Hündin in Anger erschossen
Tod von Therapiehund Agape „billigend in Kauf genommen“: Urteil gegen Jäger
Ein gutes Jahr ist es nun her: An einem kalten mondhellen Morgen fand die Therapie- und Begleithündin Agape am Högl den Tod. Erschossen von einem 25-jährigen Jäger aus Teisendorf. War es Absicht, wie die Anwältin der Hundezüchterin unterstellte oder hatte der Waidmann die Appenzeller-Hündin tatsächlich für einen Fuchs gehalten, wie er am Laufener Amtsgericht beteuerte?
Laufen/Anger - Die Anklage lautete auf Tiertötung und Sachbeschädigung. Gegen einen Strafbefehl über 120 Tagessätze hatte der Jäger und seine beiden Verteidiger Einspruch eingelegt. Wenige Tage nach dem Vorfall hatte ein Tierarzt und Veterinär-Pathologe die Hündin auf seinem Seziertisch.
Das Projektil habe den Kopf durchdrungen, das Gehirn zerrissen, Halswirbelsäule und Rückenmark durchtrennt, wie der Gutachter im vollbesetzten Gerichtssaal berichtete. „Ich gehe davon aus, dass der Hund sofort tot war.“ Obwohl ohne Kenntnis der weiteren Umstände, halte er eine Verwechslung mit einem Fuchs nur „bedingt“ oder „schwer“ möglich.
Diese angebliche Verwechslung sah Rechtsanwältin Petra Wanie „nachträglich aus dem Hut gezaubert“. Die Vertreterin der Hundezüchterin beschrieb die morgendliche Situation mit den fünf großen bellenden Hunden und einer dunklen Appenzellerin, deren Schlappohren der Jäger durch sein Zielfernrohr habe sehen müssen, um eben dann genau dort zu treffen.
„Sie ist jeden Morgen dort mit ihren Hunden unterwegs“, betonte Wanie, die dem Jäger Absicht unterstellte, „um das Jagdgebiet Hundefrei zu machen.“ Ein Querschläger auf gefrorenem Boden hätte sogar die Hundebesitzerin selbst treffen können, weshalb eine Verurteilung auch für die generalpräventive Wirkung wichtig sei.
Staatsanwalt: „Verwechslungstheorie“ als „Luftnummer“
Von Absicht mochte Staatsanwalt Thomas Putschbach nicht ausgehen. In Anbetracht von Größe, Farbe, Schwanz und Ohren sah er die „Verwechslungstheorie“ jedoch eher als „Luftnummer“. Er verwies auf den „jagdrechtlichen Grundsatz“, nur zu schießen, wenn man wisse, was sich vor dem Lauf befinde. „Er musste davon ausgehen, dass andere Tiere unterwegs sein können“, und habe somit das Geschehen „billigend in Kauf genommen“.
Allerdings habe man den Neuling auf diesem Hochsitz nicht über die regelmäßige Morgentour der 47-jährigen Hundebesitzerin informiert. Putschbach beantragte eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 80 Euro. Die „Zerwürfnisse“ und der „Krieg“ im Hintergrund seien nicht Sache des Angeklagten, erklärte Rechtsanwalt Florian Anetzberger zu den angedeuteten Problemen im Umfeld, auch habe sein Mandant keine Kenntnis von dem „falschen“ Lockmittel gehabt.
Verteidigung fordert Freispruch
Zur Erinnerung: der Jagdvorsteher hatte zuletzt berichtet, er habe dort einen Luderplatz mit dem Hundefutter „Frolic“ angelegt, was nicht zulässig ist. Der Verteidiger erinnerte an den Rat, dem man seinem Mandanten gegeben habe. Nämlich: „Beim Fuchs musst du schnell sein.“ Und so habe er beim Anblick des hellen Kehlflecks abgedrückt. „Vielleicht war es fahrlässig“, so Anetzberger, „aber Fahrlässigkeit gibt es bei Sachbeschädigung nicht und fahrlässige Tiertötung ist nicht strafbar.“ Daher Freispruch.
„Wenn ich den Hund erkannt hätte, hätte ich nie geschossen“, beteuerte der Jäger, der inzwischen seinen Jagschein abgegeben und seine Waffe verkauft hat. Richter Josef Haiker mochte dem 25-Jährigen als Teilnehmer einer grenzüberschreitenden Fuchsjagd einen gewissen „Erfolgsdruck“ zugestehen, doch ohne die erforderliche Sicherheit hätte er nicht schießen dürfen. Nicht zuletzt sah der Strafrichter „Widersprüche“ in den Einlassungen des Jägers. Habe der gegenüber seiner Versicherung noch vom Gebell zweier Hunde berichtet, so machte er in der Hauptverhandlung geltend, aufgrund seines Gehörschutzes nichts wahrgenommen zu haben.
Richter: „Für sie ist es blöd gelaufen“
„Sie schießen mit Blick durch das Zielfernrohr in den Kopf“, verwies Haiker auf die – im Unterschied zum Fuchs – hängenden Ohren der Hündin. Er sprach von „Motivirrtum“ und billigender Inkaufnahme. „Für sie ist es blöd gelaufen“, meinte der Richter abschließend, „aber die Konsequenzen müssen sie tragen.“ Die da wären: eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 90 Euro. Der Verkaufserlös der Tatwaffe in Höhe von 450 Euro wird als Wertersatz eingezogen und die Kosten des Verfahrens hat der Verurteilte ohnedies zu tragen.
Den Vorwurf der Körperverletzung hatte das Gericht eingestellt, obschon Atteste der Hundebesitzerin psychische Folgen des traumatischen Vorfalls bescheinigten. Darunter große Ängste um ihre anderen Hunde, Panik beim Anblick eines Jägerstandes und eine deutliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes. Ihre Anwältin bezifferte die für Agape bislang angefallenen Kosten auf 10.400 Euro, wohingegen die Anklage von einem „Sachschaden“ von 5 500 Euro ausgegangen war.
Weiteres Vorgehen der Verteidigung offen
Den möglichen Zuchterlös der außergewöhnlichen Hündin taxierte Petra Wanie auf rund 53.000 Euro. Sie erklärte am Rande der Verhandlung, dass man nach diesem Urteil diese Beträge nun zivilrechtlich einklagen wolle. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Zur Frage nach dem weiteren Vorgehen, wollten sich die Verteidiger noch nicht festlegen. „Erst mal eine Nacht drüber schlafen“, riet Boris Segmüller sich, seinem Kollegen und dem Jäger.
hhö