden sind am Land viel höher

„In der Stadt hat man mehr Anonymität. Im Dorf kennt jeder jeden“, sagt Oskar Saitz, der selbst in einem kleinen Ort in der Nähe von Frankfurt aufgewachsen ist. Die Wege in die Stadt seien oft lang und spätabends gehe kein Bus. Auch er hat in seiner Jugend am Land einiges über sich ergehen lassen müssen. Als Conchita Wurst etwa am ESC teilgenommen hat, war er 15 Jahre alt. „Ich hatte Sterne in den Augen. Und dann hört man Sprüche wie: ‚Verständlich, dass manche Gruppen vergast wurden.‘“ Daher habe es ihn auch zum Studieren nach München und im Anschluss beruflich nach Salzburg ins Städtische verschlagen. „Ich will helfen, dass es für andere leichter wird. Das ist ein Herzensprojekt für mich.“ Ein Stammtisch biete einen niedrigschwelligen Zugang für einen gemütlichen Austausch.

Ähnlich erging es Moritz Maschinksy, der seit Kurzem an Drag-Shows teilnimmt. „Meine Schulzeit war schwierig. Ich war mit meinem besten Freund die Zielscheibe der pubertierenden Jungs. Aber wir hatten uns und waren füreinander da. Es hat lange gedauert, bis ich zu mir selbst stand.“ Ihm schwebt für die Zukunft ein Haus der Jugend als eine Auffangstation für ausgegrenzte queere Jugendliche vor. „Ich möchte selbst eine schützende Hand für andere sein.“

Der Stammtisch findet einmal im Monat statt

Melanie Dommenz, die gerade an ihrem Gay-Romance-Roman feilt, ist es als Mitorganisatorin des Stammtisches wichtig, vor allem bei der älteren Generation für Aufklärung zu sorgen. „Die sind noch auf dem Bildungsstand, was man ihnen früher gesagt hat. Das Wissen über die Begrifflichkeiten ist nicht da. Was wir heute machen, hilft dann der nächsten Generation.“

Der Stammtisch am Donnerstagabend war erst der Startschuss. In Zukunft wollen sich die Queersteiger monatlich treffen und hoffen auf viele neue Teilnehmer. Auch eine Website ist in Planung. Bis dahin kann man bei Interesse Kontakt über den Drag-Account von Moritz Maschinsky alias Morita Maschinella aufnehmen. Der nächste Stammtisch findet am 21. März statt.

mf

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