„Über Brutalität der Täter entsetzt“
Gemetzel mit vier toten Biber-Babys: Polizei versucht, den grausamen Tätern auf die Spur zu kommen
Mehrere vier Wochen alte Biber-Babys – brutal und sadistisch hingerichtet: Dieser Fall sorgt derzeit für Schockwellen weit über Oberbayern hinaus. Nun versucht die Polizei in Garmisch-Partenkirchen, den blindwütigen Biber-Hassern auf die Spur zu kommen.
Oberau – Die abendliche Gassirunde ist für zwei Oberauer zu einem echten Albtraum geworden. Auf dem Weg, unweit vom Zusammenfluss von Gießenbach und Loisach am nördlichen Ortsrand von Oberau, haben sie am Abend des 30. April vier Jungbiber entdeckt. Aufeinandergestapelt, mit blutenden Wunden. Die Tiere, gerade einmal vier Wochen alt, wurden offenbar grausam erschlagen und mit Messern traktiert. Eine etwa 30 Meter lange Blutspur belegte die Tat.
Nachdem sie das schreckliche Szenario fotografiert hatten, hörten die Spaziergänger Geräusche und fürchteten, den Tätern in der Dunkelheit noch zu begegnen. Also gingen sie heim, schauten aber am folgenden Tag wieder zum Ort des Gemetzels. Die toten Tiere waren verschwunden. Der Zeuge wandte sich daraufhin an Tessy Lödermann, Vorsitzende des Tierschutzvereins des Landkreises Garmisch-Partenkirchen. Und die erstattete Anzeige bei der Polizei.
„Gewaltige kriminelle Energie“ erforderlich – Tierschutzvorsitzende entsetzt über getötete Biber
„Ich bin über die Brutalität und Rohheit des Täters oder der Täter entsetzt“, sagt Lödermann. „Es gehört eine gewaltige kriminelle Energie dazu, sich bewusst über Recht und Gesetz hinwegzusetzen und Tiere zu töten, einfach, weil man sie nicht mag, ja regelrecht hasst.“ Probleme mit Bibern lassen sich schließlich auch anders lösen.
Sechseinhalb Monate lang, vom 1. September bis 15. März, dürfen die eigentlich streng geschützten Tiere „entnommen“, also erlegt werden – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen und in begründeten Fällen und nur unter enger Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Diese Ausnahmen zur Artenschutzverordnung (AAV), wie die Kreisbehörde auf Tagblatt-Anfrage erklärt, sind beispielsweise zur „Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden“, im „Interesse der Gesundheit des Menschen“ sowie aus „Gründen der öffentlichen Sicherheit“ gegeben.
Zuletzt waren es 52 Biber, die im Landkreis auf legale Weise entnommen wurden. „Mit dieser Zahl liegen wir bayernweit an der Spitze“, sagt Lödermann. Voraussetzung dafür seien Begehungen und die Einbeziehung der Biberbeautragten. Außerdem darf nur ein vom Landratsamt bestellter Jäger, der einen Biber-Kurs nachweisen muss, in so einem Fall tätig werden. Eine entsprechende Anfrage für den Bereich in Oberau, in dem die toten Jungbiber jetzt, mitten in der Schonzeit, gefunden wurden, lag der Behörde ihr zufolge nicht vor.
Selbstjustiz kein Einzelfall im Landkreis – Tierschützer wollen Tätersuche unterstützen
Dass Biberhasser zur Selbstjustiz greifen, „ist in unserem Landkreis kein Einzelfall“, klagt die Tierschützerin. Daher hat der Verein auch eine Belohnung in Höhe von 2000 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung der Täter führen. Die Ermittlungen der Polizei gestalten sich offenbar schwierig. Der Tierschutzverein richtete deswegen einen eindringlichen Appell an jeden, der etwas gesehen und/oder gehört hat, sich bei der Polizei zu melden.
Hinweise nimmt die Polizeiinspektion Garmisch-Partenkirchen unter Telefon 0 88 21/91 70 entgegen.
Das Schicksal der vier Jungbiber nimmt Lödermann mit. Auch sie hat noch die lange, mittlerweile vertrocknete Blutspur auf dem Weg bei Oberau gesehen, die an das brutale Werk der Unbekannten erinnert. Die Bilder, die die Zeugen am späten Abend aufgenommen hatten, zeigte sie auch Danielle Sijbranda, der Biberbeauftragten des Landkreises. „Sie und ein weiterer Fachmann gehen davon aus, dass die Tiere maximal vier Wochen alt waren.“
Jungbiber mutmaßlich aus der Burg herausgeholt
Das lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Jungbiber aus der Burg herausgeholt und dann grausam gemetzelt worden waren. Ihren Nachwuchs lassen die Biber-Eltern nämlich niemals alleine zurück. Bei drohender Gefahr verteidigen sie ihre Kleinen vielmehr massiv. Es sei daher gut möglich, vermutet Lödermann, „dass die Elterntiere gleichzeitig oder schon vorher illegal getötet wurden“.
