Vortrag in Anger von Bestseller-Autor Rüdiger Maas
Babyboomer vs. Generation Z: Warum ein Festhalten an „früher“ in der Arbeitswelt nicht weiterhilft
Mit seinem Vortrag „Vom Babyboomer bis GenZ: Warum wir unterschiedlich denken müssen“ versuchte der Bestseller-Autor und Generationenforscher Rüdiger Maas, Unternehmer und Personaler zum Nachdenken zu bringen. Trotz des kurzen Vortrags wurde klar, in welche Richtung sich die Generation Z bewegen wird. Und die nächste Generation, die Alphas, steht schon den Startlöchern.
Anger - Mit einem seiner ersten Sätze brachte Maas, unter anderem bekannt durch sein Buch „Generation lebensunfähig - Wie unsere Kinder um ihre Zukunft gebracht werden“, die Probleme vieler Firmen auf den Punkt. „Wenn Sie einen neuen jungen Mitarbeiter gefunden haben und diesen losschicken, mit dem Betriebsleiter, der schon seit 30 Jahren im Unternehmen arbeitet, ein Reel für Instagram zu machen: Da merken Sie schon den Konflikt, oder?“, fragte er in Richtung der vielen Geschäftsführer, Personaler und Recruiter im Publikum.
Der Einladung des Verbands „Der Mittelstand. BVMW Bayern Süd“ und des Wirtschaftsservice Berchtesgadener Land waren etwa 150 Gäste gefolgt, um sich von Maas erklären zu lassen, wie die Generation Z tickt und wie die unterschiedlichen Generationen in Firmen besser zusammenarbeiten können. Im Rahmen des knapp eineinhalbstündigen Vortrags konnte der Referent natürlich nur an der Oberfläche dieser Themen kratzen, konkrete Tipps gab es nicht.
TikTok-Video sorgte für Diskussionen
Vielmehr sorgten seinen Schilderungen für humorvolle, aber auch nachdenkliche Momente. Denn: Es wäre zu einfach, nur mit dem Finger auf die heutige Jugend zu zeigen. Etwa wie bei dem Video einer jungen Frau, das viral für viele Diskussionen sorgte. Von „Willkommen im Leben“ und „Stell dich nicht so an, das ist die Realität“ bis zu „Ich verschenke meine Zeit nicht mehr und genieße viel Zeit mit Familie und Freunden. Ist mir viel lieber als nur fürs Arbeiten“ gingen die Meinungen ziemlich auseinander.
„Die Menschen schauen sich das Video von ihr an und fragen: Was ist los mit der Generation Z? Ich muss dazu ganz klar sagen: Was ist nur mit euch los? Früher haben wir so etwas gar nicht ernst genommen“, so Maas. Er erklärte, dass die jungen und älteren Generationen aneinander vorbeireden. „Die gute Nachricht: Daran kann man arbeiten, in dem man Raum zum Austausch anbietet.“
Warum die Rückbesinnung auf „früher“ problematisch ist
Firmen müssten sich bewusst werden, dass es ein „früher“ nicht mehr gibt - und vermutlich auch nicht mehr geben wird. „Früher haben sich die Arbeitnehmer beim Arbeitgeber beworben. Das ist heute genau andersherum: Die jungen Leute haben die freie Wahl“, so Maas. In Bayern beispielsweise kämen auf zwei freie Stellen ein Bewerber. Alle Generationen seien anspruchsvoller geworden, doch die älteren mussten früher noch richtig darum kämpfen.
Zur Person Rüdiger Maas
1979 in Schwabmünchen (Landkreis Augburg) geboren, studierte der Allgäuer in Deutschland und Japan Psychologie. Er ist Gründer und Leiter des Instituts für Generationenforschung. Schwerpunkte liegen auf Studien und Forschungen zur Beeinflussung der Generationen untereinander. Maas publizierte bereits mehrere Bücher, darunter unter anderem „Generation lebensunfähig - Wie unsere Kinder um ihre Zukunft gebracht werden“ und „Neueste Generationenforschung in ökonomischer Perspektive - Reichen Generation X,Y, Z zur Beschreibung der Wirklichkeit aus?“.
„Die Älteren kommen noch aus einer Ellenbogen-Zeit, doch diese gibt es nicht mehr wegen des soziodemografischen Wandels. Weltkriege, DDR, Mauerfall, Einführung des Handys: Immer wieder gibt es in den Generationen Brüche mit unterschiedlichsten Folgen“, veranschaulichte der Psychologe. In der Generation Babyboomer gab es teilweise 30 bis 100 Bewerber für eine Stelle. Natürlich spielte die Bewerbung eine viel größere Rolle, dass diese ordentlich aussah und keine Fehler beinhaltete.
Warum die Bewerber von damals mit den Bewerbern von heute nicht mehr zu vergleichen sind
„Und wenn man zu den glücklich Auserwählten gehörte, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden, wollte man natürlich pünktlich sein. Das alles hatte einen ganz anderen Stellenwert, weil man darum kämpfen musste, überhaupt erst so weit zu kommen“, so Maas. Dementsprechend stolz war man auch, wenn man für den Job genommen wurde - und hielt auch daran fest, wechselte sogar den Wohnort deswegen. „Heute stellen die Bewerber die Anforderungen und fragen gar nicht mehr nach dem Inhalt der Arbeit, sondern was der Arbeitgeber zu bieten hat.“
Ein häufiger Vorwurf von Firmen in Richtung Generation Z lautet Maas zufolge: „Die halten sich an gar nichts und sind total unverbindlich. Doch wenn sie als Unternehmer und Personaler so denken, gehen sie die Sache falsch an. Sie brauchen eine andere Logik und je weniger sie bewerten, desto mehr verstehen sie.“ Die jüngere Generation muss nicht, sie hat die Auswahl. „Früher“ interessiere nicht, die jungen Menschen haben eine komplett andere Lebenswirklichkeit. „Deshalb fällt es den älteren Generationen so schwer, die Jüngeren zu verstehen.“
Veränderte Eltern-Kind-Beziehungen
Großen Einfluss auf die heutige Generation Z nehmen laut dem Buchautor und Forscher auch die Eltern. „Die Babyboomer wuchsen noch unter Generationen auf, die vom Krieg geprägt waren. Diese kühle, distanzierte Erziehungen wollten sie ihren eigenen Kindern nicht antun, sie wollten es besser machen. Das ging von einer Generation zur nächsten“, erläuterte Maas. Helikopter- und Rasenmäher-Eltern, die alles Schlechte von ihren Kindern fernhalten wollen, spielen eine entscheidende Rolle. „Das Vertrauen in die eigenen Eltern ist sehr stark, denn alles, was sie für mich machen, ist immer gut. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Arbeitswelt.“
Ich habe mich als Jugendlicher noch in der Bravo informiert, es gab nichts anderes.
Ebenfalls wichtig: die Technik. In immer kürzeren Abschnitten erfolgen mehr Möglichkeiten. „Blicken Sie doch mal 20 Jahre zurück: Das war eine komplett andere Welt. Heutzutage ist eine Zeit ohne Smartphone nicht mehr vorstellbar.“ Die Welt sei viel komplexer geworden, Kinder und Jugendliche würden mit Kurzvideos, Fake News und Kriegsfotos geschüttet. „Und das schon viel früher, als es bei uns damals der Fall war. Ich habe mich als Jugendlicher noch in der Bravo informiert, es gab nichts anderes“, meinte Maas. Im Publikum sorgte das für heitere, aber nachdenkliche Reaktionen.
Als ein Gast von ihm wissen wollte, ob es eine Chance auf Rückbesinnung gebe, antwortete Maas ehrlich: „Dazu bräuchte es ja ein Innehalten, ein Stehenbleiben. Aber das hat die Generation Z nie erlebt, die Erfahrung ist einfach nicht da. Eigentlich ist eine Gegenbewegung notwendig, zum Beispiel gegen die hohe Smartphone-Nutzung. Ob es so etwas jemals geben wird, ist unmöglich vorherzusagen. Sicher ist nur, dass die Entwicklung von der Generation Z durch die nächste Generation, die Alphas, weiter fortgeführt wird. Das wird in den nächsten Jahren eher noch zunehmen.“

