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Dubioses Magazin „Waldgang“ in Bad Reichenhall aufgetaucht

Rechte Aktivistin wettert gegen Riccardo Simonetti – doch der wehrt sich gegen „Fakten“

Riccardo Simonetti
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Der gebürtige Reichenhaller Riccardo Simonetti

In einigen Briefkästen in der Region ist ein dubioses Magazin mit offenbar rechten Inhalten aufgetaucht. Darin wird auch über den gebürtigen Bad Reichenhaller Riccardo Simonetti hergezogen. In einem Video wendet er sich an seine Fans und vor allem auch an die, die sich mit der LGBTQ-Szene noch nicht wirklich befasst haben.

Bad Reichenhall – Unscheinbar wirkt das Magazin, das offenbar einige Leute in der Region in ihrem Briefkasten vorgefunden haben. Auf dem Cover steht „Waldgang Berchtesgadener Land“. Abgebildet ist der Watzmann, idyllisch vom Lockstein aus gesehen, im Vordergrund drei Berchtesgadener Weihnachtsschützen - von denen man weiß, dass sie sich einst gegen die Vereinnahmung des Brauchtums gegen die Nationalsozialisten zu widersetzen versuchten.

Weniger unscheinbar sind hingegen die Namen, die auf dem Cover des Magazins stehen. Neben Uwe von Faltin, bekanntermaßen Stadtrat in Bad Reichenhall für die AfD, taucht dort unter anderem auch der Name Brittany Sellner auf. Die US-Amerikanerin ist die Frau des rechtsextremen österreichischen Aktivisten Martin Sellner. Im Antaios-Verlag hat sie zwei Bücher publiziert, darunter eines mit dem Titel „Jung, weiblich, rechts.“ Der Verlag wird seit 2021 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall für Rechtsextremismus beobachtet. Benannt ist das Magazin wohl nach dem Essay „Der Waldgang“ von Ernst Jünger, dessen Name ebenfalls auf dem Cover zu lesen ist.

Riccardo Simonetti kritisiert falsche Behauptungen

Dem beliebten Entertainer und Influencer Riccardo Simonetti ist dieses Magazin auch in die Hände gefallen. Auf seinem Instagram-Account äußert sich der gebürtige Reichenhaller, wie „vollgespickt mit rechtem Gedankengut und sehr fragwürdigen Artikeln“ dieses Heft sei. Ein paar Menschen hätten ihm geschrieben, dass das Magazin in ihrem Briefkasten gelegen habe. Der darin enthaltene Artikel „Vom Feminismus zu Transgender“, verfasst von Brittany Sellner, hat auch den 30-Jährigen zum Inhalt, daher äußert er sich in einem Video.

Worum es genau in dem Artikel geht, könne er gar nicht klar sagen, denn „es werden da so viele Themen besprochen. Es wird erklärt, was Mann und Frau ist, wie eine gute Ehe auszusehen hat, wie Religion auszusehen hat.“ Doch dann kommt er zum eigentlichen Punkt: „Es wird angedeutet, dass das Akzeptieren von queeren Menschen eine Vorstufe sein könnte vom Akzeptieren von Pädophilie.“ Wörtlich heißt es in dem Text in Bezug auf die Feministin Gayle Rubin, „dass man erst Akzeptanz für homosexuelle Akte schaffen muss, damit man schlussendlich Akzeptanz für transsexuelle Akte und sogar für pädophile Akte schaffen kann.“

Das Magazin zeigt drei Bilder von Simonetti mit Falschaussagen in der Bildunterschrift

Der Entertainer ist in dem Artikel unter der Zwischenüberschrift „Tabubruch: Griff nach den Kindern. Umkehrung des Jugendschutzes“ auf drei Bildern zu sehen, laut Quellenangabe handelt es sich um Screenshots seines Facebook-Accounts. Zum Hintergrund: Simonetti hat das Kinderbuch „Raffi und sein pinkes Tutu“ geschrieben. Darin geht es um einen Jungen, der Fußball liebt, aber eben auch gerne ein pinkes Tutu trägt. Als er beginnt, es für die Schule anzuziehen, wird er zunächst ausgegrenzt, erkennt aber dadurch, dass er dazu stehen muss, damit ihn andere akzeptieren. - Ein Plädoyer für Toleranz. In dem Buch gehe es überhaupt nicht um Genderidentität, kritisiert er. „Diese ganzen Begrifflichkeiten, mit denen hier um sich geworfen wird, die spielen zum Beispiel in meinem Buch überhaupt keine Rolle.“ Auf einem der Bilder des Artikels sieht man den Autor im Ballettkleid sein Buch vor Kindern präsentieren. Zudem stellt er klar, dass die in der Bildunterschrift genannten „Fakten“ falsch sind:

  • „Sie hat mich als Beispiel rausgesucht, und hat es aber nicht geschafft, genug zu recherchieren, um zu wissen, wie man meinen Namen schreibt. Sie hat Riccardo mit einem C geschrieben.“
  • „Außerdem ist davon die Rede, dass ich seit 2021 Sonderbotschafter des Europäischen Parlaments bin. Das ist nicht mehr aktuell. Ich habe das schon oft und öffentlich breit erklärt, warum ich das nicht mehr mache und vor allem, dass ich es nicht mehr mache. Diese Information hat die Autorin auch nicht erreicht, weil sie sich bei ihrer Recherche nicht viel Mühe gegeben hat.“ Er könne eine Journalistin, die so etwas schreibt und so schlecht recherchiert, einfach nicht ernst nehmen.

„Ich möchte keine Welt abschaffen“

Simonetti liest in dem geposteten Video auch die Eingangssätze des Artikels vor: „Lesbisch, bi, gay, transgender, nach den Anfangsbuchstaben dieser Begriffe bezeichnen sich die sogenannten LGBT-Menschen (als wären wir eine andere Spezies), die die bisherige Welt mit ihren zwei Geschlechtern abschaffen wollen. Wie wurde die Büchse der Pandorra geöffnet?“ Er selbst könne nur für sich sprechen: „Ich möchte keine Welt abschaffen, ich möchte eher Platz schaffen für Menschen, die auch schon immer da waren und die auch verdient haben, einen Platz in der Gesellschaft zu haben.“

Damit sich jeder selbst ein Urteil bilden kann, hat Simonetti den Artikel auch in seinen Instagram-Status gepostet. Ihm gehe es vor allem darum, Menschen zu erreichen, die noch gar nicht viel über dieses Thema nachgedacht haben. „Es macht mich super traurig, dass in meiner Heimatstadt, aus der ich komme und an die ich auch viele glückliche Erinnerungen habe, und ich weiß, dass ganz viele Menschen dort leben, die, wenn sie so was in die Hände bekommen, einfach nur den Kopf schütteln würden. Aber ich weiß auch, dass es ganz viele Menschen gibt, die dort leben, das lesen und sagen: Ja, die hat wahrscheinlich Recht“, bedauert er.

Follower stehen hinter Simonetti

Rückhalt von seiner Fangemeinde hat der Influencer auf jeden Fall. Einige seiner 467.000 Insta-Follower fordern ihn auf, wegen der Falschaussagen rechtliche Schritte einzuleiten, andere bedanken sich einfach nur, dass er das Thema angesprochen hat und zeigen sich fassungslos. Eine Userin meint: „Ich verstehe nicht wieso in der heutigen Zeit immer noch so ein Tamtam gemacht wird. Meine Güte, ja biologisch gesehen gibt es 2 Geschlechter. Bei der Geburt hat man nunmal eins davon. Aber es ist doch so egal als was/wer man sich im späteren Leben fühlt oder wie man auftreten möchte. Solange man niemandem schadet kann das doch allen anderen egal sein.“ Auch die Demo gegen Rechts und die neu gegründete Organisation dahinter (Berchtesgaden gegen Rechts) werden in den Kommentaren erwähnt. Sie hätten sich als voller Erfolg erwiesen.

In einer stillen Demonstration marschierten die Teilnehmer im September durch den Markt von Berchtesgaden.

„Solche Artikel sind nicht daran interessiert, irgendetwas besser zu machen, sondern versuchen einfach nur, ein Thema zu instrumentalisieren, damit sie als Gruppe stärker werden“, sagt Riccardo Simonetti zum Schluss. „Komisch, dabei werfen die doch eigentlich uns das vor.“  

mf

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