Nachfrage ist groß
Ballett-Karriere in der Ferne - Neuanfang in der Heimat: Das plant Alexandra Frings in Berchtesgaden
Ballett-Star Alexandra Frings kehrt nach Jahren im Ruhrgebiet in die Heimat zurück. Die Nachfrage nach klassischem Ballett ist groß. Das sind ihre Pläne.
Berchtesgaden/Bad Reichenhall – „Ich wusste immer, dass ich irgendwann zurückkomme“, sagt Alexandra Frings. Obwohl sie bereits mit 15 Jahren ihre Koffer packte, blieb der Ort am Fuß des Watzmanns ihr Mittelpunkt. Jede Ferienzeit verbrachte sie bei ihren Eltern, später jeden Urlaub mit ihrer Familie. Die Rückkehr nun fühlt sich wie ein Nachhausekommen an. Jetzt, nach Jahrzehnten voller Engagements im Ruhrgebiet, ist aus dem Wunsch, wieder nach Hause zu kommen, Wirklichkeit geworden. „Für mich ist das ein echter Neuanfang.“
Aufgewachsen als Alexandra Riehl, betrat sie mit fünf Jahren erstmals eine Ballettschule in Berchtesgaden. Ihre Familie betreibt seit Langem ein Trachtenmodengeschäft am Königssee. Früh erkannte Alexandras damalige Lehrerin das Talent der jungen Tänzerin. Bereits mit zehn Jahren wurde sie am Salzburger Landestheater aufgenommen.
„Ich wollte nur noch tanzen“
Es war der Beginn einer künstlerischen Laufbahn, die sie zur Profitänzerin werden ließ. „Ich habe jeden Tag in Salzburg trainiert, zusätzlich zur Schule. Das war eine prägende Zeit“, erinnert sie sich. Skifahren, sagt sie, habe sie damals aufgegeben: „Ich wollte nur noch tanzen.“
Der Weg führte sie über zahlreiche Wettbewerbe, bei denen sie regelmäßig erste Preise für das Christliche Jugenddorfwerk (CJD) in Berchtesgaden gewann, schließlich an die Pariser Oper: Eine Einladung, die für die junge Tänzerin ein Ritterschlag war. Ihre Bühnenreifeprüfung legte sie bei der Paritätischen Kommission in Wien ab. In der renommierten Heinz-Bosl-Stiftung, die sich um Tänzerinnen weltweit kümmert, schaffte sie es unter die besten zwei Bewerberinnen. Doch der ganz große Durchbruch blieb ihr verwehrt, aus einem überraschenden Grund: „Mit 1,68 Metern war ich für mein Alter zu groß für viele Partnertänze. Auf Spitze ist man schnell größer als der Mann.“
Eigene Balletschule in Oer-Erkenschwick
Mit 15 zog sie nach Gelsenkirchen, machte dort ihren Schulabschluss und arbeitete sich weiter durchs Ensemble-Leben: Stadttheater Dortmund, Aalto-Theater Essen, Musiktheater Gelsenkirchen, überall war sie präsent. Hier lernte sie auch ihren späteren Ehemann kennen, den Opernsänger Bernd Frings. Zwei Künstler, zwei Bühnenkarrieren, ein gemeinsames Leben. Mit 22 begann sie, neben ihrer aktiven Laufbahn Kinder zu unterrichten.
Fünf Jahre später, nach der Geburt ihrer Tochter, verabschiedete sie sich von der Bühne und startete als freischaffende Lehrerin an Tanzschulen. 2006 erfüllte sie sich ihren Traum: eine eigene Ballettschule in Oer-Erkenschwick. Dort unterrichtete sie Kinder, Jugendliche und Erwachsene, mit Erfolg.
Erste Chance zur Rückkehr ließ sie verstreichen
Auch Tochter Clarissa trat in ihre Fußstapfen, studierte in Wien Musical und steht heute selbst als Sängerin und Schauspielerin auf der Bühne. Sohn Marcel führt eine eigene Medienagentur.
Die Rückkehr nach Berchtesgaden hatte sich Frings schon lange gewünscht. Eine Übernahmechance für eine bestehende Schule ließ sie aus familiären Gründen verstreichen. Denn ihr Mann fand damals keine berufliche Perspektive in der Region. „Es war eine schwere Entscheidung“, sagt sie. Erst mit seinem Ruhestand im vergangenen Jahr öffnete sich die Tür erneut. Nach zwei Jahren Wohnungssuche wurde das Ehepaar vor Kurzem in Bad Reichenhall fündig. „Unsere Wohnung liegt in einem Lehen, ruhig, mit genug Platz, damit auch unsere Kinder uns besuchen können.“
Klassischer Ballettunterricht und tänzerische Früherziehung
Im vergangenen Jahr gab Alexandra Frings Kurse an der Volkshochschule in Berchtesgaden - mit Erfolg -, ab Herbst in Bad Reichenhall. An der Reichenbachstraße unterrichtet sie zudem Erwachsene in Ballett und Ballettstangen-Workout. Es soll erst der Anfang sein, auf ihrem Weg, wieder Fuß zu fassen.
Tänzerische Früherziehung für Kinder ab vier Jahren sowie klassisches Ballett für Sechs- bis Achtjährige stehen auf dem Programm. Einen geeigneten Raum, der ihr langfristig eine Zukunft für ihren Unterricht bietet, hat sie noch nicht gefunden. „Das alles ist erst der Anfang“, betont sie.
Ihr langfristiges Ziel
Langfristig verfolgt sie ein klares Ziel: eine eigene Ballettschule, wie damals einst im Ruhrgebiet. „Für Kinder. Für Erwachsene. Für alle, die tanzen wollen.“ Die Nachfrage sei da, sagt Frings. Zwar gebe es bereits eine Tanzschule in Berchtesgaden, doch der klassische Bereich fehle. Und wer könnte diesen besser vermitteln als eine erfahrene Profitänzerin?
Was Ballett für sie bedeutet? „Es ist gezielt und körperschonend, es schenkt Haltung, innerlich wie äußerlich. Es vereint Athletik, Kunst und Präzision. Und doch darf man die Anstrengung nicht sehen. Erst wenn alles leicht wirkt, wird aus Technik Poesie.“ Der Applaus sei auf der Bühne der größte Lohn. Heute sei es das Wissen, etwas Bleibendes weitergegeben zu haben. Nicht in den großen Häusern in Deutschland. Sondern dort, wo einst alles begann: in ihrer Heimat Berchtesgaden. (kp)
