Um Ihnen ein besseres Nutzererlebnis zu bieten, verwenden wir Cookies.
Durch Nutzung unserer Dienste stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen
Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.
Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für
. Danach können Sie gratis weiterlesen.
Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
Bekannt durch sein Buch „Generation lebensunfähig“ und seine Arbeit als Generationenforscher, weiß Rüdiger Maas um die Eigenarten der Generation Z. Im Interview verrät er, warum bei Firmen ein Umdenken stattfinden muss und weshalb er in Stellenanzeigen das Bewerben von kostenlosem Wasser, Obst und einem Tischkicker für wenig sinnvoll hält.
Anger - Der Vortrag war kurz, doch er reichte aus, um den ein oder anderen Personaler und Unternehmer zum Grübeln zu bringen: Mit „Vom Babyboomer bis GenZ: Warum wir unterschiedlich denken müssen“ sprach Maas im Hans-Peter Porsche Traumwerk in Anger ein Thema an, dass viele Firmen beschäftigt. Doch: Wie sollen diese reagieren, wenn sie einerseits händeringend nach Nachwuchskräften suchen, andererseits deren Mängel beklagen?
Herr Maas, Sie beschäftigen sich schon lange mit der Generation Z. Häufig heißt es in Bezug auf die jungen Menschen, dass sie nicht belastbar sind, sich nicht an Absprachen halten und gleichzeitig zu hohe Anforderungen stellen. Wie lautet ihre Antwort auf diese Vorwürfe? Sind diese richtig oder zu populistisch?
Der Arbeitsmarkt gibt es zurzeit her, dass die jungen Nachwuchskräfte sich viele Stellen aussuchen können, und damit steigt auch der Anspruch. Es kommt also auf die Perspektive an und wie immer liegt die Wahrheit dazwischen. Wenn man es den Nachwuchskräften ermöglicht, muss man sich nicht wundern, dass es auch wahrgenommen wird.
Kann die Generation Z überhaupt etwas dafür?
Die jungen Nachwuchskräfte haben den IST-Stand natürlich nicht zu verantworten, sie wurden ja quasi in diese Welt so „hineingeboren“.
In ihrem Vortrag in Anger sind Sie auch auf die Rolle der Eltern eingegangen. Braucht es wieder mehr „Rabeneltern“?
Nein, auf keinen Fall. Es braucht Eltern, die ihre Kinder ernst nehmen, und zwar als ihre Kinder! Nicht als Rockstars oder Menschen, denen ich alles abnehmen muss und die ich vor allem schützen muss.
Kommen wir zu den Firmen: Dort trifft die Generation Z auf die Generationen Y und X sowie die Babyboomer. Ein Zusammentreffen mit Konfliktpotenzial, aber: Liegt es nicht in der Natur der Sache, dass die Generationen anders ticken?
Das wäre seltsam, wenn es nicht so wäre, das würde nämlich Stillstand bedeuten.
Viele Unternehmer und Recruiter klagen über die Generation Z und deren Ansichten. Warum ist das aus ihrer Sicht wenig hilfreich?
Weil klagen uns noch nie vorangebracht hat. Zudem tragen ja gerade die Älteren eine „Mitschuld“ daran und es wirkt dann etwas unreflektiert. Ich biete den Jungen plötzlich eine 4-Tage-Woche an, was noch vor Jahren undenkbar gewesen ist, und wundere mich, dass sie dann nur vier Tage arbeiten wollen.
Wie kann es Firmen unter dem Einfluss des wachsenden Fachkräftemangels gelingen, attraktiver für die Generation Z zu werden?
Da es schlicht weniger gibt, sollte man hier mit seiner Denke anfangen. Ein Anbiedern hat dabei aber noch nie funktioniert.
In einigen Stellenanzeigen wird gerne mit kostenlosem Obst, Wasser und Tischkicker geworben. Ist das aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Nein, um Gegenteil. Wen lockt das noch hinter dem Ofen vor? Und was sagt das über das Unternehmen aus? In Stellenanzeigen sollte eher mit einer modernen, zeitgemäßen Ausbildung geworben werden und mit den Inhalten der Arbeit. Der Bewerber muss wissen: Was erwartet mich an meinem 8-Stunden-Tag, wie sieht mein Job aus. Man liest in Stellenanzeigen nie von kleinen Gruppen und einem Vorgesetzten, der auch Lust auf Ausbilden hat. Ich kann auch nur vor dem Werben mit flachen Hierarchien warnen: Was bedeutet das für die Nachwuchskräfte? Das sind meistens Grauzonen, bei denen sich niemand so richtig für die Ausbildung zuständig fühlt. Die Jungen brauchen jemanden, der sie an die Hand und sich für sie Zeit nimmt. Das sind sie von ihren Eltern gewohnt.
Sie sprachen in Ihrem Vortrag davon, die Ansprüche an die Bewerber zu steigern. Ist das nicht kontraproduktiv, wenn händeringend nach jungen Nachwuchskräften gesucht wird?
Nein, es führt nämlich dazu, dass ich am Ende eventuell genau die bekomme, die ich auch benötige. Unternehmen müssen wieder mehr auf Qualität wie auf eine vermeintliche Quantität setzen, denn die gibt es schlicht nicht mehr. Es gibt weniger Bewerber, deshalb sind sie so gefragt. Wieso nicht den Spieß umdrehen?
In ihrem Vortrag haben Sie erwähnt, dass die Generation Z konservativer ist, als viele glauben. Wie meinten Sie das und in Bezug worauf?
Diese Generation ist spießiger, aus der Sicht der Älteren. Sie sind regelkonformer und übernehmen sehr gerne viele Werte der Eltern. Es treten weniger Reibungspunkte hierbei auf. Dadurch wird aber auch weniger an der Persönlichkeit gearbeitet.
Was würden Sie gerne den Unternehmern und Recruitern mit Blick auf die Zukunft und die nächste Generation, den Alphas, mit auf den Weg geben?
Es wird multikomplexer. Jedes dritte Kind wird eine Migrationshistorie haben, KI wird exponentiell ansteigen und jeder zweite Job, den die heutigen Grundschüler später einmal haben werden, gibt es heute noch gar nicht. Das wird uns alle fordern. Es gibt noch keine vernünftigen Ethikkonzepte in Bezug auf den Umgang mit KI. Wie wird mit Arbeiten, die ausschließlich durch ChatGPT erstellt wurden, umgegangen? Wie mit Fakenews, wie mit TikTok-Propaganda, mit bewusst falschen Inhalten einiger Parteien? Wie gehen wir mit der enormen Änderungsgeschwindigkeit um? Wie mit Schulabschlüssen, wenn bald alle nur noch Abi haben werden? Wenn es um die Generation Alpha geht, sehe ich hierbei noch sehr wenig Handlungen seitens der Gesellschaft, Regierung und Institutionen. Und auch keine Vision oder Lösungsansätze, wie wir all das, was wir heute schon darüber wissen, was in der Zukunft kommen wird, bewältigen werden. Einigen sollten wir uns aber jetzt schon mal alle darauf, dies später nicht den Jungen vorzuwerfen, denn die heutigen Kinder können hierbei am wenigsten Beitrag leisten.