Partnerschaft auf Lebenszeit
Eine wahre Liebesgeschichte: Wie zwei Berchtesgadenerinnen ihren „vierten“ Hochzeitstag feiern
Alle vier Jahre feiern Birgit und Susanne Pfeiffer „Hochzeitstag“. Am 29. Februar 2008 hatten sie zueinander „Ja“ gesagt. Ein besonderer Tag: Dieser taucht nur alle vier Jahre im Kalender auf. Den ersten Kuss gab es im Aufzug in Salzburg.
Berchtesgaden – Wo beginnt man, wo hört man auf, wenn man auf ein gemeinsames Vierteljahrhundert zurückblickt? In eine Zeit, als LGBTQ noch kein Thema war. Als es keine Selbstverständlichkeit war, dass Gleichgeschlechtlichkeit und alternative Lebensmodelle uneingeschränkt respektiert wurden? Zumal Susanne Pfeiffer zwei Jahrzehnte lang verheiratet war und aus erster Ehe zwei Kinder hat. Wie erklärt man das? Oder: Muss man das überhaupt erklären?
Eine Liebesgeschichte
Wo die Liebe hinfällt, fällt sie richtig. Erklärungsbedarf gibt es da keinen, sagt das Paar aus Berchtesgaden, das mittlerweile klassisches Patchwork betreibt. Kennengelernt hatten sich die beiden Ende der 1990er-Jahre. Birgit Pfeiffer arbeitet seit drei Jahrzehnten bei einem Reichenhaller Confiserie-Hersteller. Susanne kam neu hinzu. Arbeit und Beziehung: Geht das überhaupt? Im selben Betrieb arbeiten sie auch heute noch.
Es funkte, sagt Susanne im Rückblick. Von ihrem Mann, mit dem sie fast zwei Jahrzehnte zusammen war, war sie zu diesem Zeitpunkt bereits getrennt lebend. Eine Frau im Blick? Hatte sie noch nie. Ungewohnt sei die Situation gewesen, eine große Unbekannte – „aufwühlend“, sagt sie und grinst dabei. Die folgenden Wochen sollten aufregend bleiben. „Wir haben uns sehr gut verstanden“, sagt Birgit Pfeiffer.
Man traf sich, aß gemeinsam. Selbstgemachte Maultaschen gab es beim ersten Date, Scampi, später Walnusseis. Walnusseis kann Susanne nicht leiden. Sie aß es trotzdem. Schlecht sei ihr am Ende gewesen – nicht wegen des Walnusseises, „sondern weil ich so aufgeregt war“, sagt die heute 61-Jährige.
„Hochzeitsgeschenke gibt es nur alle vier Jahre“
Im österreichischen Salzburg gingen sie spazieren. Es war der 29. Februar 2000, Millenniumjahr, Zeitenwende, Beziehungsneuanfang. Der erste Kuss: im Aufzug der Mönchsbergtiefgarage. „Wir haben uns anfangs eher heimlich getroffen“, gestehen beide. Die zwei Kinder aus erster Ehe waren damals acht und zwölf Jahre alt. Erstmal probieren, wie es funktioniert, lautete die Devise. Und die Erkenntnis? Funktionierte besser als gedacht.
Mit der gleichgeschlechtlichen Beziehung gingen sie kein Wagnis ein. Warum auch? Die, die tuschelten, durften weitertuscheln. In der Arbeit spielten sie schnell mit offenen Karten. Seit 25 Jahren arbeiten sie nun im selben Betrieb. Arbeit bleibt Arbeit, Liebe Liebe, sagen sie. Nach einem Probejahr mit zwei parallelen Wohnungen entschlossen sie sich, zusammenzuziehen.
Auf Teneriffa verlobten sie sich zu Susannes 40. Geburtstag. Birgit war da 33 Jahre alt. Die zwei Ringe im Samtbeutel kamen mit. „Ich hatte Panik, dass ich sie verlieren könnte“, sagt sie. Die Hochzeit plante die heute 55-Jährige dann still und leise, ohne das Wissen ihrer zukünftigen Frau: 29. Februar 2008 war der Stichtag. Das Datum war auch der Tag des ersten Kusses. Ein Tag, der in vielerlei Hinsicht besonders ist. „Hochzeitsgeschenke gibt es nur alle vier Jahre“, sagt Birgit Pfeiffer mit einem Grinsen.
Hochzeitstag auf dem Campingplatz
Zwei Wochen vor der geheimen Hochzeit, bei der die Familie still hielt und das Gros der Planung glattlief, fehlte doch noch ein Dokument. Susanne musste schließlich eingeweiht werden. In Bayern kann man seit 2001 Partnerschaften auf Lebenszeit eingehen. In Bayern wird die Lebenspartnerschaft durch Erklärung vor einem Standesbeamten oder vor einem Notar begründet. Dafür gibt es eine Urkunde und einen Eintrag ins Lebenspartnerschaftsregister. Im Jahr 2008 waren die beiden das 100. Paar in Bayern, das sich das „Ja“-Wort gab, im kleinen Berchtesgaden eines der ersten überhaupt.
Was sie verbindet? Mit Sicherheit das Essen (hahaha!), aber auch das Reisen. Früher war das gewählte Transportmittel das Flugzeug, seit Corona ist es das gemeinsame Wohnmobil „Valentino“, mit dem sie Europa erkunden. Am Wolfgangsee teilen sie sich seit mehr als zwei Jahrzehnten einen Wohnwagen. Gerade waren sie in Frankreich und Spanien, 4000 Kilometer, knapp drei Wochen. Der vierte Hochzeitstag wird bodenständig zu zweit gefeiert. Im Wohnmobil, aber zu Hause in Berchtesgaden. Auf einem Campingplatz in der Heimat werden sie einchecken. Das haben sie schon mehrfach getan. Den Spleen hatten sie sich während der Coronapandemie angeeignet.
kp