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Reichenhaller Naherholungsgebiet

Dramatisches Fischsterben in Marzoller Au: „Wird Jahre dauern, bis sich alles erholt hat“

Zwei ältere Männer schauen ernst. Ein ausgetrockneter Teich in einem Auwald in den Bergen, in dem viele tote Fische liegen.
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Wolfgang Bittner (links oben) und Michael Wittman (links unten) machten auf das Fischsterben und Austrocknen in der Marzoller Au aufmerksam.

Die Marzoller Au lag buchstäblich im Sterben: Weil ein Wasserzulauf blockiert wurde, starben unzählige Fische. Wegen der ausgetrockneten Bachläufe verloren viele Tiere und Pflanzen ihren Lebensraum. Nach einem offenen Brief von Naturschützern und einem Eingriff vor Ort soll es wieder aufwärtsgehen - doch reicht das?

Bad Reichenhall - Es war ein trauriger Anblick, der sich Besuchern der Marzoller Au in den vergangenen Wochen bot. Der Teich am Rad- und Wanderweg, direkt am Beobachtungsstand gelegen: komplett ausgetrocknet. Auf dem trockenen Grund: unzählige Kadaver. „Das waren bestimmt über hundert Fische“, schätzten Michael Wittmann und Wolfgang Bittner vom Bund Naturschutz Bad Reichenhall.

Doch nicht nur das: Zahlreiche andere Tiere und Pflanzen waren betroffen. Etwa Frösche und Kröten, die hier ihre Laichgebiete hatten. „Viele haben es vermutlich nicht geschafft“, glaubte Bittner. Hinzu kommen die Wasservögel - Eisvogel, Graureiher, Stockente und weitere - sowie Insekten wie Libellen, die ihren Lebensraum verloren haben. „Wertvolle Biotope, die am Sterben sind“, fasste er den Zustand des Gebietes vor Ort am Freitagnachmittag (13. Juni) zusammen.

Biber das kleinere Problem

Doch auch wenige Meter weiter herrschte Trockenheit. Dem Wasserspielplatz „Nasse Füße“ fehlte ebenfalls schon lange das Wasser. Normalerweise sind hier vor allem Familien mit Kindern, Schulklassen oder Kindergartengruppen anzutreffen. Für die Probleme an diesen beiden „Hotspots“ machen Wittmann und Bittner vor allem zwei Ursachen verantwortlich.

Kein Wasser für die „Nassen Füße“.

Hier in diesem Bereich leben Biber, die mit ihren Dämmen das Wasser an manchen Stellen aufstauen. „Wir vermuten zwei Reviere mit sechs Tieren in der Marzoller Au“, berichtete Wittmann. Doch diese dynamischen, naturbedingten Prozesse in den Wasserstraßen hält er für das kleinere Problem. Mal trocknet eine Stelle aus, mal wird sie überflutet: Das gehört dazu.

Mangelnde Wartung

Problematischer sind die sogenannten „Mönche“ und die dazugehörigen Rohrleitungen. Sie bewässern das Gebiet normalerweise über die angrenzenden Bäche:

  • Die starke Degradierung der Saalachaue wurde im 19. Jahrhundert durch die Begradierung und Eindeichung an der Saalach sowie den Bau des Kraftwerks Kibling verursacht.
  • Das hatte zur Ursache, dass sich die Saalach deutlich vertiefte und damit die regelmäßigen Überschwemmungen der Au ausblieben. Somit waren deren Lebensräume vom Fluss entkoppelt - ein Problem für das Ökosystem und die Lebewesen darin.
  • In den 80er-Jahren sollten Renaturierungsmaßnahmen die Wiedervernässung der Marzoller Au bewirken. Das Wasser der angrenzenden Bäche wurde über Ausleitungsbauwerke (Möchne) und Rohre in die früheren Flussgebiete geleitet, um den mittlerweile bewaldeten Lebensraum zu beleben.

Die beiden Naturschützer beklagten, dass diese nicht mehr gewartet und gepflegt werden. „Da setzen sich Schlamm, Äste, Blätter und sonstige Materialien fest und verstopfen den Zulauf, wenn man nichts dagegen macht“, so Bittner. Weil immer wieder Platzregen die Zuläufe durchspülte, ging jahrelang alles gut. Doch seit März trocknete der Bereich immer weiter aus: wegen des Bibers, aber auch wegen der mangelnden Wartung.

Auch der Biber verhindert mit seinen Biberdämmen den Durchfluss an den „Mönchen“.

„Es wäre so einfach“

„Der Schaden an der Tier- und Pflanzenwelt ist da, der lässt sich nicht mehr umkehren. Dabei wäre es so einfach, den Zustand von früher wieder herzustellen“, betonten die Naturschützer. Deshalb wendeten sie sich in einem offenen Brief, welcher dieser Redaktion vorliegt, an die zuständigen Bayerischen Staatsforsten Berchtesgaden und machen auf den Handlungsbedarf aufmerksam.

Die Behörde reagierte kurz darauf und begutachtete die Lage bei einem Vor-Ort-Termin. Der stellvertretende Betriebsleiter Armin Haberl bedauerte ebenfalls den Tod der Fische und die weiteren Schäden: „Es wird Jahre dauern, bis sich alles erholt hat. Aber es wird wieder so werden wie vorher.“

Die Fischkadaver in der Marzoller Au.

Schaltafel entfernt

Was ihn so zuversichtlich macht: Es wurde eine Schaltafel, die normalerweise im Bau verwendet wird, im Hauptzulauf aus dem Weißbach entdeckt. Haberl: „Wir glauben, dass diese mutwillig dort angebracht und dadurch seit Monaten der Durchfluss verhindert wurde. Wer so etwas macht und warum, das wissen wir auch nicht.“ Seitdem die Tafel entfernt wurde, fließt wieder Wasser in den betroffenen Bereich.

Wegen der Biber sollen Drahthosen, wie man sie an jungen Bäumen zum Schutz vor Wildverbiss kennt, die bis zu 200 Jahre alten „Mönche“ absichern. Die Fichten vor Ort werden mit der Feuchtigkeit Stück für Stück absterben, schilderte Haberl. „Die geben wir auf und wollen damit eine aktive Au-Landschaft gestalten und erschaffen“. Doch mit den weiteren Renaturierungsmaßnahmen, die noch anstehen, will die Behörde warten: Zuerst sollen die Ergebnisse einer Schadstoffuntersuchung bei einer ehemaligen Mülldeponie im Gebiet abgewartet werden.

Auch der Biber verhindert mit seinen Biberdämmen den Durchfluss an den „Mönchen“.

OB Lung ist „zuversichtlich“

Der Reichenhaller Oberbürgermeister Christoph Lung machte sich ebenfalls noch am selben Tag vor Ort ein Bild der Lage und tauschte sich auch mit der Forstbehörde aus, wie er bestätigte. Einen weiteren Zulauf vom Grabenbach wollten sich die Staatsforsten nochmal genauer anschauen und dort die Schächte und Rohre eventuell säubern. „Ich bin zuversichtlich, dass wir jetzt nachjustieren und das Gleichgewicht wiederherstellen können.“

Die Biber-Problematik sorgt auch an anderer Stelle, ganz in der Nähe, für Diskussionen: Bei der städtischen Kläranlage gegenüber des Stadtteils Schwarzbach sind ebenfalls Biberdämme entstanden. Lung und seine Verwaltung seien in einer Stadtratssitzung damit beauftragt worden, zur Situation Aufklärung zu betreiben, wie der Oberbürgermeister erzählte.

In den vergangenen Monaten trocknete der Teich in der Marzoller Au immer weiter aus.

Biberdämme bei der Kläranlage

„Aus meiner Sicht ist dort die Lage nicht so dramatisch. Wenn ein Hochwasser angekündigt wird, muss man die Dämme sicherlich kritisch bewerten, aber für den Moment sehe ich keine Gefahr für die Kläranlage“, teilte Lung mit. Der Biber sei stets ein umstrittenes Thema und die Naturschützer argumentierten „natürlich immer pro Biber“. Doch er bleibe dabei, das kritischer zu beurteilen: „Der Mensch muss Vorrang haben und wir müssen ein sinnvolles Gleichgewicht finden, damit niemand einen Nachteil hat.“

Auch wenn jetzt wieder mehr Wasser in die Marzoller Au fließt: Die Naturschützer bleiben skeptisch. Wittmann teilt mit: „Seit vielen Jahren ist dieser Mönch durch eine Schaltafel, Sand und Steine verlegt. Auch ohne Schaltafel ist er nach dem nächsten Hochwasser aus dem Weißbach wieder dicht.“ Und: Der Zufluss erfolge ausschließlich aus dem Grabenbach. „Wir meinen, die Schaltafel hatte den Zweck, einen Dauerabfluss des Weißbachs mitsamt Geschiebe in die Au zu verhindern. Aus dem Grabenbach kommt immer reines Wasser in die Au.“ (ms)

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